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»Es geht prächtig«, sagte er. »Die Leute lieben mich!«

»Ich bin so stolz auf dich, Darling!«

Wenn sie erfährt, was ich wirklich gespielt habe, wird sie noch viel stolzer sein, dachte Eddie.

Das Zimmermädchen streichelte sein Bein.

»Lassen Sie das!« zischte Eddie.

»Wer soll was lassen?« fragte Mary.

»Ich habe nicht mit dir gesprochen«, sagte Eddie.

»Mit wem denn?«

Das Zimmermädchen fuhr ihm inzwischen mit den Fingern durch die Haare.

»Ach, mit einem der Butler.«

»Mit was denn für einem Butler? Eddie, wo bist du?«

»Ich wollte sagen, mit einem der Butler aus dem Stück. Wir proben gerade.«

Jetzt huschte das Zimmermädchen bereits mit den Lippen über sein Gesicht. »Sie sollen das lassen!« zischte Eddie wieder.

»Seid ihr gerade mitten in einer Probe?«

»Ja«, sagte Eddie.

»Oh, Darling. Du hast eigens unterbrochen, um mich anzurufen? Das ist lieb von dir! Du bist so ein wundervoller Ehemann!«

Das Mädchen hatte jetzt die Arme um ihn gelegt.

»Ich muß aufhören«, sagte Eddie.

»Schon gut, Darling. Schöne Probe noch!«

»Ja, ja«, sagte Eddie. Er legte auf und wandte sich dem Zimmermädchen zu. »Was tun Sie denn hier, sagen Sie mal?«

»Colonel mir gesagt, ich soll kommen und Nachmittag wieder mit Ihnen verbringen.«

Eddie fiel erst jetzt wieder ein, wer er war, oder vielmehr, wer er nicht war. »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte er mit der strengsten Stimme des Colonels. »Ich habe eine Menge zu tun.«

»Morgen dann?« erkundigte sich das Mädchen.

»Nein«, sagte Eddie. »Morgen habe ich auch zu tun. Ich lasse es Sie schon wissen.«

»Bitte sehr.« Sie sah ihn an und machte eine kleine Schnute. »Sie lieben mich nicht mehr, glaube ich.«

Eddie dachte: Wie viele Frauen hat dieser Colonel eigentlich? Er sah dem Mädchen nach, wie es sich entfernte. Die Versuchung war schon groß. Überall rund um ihn herum waren Frauen, die mit ihm ins Bett gehen wollten. Aber ich tue das nicht. Nein. Ich bleibe meiner Frau treu. Er hatte es noch nicht fertig gedacht, als seine Frau ins Zimmer kam. Nein, natürlich nicht seine Frau, sondern die Frau von Colonel Bolivar. Sie hatte ein dünnes Neglige an.

»Schatz«, sagte sie, »mein Bruder hat mich gerade angerufen. Er hat mir erzählt, was du getan hast! Das ist wunderbar! Daß du wirklich allen Zeitungen die Pressefreiheit gegeben hast! Und es gibt keine Zensur mehr!«

»Das war nicht weiter der Rede wert«, sagte Eddie wieder ganz bescheiden.

»Nicht der Rede wert?« rief sie aus. »Aber das Volk wird begeistert sein! Was du da getan hast, war etwas ganz Großartiges!« Sie kam näher an ihn heran. »Ich habe dich offensichtlich ganz falsch eingeschätzt, Ramon. Ich dachte, du wärst wirklich an nichts weiter interessiert als an deiner Macht. Aber jetzt sehe ich, daß dir auch andere Menschen am Herzen liegen.« Sie legte ihre Hände auf seine Schultern. »Hast du immer noch ein wenig für mich übrig, Schatz?«

»Aber ja«, sagte Eddie nervös, »natürlich.«

Sie seufzte. »Oh, Ramon, du hast mir so sehr gefehlt. Kommst du heute abend zu mir?«

Ihr Parfüm machte ihn ganz schwindlig, und sie war ihm sehr nahe. Er wußte, er mußte sie aus seinem Schlafzimmer kriegen, bevor es zu spät war.

»Wir werden sehen«, sagte er.

Sie lächelte. »Oh, Schatz!« und küßte ihn auf den Mund. »Ich warte auf dich.«

Er sah ihr nach, wie sie in ihr Schlafzimmer zurückging. Was mache ich nur? dachte er.

Er beschloß, ein wenig Luft zu schnappen. Er ging durch den langen Korridor und zu einer der Seitentüren hinaus. Dieser Palast erschien ihm als das größte Gebäude, das er je erlebt hatte. Er schien überhaupt nicht mehr aufzuhören. Draußen, auf dem Weg an der Seite des Gebäudes entlang, kam er an eine eiserne Tür, vor der ein Wachtposten stand. Sobald ihn dieser erblickte, nahm er stramme Haltung an.

»Guten Tag«, sagte Eddie.

Der Posten schaute ihn völlig perplex an. Noch nie hatte Colonel Bolivar auch nur Kenntnis von ihm genommen.

»Guten Tag, Colonel«, stammelte er schließlich.

»Was ist denn da hinter dieser Tür!« fragte Eddie.

Der Posten fragte ganz dumm: »Was hinter dieser Tür ist?«

»Ja.«

»Na, der Zoo. Ihr Zoo.«

»Machen Sie mal auf«, sagte Eddie. »Den möchte ich mir anschauen.«

»Selbstverständlich, Colonel.« Der Posten holte einen großen Schlüssel hervor, steckte ihn ein und drehte ihn herum. Die Tür öffnete sich.

Das wird sicher lustig, dachte Eddie. Bin gespannt, was sie da für Tiere haben. Er trat ein und sah sich vor einigen Stufen. Wieso halten sie die Tiere da unten? überlegte er. Er ging die Stufen hinunter. Ein ziemlicher Gestank drang ihm entgegen. Er blieb überrascht stehen. Der »Zoo« bestand aus zwanzig Zellen voller Menschen, von denen die meisten nur noch Lumpen anhatten.

Eddie war total schockiert. Von den vier bewaffneten Wächtern, die anwesend waren und aufpaßten, kam einer zu ihm geeilt.

»Colonel ... Colonel Bolivar ... Man hat mir nicht gesagt, daß Sie kommen werden.«

»Schon gut«, sagte Eddie und ging auf die erste Zelle zu. »Weswegen sind diese Leute hier?«

Der Wächter sah ihn verwirrt an. Schließlich war er, Colonel Bolivar, es doch selbst gewesen, der sie hierher bringen ließ. »Nun, Sie wissen ja, Colonel ... Gefährliche Verbrecher, alle. Die meisten warten darauf, erschossen oder gehängt zu werden, nicht?« Er grinste. »Manchmal lassen wir sie selbst wählen.«

Eddie war entsetzt. »Was denn, Sie meinen, das sind alles Todeskandidaten?«

»Ja, sicher, Colonel. Auf Ihren Befehl hin.«

In der ersten Zelle waren zwei Mann. Der eine war noch ein Junge, ein Teenager, der andere ein älterer Mann.

»Weshalb bist du hier?« fragte Eddie den Jungen.

Der Junge sah zu ihm auf und erwiderte: »Weil ich gesagt habe, daß Sie das Land zugrunde richten. Das ist die Wahrheit. Und deshalb soll ich sterben.«

Eddie starrte ihn eine Weile an, dann wandte er sich an den älteren Mann. »Und weshalb sind Sie hier?«

»Ach, erinnern Sie sich nicht? Weil ich Ihr Auto angespuckt habe, als Sie vorbeifuhren.«

»Was denn, und dafür will man Sie jetzt umbringen?« sagte Eddie.

»Ja, deswegen.«

Eddie konnte nicht glauben, was er da hörte. Was für einen Mann vertrat er hier eigentlich? Er ging an allen Zellen vorüber und fragte jeden einzelnen Gefangenen aus. Ihre Geschichten waren buchstäblich alle dieselben. Alle hatten sie den Fehler begangen, den großen Diktator zu kritisieren. Und dafür waren Sie nun dem Tod geweiht.

»Ich sagte, wir bekommen nicht einmal genug zu essen .«

»Ich trat nach einem Soldaten, als sie meinen Sohn fortschleppten .«

»Ich stahl Brot für meine hungernden Kinder ...«

»Ich verweigerte den Kriegsdienst in der Armee ...«

Und für all das, dachte Eddie erschüttert, hat man sie gleich zum Tod verurteilt? Nicht einmal ein einziger wirklicher Verbrecher war unter ihnen.

Er befahl einer der Wachen: »Besorgen Sie mir Papier und Schreibzeug.«

»Jawohl.«

Als er beides hatte, begann er zu schreiben. »Hiermit werden alle Gefangenen, die sich gegenwärtig in den Zellen unter dem Palast befinden, sofort freigesetzt und entlassen und können in ihre Häuser und zu ihren Familien zurückkehren. Es wird in Zukunft in Amador keine Hinrichtungen mehr ohne ordentliches Gerichtsverfahren geben.« Und er unterzeichnete es mit Colonel Ramon Bolivar.