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Del runzelte die Stirn, als Helth sich mit einer hastigen Drehung umwandte und ging. »Was soll das?« murmelte er, so leise, daß die Männer auf der anderen Seite der Wand die Worte nicht verstehen konnten. »Er hat Angst. Aber wovor?«

Es dauerte einen Moment, bis Skar antwortete. Er sah sich um. Das Licht reichte auch jetzt, als sie die Fackeln mit herübergebracht hatten, nicht weit genug, um die ganze Höhle überblicken zu können, aber er glaubte die Schemen gewaltiger geborstener Felsen zu sehen, titanischer Brocken, die von der Decke gestürzt waren und die Höhle in ein Labyrinth aus Steinen und verkrustetem Eis verwandelten. Der Wind nahm an Intensität und Kälte zu. Die Höhle konnte nicht sehr groß sein. Und er wußte, daß sie einen zweiten Ausgang finden würden, nicht sehr weit von hier. »Vielleicht vor dem, was wir finden«, murmelte er.

»Vor dem, was...« Del seufzte. »Hat dich Gowenna jetzt schon angesteckt? Oder kommst du dir besonders interessant dabei vor, in Rätseln zu sprechen?«

Skar blieb ernst. »Ich... bin nicht sicher«, murmelte er. »Aber ich...« Er zögerte. »Es fällt mir schwer, zu glauben, daß es wirklich Gowenna gewesen sein soll, Del.«

Del zog eine Grimasse und griff sich mit der Linken an den Schädel. »Zumindest ist sie für meine Kopfschmerzen verantwortlich«, brummte er. »Ich würde mich gerne mit ihr darüber unterhalten.«

»Aber sie hatte keinen Grund«, murmelte Skar. Er dachte wieder an die Blutspur, die er gefunden hatte. Eine Spur, die vom Krater wegwies.

»Keinen Grund ?« Del fuhr herum und wies mit einer übertriebenen Geste zurück in die Haupthöhle. »Wenn das, was hier passiert ist, nicht Grund genug ist...«

Skar nickte. »Das meine ich nicht, Del.« Er überlegte einen Moment, ob er Del von seinem Gespräch mit Gowenna erzählen sollte. Er wußte, daß sie ihn nicht belogen hatte. Trotz allem war Gowenna - auf ihre Art - ehrlich. Aber Del würde das nicht verstehen. »Hier stimmt etwas nicht«, fuhr er fort, leise und mehr zu sich selbst als an Del gewandt. »Ich habe Blut gefunden, oben auf den Felsen, wo... du niedergeschlagen wurdest.« Er hob die Hand. An der Kuppe seines Mittelfingers war noch ein winziger brauner Fleck zu erkennen. »Wenn es nicht von dir stammt, dann bleibt nur noch eine Möglichkeit.«

»Gowenna?« fragte Del ungläubig. »Aber wer sollte...«

»Der gleiche, der uns glauben machen will, daß sie zurückgekommen ist, den Matrosen erschlagen und Vela entführt hat, und das alles so schnell und so lautlos, daß sechsunddreißig Männer nur einen Schatten gesehen haben.« Skar lachte humorlos. »Jemand versucht uns an der Nase herumzuführen, Del, aber er stellt sich nicht besonders geschickt dabei an. Du hast die Wunde am Hals des Mannes gesehen. Wofür hältst du sie - für einen Schnitt oder einen Schwerthieb?«

»Einen Schnitt«, antwortete Del, ohne zu überlegen. »Ein Hieb von solcher Wucht hätte ihm den Kopf von den Schultern getrennt.« Skar schüttelte den Kopf. »Kein Mensch hat die Kraft für einen solchen Schnitt, Del«, erklärte er. »Er ging durch bis zum Rückgrat. Und die Kette - hast du sie nicht gesehen? Glaubst du, Gowenna wäre stark genug, eine Kette aus Sternenstahl zu zerreißen?« Plötzlich war alles ganz klar. »In einem Punkt hatte Helth recht«, folgerte er grimmig. »Die beiden Eiskrieger sollten uns weglocken - aber uns alle.« Del schwieg einen Moment. Auf seinem Gesicht lag ein betroffener Ausdruck. »Und Gowenna?«

»Ich weiß es nicht«, gestand Skar. »Ich wollte, ich wüßte, welche Rolle sie in alldem spielt.« Und lautlos, nur für sich und in Gedanken, fügte er hinzu: Und ob sie noch lebt.

Er sah auf, als auf der anderen Seite der Wand Stimmen und Geräusche laut wurden und der Vede zurückkam. »Kein Wort zu Helth«, fügte er hastig hinzu. »Ich will erst sicher sein, daß ich mich nicht täusche.«

Er hob seine Fackel ein wenig höher und trat zur Seite, als Helth gebückt durch den gezackten Riß in der Wand trat. Der Vede trug jetzt wieder Schild und Schwert; zusätzlich hatte er eine gewaltige zweischneidige Axt in den Gürtel geschoben. Skar unterdrückte ein Seufzen. Helth war und blieb ein Kind.

Schweigend gingen sie los. Der hintere Teil der Höhle unterschied sich kaum von dem, in welchem die Matrosen lagerten - der Boden war uneben, aber glatt, und von der Decke wuchsen bizarre Gebilde aus Eis oder Kalk, die Unterschiede waren nicht mehr auszumachen, verwischt von Jahrhunderten der Kälte und Dunkelheit. Von Zeit zu Zeit ertönte hinter ihnen ein gedämpftes Klirren und Splittern, wenn die Matrosen Skars Befehl folgten und die Öffnung in der Eiswand wieder aufbrachen. Im hinteren Viertel des Gewölbes bildeten Felsen ein beinahe unübersteigbares Gewirr; die Decke war hier höher, und ein breiter, gezackter Riß ließ den schwachen Schein der Sterne hindurch.

»Dort.« Del deutete auf einen halbrunden, mehr als mannshohen Durchgang in der rückwärtigen Wand der Höhle und schwenkte seine Fackel. Ihr Licht ließ die geschliffenen Kanten breiter, aus wasserklarem Eis geformter Stufen in der Dunkelheit aufblitzen.

Skar ging an ihm vorbei, blieb unmittelbar vor dem künstlichen Durchgang stehen und berührte die unterste Stufe mit dem Fuß. Das Eis knisterte, und von oben fiel das bleiche Licht des Nachthimmels zu ihm herab. Die Treppe war nicht sehr lang - drei, vielleicht vier Dutzend Stufen, die sehr steil in die Höhe führten und mit den unregelmäßigen Schatten des Ausganges verschmolzen. Skar setzte vorsichtig einen Fuß auf die unterste Stufe, so langsam, als müsse er sich davon überzeugen, daß sie sein Körpergewicht trug und nicht etwa unter ihm zusammenbrach, winkte den beiden anderen, ihm zu folgen, und ging los. Seine linke Hand tastete am glatten Eis der Wand entlang, und für einen Moment glaubte er, ein dumpfes Pochen und Vibrieren zu spüren; etwas wie das Schlagen eines gewaltigen Herzens. Eine Vision blitzte vor seinem inneren Auge auf: Er sah sich noch einmal auf dem Deck des Dronte knien und in die schwarze Höhlung seines Leibes hinabblicken. Er schüttelte den Kopf und vertrieb das Bild, aber etwas blieb zurück. Die Gewißheit, daß es keinen Zufall gab: Diese Insel war mehr als ein lebloser Eis- und Steinklotz in der Weite des Meeres. Was immer es war, das den Dronte beseelte, es war auch hier. Und er hatte das Gefühl, der Lösung des Rätsels sehr nahe zu sein.

Der Wind schlug ihm wie eine eisige Faust ins Gesicht, als er das Ende des Stollens erreichte und aus dem Berg heraustrat. Hinter im drängten Del und Helth ins Freie.

Sie waren auf der anderen Seite der Berge. Unter ihren Füßen lag ein schmaler, felsiger Sims, der durch eine Laune der Natur vollkommen eisfrei geblieben war, davor fiel der Fels steil und beinahe senkrecht sechzig, siebzig Fuß weit in die Tiefe. Der diesseitige Teil des Landes mußte tiefer liegen als die Ebene.

Skar versuchte vergeblich, Einzelheiten seiner Umgebung zu erkennen. Vor und unter ihnen sah er Dinge, formlose zerfranste Schatten, grau und weiß und mit dem Eis der Ebene verschmolzen. Er konnte nicht sagen, ob es Eis oder Felsen oder vielleicht auch die Überreste von Gebäuden waren, ähnlich dem, in welchem sie draußen auf der Ebene übernachtet hatten. Der Himmel war jetzt grau, nicht mehr schwarz, aber es war jener flüchtige Teil der Dämmerung, in dem sich Nacht und Morgengrauen die Waage hielten und der Blick noch weniger weit reichte als im Sternenlicht.

»Was ist das, Skar?« murmelte Del.

Skar starrte weiter auf die endlose, mit formlosen Umrissen übersäte Ebene hinab. »Unser Ziel«, murmelte er. »Der Ort, an dem uns der Dronte haben wollte, Del. Er - oder wer oder was immer ihn lenkt.« Mühsam riß er sich von dem bizarren Anblick los, drehte sich halb um und ließ sich auf die Knie sinken. Der Boden war eisfrei, aber der Fels unter seinen Fingern war hart wie Stahl; selbst bei Tageslicht hätte er nicht die geringste Spur gefunden.

Zur Linken führten weitere Stufen in die Tiefe, bereits halb zerschmolzen und abgeschmirgelt von der Wut des Sturmes und - wie jene im Inneren des Berges - ein wenig zu hoch und zu breit, um wirklich bequem darauf gehen zu können.