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»Na, dann ist ja alles klar«, stellte Skar säuerlich fest. »Wir gehen einfach hinunter und fragen, wer ein solches Schwert in seinem Besitz hat, nicht wahr?«

Sein Spott prallte von Del ab, und eine Sekunde später begriff er auch, warum. »Genau das werden wir tun«, antwortete Del. »Aber sie werden fragen, nicht wir.« Er trat einen Schritt zur Seite und deutete mit der Hand hinter sich. Der riesige Quorrl trat einen halben Schritt in den Raum hinein, und er war nicht allein: An einer Kette, deren Glieder fast so dick waren wie Skars kleiner Finger, zerrte einer der nachtschwarzen Killerhunde. Es war das mit Abstand größte Exemplar dieser Tiere, das Skar jemals gesehen hatte - fast so groß wie ein Kalb, und so stark, daß selbst der titanische Quorrl Mühe hatte, ihn zu halten. Ganz offensichtlich hatte das Tier bereits Witterung aufgenommen. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich auszurechnen, daß es geradewegs aus Skars Kammer kam.

»Oh«, sagte Skar nur. Er mußte zugeben, daß die Idee so naheliegend war, daß er eigentlich von selbst hätte daraufkommen müssen. Gleichzeitig sträubte sich etwas in ihm gegen den Gedanken, diese Bestie einzusetzen, um die Spur des Attentäters aufzunehmen. Er hatte mehr Angst denn je vor diesen Tieren. Del lächelte übertrieben und machte eine ebenso übertriebene, einladende Geste. »Begleitest du uns, oder soll ich dir den Kopf des Burschen bringen?«

Seine Worte ließen etwas in Skar erschauern. Sie waren nicht ganz so spöttisch gemeint, wie sie klangen. Del auch? dachte er. Hatte Kiina recht?

»Woher willst du wissen, daß er überhaupt noch in der Burg ist?« fragte er, ohne Dels einladender Geste zu folgen. »Ich an seiner Stelle wäre jetzt schon zwanzig Meilen weit weg.«

»Sicher«, erwiderte Del trocken. »Aber du hättest fliegen müssen.« Er grinste. »Nachdem du es gestern abend so eilig hattest, uns zu verlassen, habe ich vorsorglich die Tore schließen lassen.« Skar starrte ihn an. Del hatte ihn eingesperrt? Ohne sein Wissen?! »Du hast mich -«

»Wieso«, unterbrach ihn Del mit leicht erhobener Stimme, »streiten wir uns nicht später darüber? Ich bin begierig darauf, den Mann kennenzulernen, dem es fast gelungen wäre, dich zu töten.«

»Woher willst du wissen, daß es ein Mann war?« fragte Kiina mit einem Blick auf den Quorrl.

Del zuckte die Achseln. »Ich habe eine ganz bestimmte Ahnung, weißt du? Sollte sie sich erfüllen, dann werde ich mich sogar bei Skar entschuldigen müssen, fürchte ich.«

Er hatte tausend Fragen an Del, und fast ebensoviele Einwände, aber er kam nicht einmal dazu, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln, bis sie den Hof erreicht hatten, denn der Hund, der ganz offensichtlich schon eine Witterung aufgenommen hatte, zerrte dermaßen an seiner Kette, daß sie alle Mühe hatten, überhaupt mit ihm Schritt zu halten. Unterwegs schlossen sich ihnen ein gutes Dutzend Satai an, die unweit des Thronsaals auf Del gewartet hatten. Jemand drückte Skar ein Schwert in die Hand; er ergriff es fast automatisch, obwohl er im Moment alles andere wollte, nur nicht kämpfen. Aber im Moment war auch nicht mehr er es, der das Kommando führte, nicht einmal mehr Del, sondern der schwarze Killerhund.

Auf dem Hof war das normale Lagerleben bereits wieder erwacht. Die meisten Feuer waren heruntergebrannt, und nur noch sehr wenige Gestalten lagen schlafend unter ihren Decken. Mehr und mehr Männer und auch Quorrl schlossen sich ihnen an, während sie dem Tier folgten. Der riesige Hund lief, die Nase dicht am Boden und lautstark schnüffelnd, aber trotzdem fast so schnell wie ein rennender Mann, quer über den Hof und näherte sich einem großen, ehemals weißen Zelt, das jetzt aber nurmehr aus schmutziggrauen und bunten Flicken bestand.

Del gab dem Hundeführer ein Zeichen, zurückzubleiben und sein Tier im Zaum zu halten, und Skar sah, wie der Quorrl die gespreizten Beine in den Boden stemmte und seine gewaltigen Muskeln spannte, um den Hund zu bändigen. Es gelang ihm kaum. Das Tier mußte unglaublich stark sein.

»Genau das habe ich mir gedacht«, murmelte Del. Er klang verärgert, irgendwie aber auch niedergeschlagen, und fast ein bißchen betroffen. Skar sah ihn fragend an, aber Del tat so, als bemerke er es nicht, zog stattdessen sein Tschekal aus dem Gürtel und öffnete die Zeltplane auf recht unkonventionelle Weise - nämlich indem er sie mit einem Schwerthieb in zwei Hälften schnitt. Dann gab er Skar und den Satai, die sie begleiteten, ein Zeichen, ihm zu folgen. Sie betraten das Zelt.

Das Zelt war sehr groß; trotzdem beherbergte es nur vier Männer, die bei ihrem Eintreten erschrocken auffuhren. Skar blinzelte in das ungewohnte Dämmerlicht und blickte in angsterfüllte, verwirrte Gesichter. Zwei der Männer hatten noch geschlafen, als sie hereinkamen, die beiden anderen waren wach und unterbrachen abrupt ihr Gespräch. Eines der beiden verschlafenen Gesichter, die unter ihren Decken hervorlugten, glaubte Skar schon irgendwo gesehen zu haben.

Aber er kam nicht dazu, es einzuordnen, und er kam auch nicht dazu, eine entsprechende Frage zu stellen, denn in genau diesem Moment erscholl von draußen ein schrilles, fast unbeschreibliches Jaulen, dann ein überraschter Schrei, gefolgt vom dumpfen Aufprall eines sehr schweren Körpers - und dann flog ein struppiger schwarzer Schatten durch die zerschnittene Zeltplane und stürzte sich auf einen der beiden Männer, die sie aus dem Schlaf gerissen hatten.

Alles schien gleichzeitig zu geschehen; auf jeden Fall aber so schnell, daß Skar nicht mehr in der Lage war, irgend etwas zu tun oder irgend etwas anderes zu empfinden als Erschrecken und Furcht: Der Hund rannte Del und ihn einfach über den Haufen, sprang mit einem bösartigen Heulen den Satai an, riß ihn wieder zu Boden und tötete ihn mit einem einzigen Zuschnappen seiner fürchterlichen Fänge. Der Entsetzensschrei des Satai ging in einem schrecklichen Gurgeln und dem Knirschen zerbrechender Knochen unter. Aber er ließ selbst dann noch nicht von seinem Opfer ab. Obwohl der Mann längst tot war, gruben sich seine Fänge immer wieder und wieder in seinen Hals und seine Schultern, und das Heulen des Hundes steigerte sich zu einem fast hysterischen Winseln.

Skar rappelte sich hoch, war mit einem Satz bei dem Tier, um es von seinem Opfer wegzuzerren, aber genausogut hätte er versuchen können, einen Felsbrocken von der Größe eines Hauses mit bloßen Händen zu bewegen. Del kam ihm zu Hilfe, und nach einer weiteren Sekunde auch die drei anderen Männer; aber das einzige Ergebnis ihrer Anstrengungen war ein tiefer Biß im Arm eines der Satai, als der Hund wütend um sich zu beißen begann. Schließlich hob Skar sein Schwert und schlug dem Hund den Knauf über den Schädel. Das Tier brach bewußtlos über seinem Opfer zusammen.

Mit einer zornigen Bewegung drehte er sich herum, sprang mit einem Satz aus dem Zelt und fuhr den Hundeführer an: »Bist du wahnsinnig geworden, Kerl? Wer hat dir gesagt, daß du diese Bestie auf den Mann hetzen sollst?«

»Das habe ich nicht getan«, verteidigte sich der Quorrl. Sein Blick war kalt, und in seiner Stimme war Respekt, aber nicht einmal die Spur von Furcht; oder auch nur Bedauern. »Er hat sich losgerissen, Herr.« Er hielt Skar die Kette hin, an der der Hund festgemacht gewesen war, und Skar sah, daß das letzte Glied aufgebogen und zerbrochen war. »So etwas kommt vor. Die Tiere sind stark.«

Skar setzte zu einer wütenden Antwort an, beließ es aber nach einem weiteren Blick in das flache Fischgesicht des Quorrl nur bei einem ärgerlichen Knurren.

Zwei von Dels Männern schleiften den bewußtlosen Hund an ihm vorbei ins Freie, als er wieder ins Zelt zurückging, die beiden anderen standen über den reglosen Satai gebeugt, obwohl selbst ein Kind hätte erkennen können, daß hier jede Hilfe zu spät kam. Der Hund hatte dem Mann nicht einfach die Kehle durchgebissen; er hatte ihm fast den Kopf abgetrennt. Sein Gesicht und seine Schultern waren eine einzige, entsetzliche Wunde. »Also?« fragte Skar herausfordernd, als Del sich zu ihm herumdrehte. »Dürfte ich jetzt vielleicht erfahren, was der Sinn dieser kleinen ... Hinrichtung war?«