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»Ach, wenn nur alles gut ausginge!«

»Wohnt hier der Herr Beamte Schumkow?« ertönte eine Kinderstimme auf der Treppe.

»Hier, Väterchen, hier!« antwortete Mawra und ließ den Gast eintreten.

»Wer ist da? Wer?« rief Wassja, von seinem Platz aufspringend und ins Vorzimmer stürzend. »Bist du es, Petinka?« »Guten Morgen, Wassilij Petrowitsch, habe die Ehre, Ihnen ein glückliches Neues Jahr zu wünschen!« sagte ein reizender etwa zehnjähriger Bengel mit schwarzen Locken. »Mein Schwesterchen läßt grüßen, Mamachen ebenfalls, und Schwesterchen hat mich beauftragt, Sie von ihr zu küssen …«

Wassja hob den Boten in die Luft und drückte auf seine Lippen, die den Lippen Lisas ungemein ähnlich sahen, einen langen, honigsüßen, leidenschaftlichen Kuß.

»Küsse auch du, Arkadij!« sagte er zu seinem Freund, ihm Petja übergebend; und Petja wanderte, ohne die Erde zu berühren, in die mächtige und wirklich gierige Umarmung Arkadij Iwanowitschs.

»Willst du Tee, Schätzchen?«

»Ich danke verbindlichst! Wir haben schon Tee getrunken. Heute sind wir früh aufgestanden. Die Unsrigen gingen zur Messe. Schwesterchen hat mir zwei Stunden lang die Locken gekämmt und pomadisiert, hat mich gewaschen und mir die Hose geflickt; denn ich habe sie gestern auf der Straße zerrissen, als ich mit Saschka Schneeballen spielte …«

»Nun, und weiter?«

»Sie putzte mich also aus, um zu Ihnen zu gehen; dann pomadisierte sie mir das Haar, dann küßte sie mich halb tot und sagte dabei: ›Geh jetzt zu Wassja, gratuliere ihm zum Neuen Jahr und frage ihn, ob er sich wohl fühlt, ob er gut geschlafen hat … ‹ Und dann sollte ich noch etwas fragen … Ja, ob die Arbeit beendet sei, wegen der Sie gestern … Wie hieß es noch? Sie hat es mir aufgeschrieben,« sagte der Junge und las vom Zettel ab, den er aus der Tasche holte: »Ja! Wegen der Sie gestern so besorgt waren.«

»Ich werde sie fertigmachen! Es wird schon werden! Sage ihr, daß ich die Arbeit unbedingt fertig machen werde, mein Ehrenwort drauf!«

»Und dann noch etwas … Ach ja! Ich hätte es beinahe vergessen: Schwesterchen schickt Ihnen ein Brieflein und ein Präsent!«

»Mein Gott! Wo hast du es, mein Schätzchen? Hier! Sieh nur her, was sie mir schreibt! Die Liebe, Gute! … Weißt du, ich sah gestern eine Brieftasche, die sie für mich gestickt hat; das Geschenk ist noch nicht fertig. Nun schreibt sie mir: ›Also schicke ich Ihnen vorläufig eine meiner Locken, und das Geschenk bekommen Sie ein anderes Mal.‹ Sieh nur her, mein Lieber!«

Und der erschütterte Wassja zeigte Arkadij Iwanowitsch eine Locke dichtester und schwärzester Haare, die es nur in der Welt gibt; dann küßte er sie und verwahrte sie in der Brusttasche, dem Herzen am nächsten.

»Wassja! Ich werde dir für diese Locke ein Medaillon machen lassen!« erklärte schließlich Arkadij Iwanowitsch sehr entschieden.

»Und zum Mittag gibts bei uns heute Kalbsbraten, und morgen Hirn. Mama will auch noch Zuckerbrot backen … Hirsenbrei wird es heute nicht geben!« setzte der Junge nach kurzer Überlegung hinzu, um seinen Bericht abzuschließen.

»Teufel noch einmal! Was das für ein hübscher Knabe ist!« rief Arkadij Iwanowitsch aus: »Wassja, du bist wirklich der glücklichste der Sterblichen!«

Der Junge trank seinen Tee aus, erhielt einen Brief samt tausend Küssen und ging, glücklich und munter, wie er gekommen war, nach Hause.

»Nun siehst du, mein Lieber,« begann hocherfreut Arkadij Iwanowitsch, »wie schön alles ist! Alles hat sich zum Besten gewendet, verzage nicht und jammere nicht! Vorwärts, mach deine Arbeit fertig! Um zwei Uhr bin ich wieder zurück. Ich fahre zu ihnen und dann zu Julian Mastakowitsch.«

»Lebe wohl, mein Lieber, auf Wiedersehen! Ach, wenn doch alles gut ablaufen wollte! … Also gut, geh!« sagte Wassja: »Ich habe mich endgültig entschlossen, nicht zu Julian Mastakowitsch zu gehen.« »Lebe Wohl!«

»Warte noch, mein Lieber; sage ihnen … Nun, das wirst du schon selbst wissen, was du sagen sollst; küsse sie von mir … Und später, wenn du zurück bist, wirst du mir alles ganz genau berichten …«

»Gewiß, gewiß, ich werde schon wissen, was zu sagen! Das Glück hat dich wohl ganz verrückt gemacht! Es kam zu plötzlich … Seit gestern bist du aus Rand und Band. Du hast dich von den gestrigen Eindrücken wohl noch nicht erholt. Nun Schluß! Nimm dich zusammen, Wassja! Lebe wohl!«

Endlich trennten sich die Freunde. Arkadij Iwanowitsch war den ganzen Morgen über zerstreut und dachte nur an Wassja. Er kannte ja dessen schwache und leicht erregbare Natur. »Ja, das Glück hat ihn verrückt gemacht!« sagte er zu sich selbst: »Ich habe mich nicht getäuscht! Mein Gott! Er hat ja auch mich mit seiner Aufregung angesteckt. Und woraus dieser Mensch eine Tragödie macht! Dieser Heißsporn! Ach, ich muß ihn retten, ich muß ihn retten!« wiederholte Arkadij Iwanowitsch vor sich hin: er merkte gar nicht, daß auch er selbst aus einer kleinen häuslichen Unannehmlichkeit ein großes und wahres Unglück gemacht hatte. Erst gegen elf Uhr langte er im Vorzimmer des Julian Mastakowitsch an, um seinen bescheidenen Namen der endlosen Namenreihe anderer ehrfurchtsvoller Gratulanten hinzuzufügen, die sich schon auf der in der Portierloge ausliegenden, verschmierten und vollgekritzelten Liste eingetragen hatten. Wie groß war sein Erstaunen, als er auf dieser Liste die eigenhändige Unterschrift Wassja Schumkows entdeckte! Das wirkte auf ihn geradezu niederschmetternd. »Was ist mit ihm geschehen?« fragte er sich. Arkadij Iwanowitsch, der erst vor kurzem wieder zu hoffen angefangen hatte, verließ die Portierloge ganz bestürzt. Irgendein Unglück war im Anzug – das stand fest. Doch was für ein Unglück und woher sollte es kommen?

Nach der Kolomna-Vorstadt kam er mit trüben Gedanken und war anfangs sehr zerstreut. Nach einer Unterredung mit Lisa verließ er das Haus mit Tränen in den Augen, denn er war wegen Wassja in größter Angst. Er eilte nach Hause im Laufschritt und stieß am Newakai mit Schumkow zusammen, der ebenfalls irgendwohin rannte.

»Wo willst du hin?« schrie ihn Arkadij Iwanowitsch an.

Wassja blieb stehen, so bestürzt, als hätte man ihn an einem Verbrechen ertappt. »Ich bin nur so … etwas ausgegangen, wollte etwas spazieren …«

»Konntest es nicht aushalten? Wolltest eben nach der Kolomna-Vorstadt gehen? Ach, Wassja, Wassja! Warum bist du nun doch zu Julian Mastakowitsch gegangen?«

Wassja gab zuerst keine Antwort. Dann winkte er mit der Hand ab und sagte:

»Arkadij! Ich weiß selbst nicht, was mit mir ist! Ich …«

»Gut, Wassja, beruhige dich! Ich weiß ja, was es ist. Beruhige dich! Du bist ja noch von den gestrigen Eindrücken so aufgeregt! Bedenke doch: es ist wirklich nicht schwer, diese Aufregung zu überwinden! Alle lieben dich, alle machen dir den Hof, deine Arbeit geht gut vorwärts, du wirst sie fertig machen, du wirst sie unbedingt fertig machen, ich weiß es! Du hast dir wohl etwas eingebildet, hast irgendeinen unbegründeten Angstanfall.«

»Nein, nein, es ist nichts …«

»Weißt du es noch, Wassja? Du hast schon einmal dasselbe gehabt. Kannst du dich noch erinnern? Als du befördert wurdest, verdoppeltest du vor lauter Glück und Dankbarkeit deinen Eifer, und die Folge davon war, daß du eine ganze Woche lang jede Arbeit verdarbst. Und nun bist du im gleichen Zustande …«

»Ja, ja, Arkadij … Doch jetzt ist die Sache anders, ganz anders …«

»Warum soll es jetzt anders sein? Ich bitte dich! Die Arbeit ist vielleicht gar nicht so dringend, und du richtest dich ganz unnütz zugrunde …«

»Nein, nein, es macht nichts … Gehen wir!«

»Also nach Hause und nicht zu ihnen?«

»Nein, mein Lieber! Mit diesem Gesicht kann, ich doch nicht zu ihnen kommen! Ich habe es mir schon überlegt. Ich konnte es ohne dich zu Hause nicht aushalten; doch jetzt, wo du wieder bei mir bist, mache ich mich gleich an die Arbeit. Gehen wir!«