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In der Palastgarage waren Juan und der Fahrer inzwischen dabei, die Bombe unter die Kühlerhaube des Ferrari zu praktizieren.

»Seid ihr auch sicher, daß sie funktioniert?« fragte der Fahrer.

»Hundertprozentig«, sagte Juan. »Sobald er startet, geht sie hoch. Und dann fliegen nur noch tausend winzige Colonel Bolivars durch die Luft.«

Der Fahrer lächelte zufrieden. »Darauf warten wir schon so lange.«

»Wie ganz Amador«, nickte Juan.

Sie machten die Motorhaube zu.

»Ich habe einen Draht lose gelassen«, sagte Juan. »Fahr den Wagen vor, und dann machst du die Motorhaube noch einmal auf und schließt diesen Draht auch an. Dann ist die Zündung der Bombe scharf. Auf keinen Fall darfst du danach mehr starten.«

»In Ordnung«, sagte der Fahrer. Er schüttelte Juan die Hand. »Das ganze Volk von Amador wird stolz auf dich sein.«

Juan sah noch zu, wie der Fahrer in den Ferrari einstieg, den Motor anließ und aus der Garage fuhr. Er sah auf die Uhr. In ein paar Minuten, dachte er, gibt es keinen Colonel Bolivar mehr. Und dann ist Amador frei.

Der Fahrer parkte den Ferrari vor dem Hauptportal des Palastes. Er sah sich um, ob auch niemand da war. Dann machte er die Motorhaube auf und schloß den losen Draht an. Alles war nun bereit. Er ließ die Schlüssel stecken, stieg aus und rannte zurück in die Garage.

Es war fünf Minuten vor zwei. Eddie wartete in der Halle, aber von Senora Bolivar war immer noch weit und breit nichts zu sehen. Dabei war in fünf Minuten ihr Mörder da! Er lief zu ihrem Schlafzimmer und klopfte an. Dann wollte er sie beim Namen rufen. Aber er wußte ja gar nicht, wie sie hieß. Und jemanden fragen, ging nicht gut. Ach, sagen Sie doch mal schnell, wie heißt meine Frau gleich wieder? Nein, wirklich.

Also klopfte er noch einmal an und rief einfach: »Bist du soweit, Schatz?«

Kurz darauf ging wirklich die Tür auf, und sie stand vor ihm. Sie sah wunderschön aus. Wozu braucht der Colonel andere Frauen, wunderte sich Eddie, wenn er doch diese hier hat?

»Ich bin soweit, Ramon«, sagte sie.

»Gut.« Eddie schaute wieder auf die Uhr. Nur noch zwei Minuten Zeit. Er nahm sie am Arm und zog sie hastig mit sich den Korridor entlang.

»Was eilt es denn so?« fragte sie.

»Ich bin halb verhungert«, sagte Eddie.

Sie gelangten zum Hauptportal und gingen hinaus. Da stand der schöne Ferrari. Das Dach war unten.

»Ach du lieber Gott!« sagte Senora Bolivar. »Das wußte ich nicht, daß das Dach offen ist. Ich gehe mir schnell noch einen Hut holen.«

Und sie hatte sich schon umgedreht, aber da packte Eddie sie am Arm. »Nein ... keinen Hut.«

»Aber wieso denn nicht?«

»Weil. ich dein Haar im Wind flattern sehen möchte«, sagte Eddie, weil ihm sonst nichts einfiel. Es war eine Stelle aus einem Stück, das er einmal gespielt hatte. Die Sonnenstrahlen streicheln dein schönes Haar, Geliebte. Du bist eine Göttin! Das Stück war nach zwei Vorstellungen wieder abgesetzt worden.

Er half ihr in den Wagen und setzte sich dann selbst ans Steuer.

»Weißt du eigentlich, Ramon«, sagte die Senora, »wie lange es her ist, daß wir zuletzt allein waren? Als wir erst kurz verheiratet waren, fuhren wir oft so aus.«

»Ja, ja, ich weiß es noch gut.«

Aus der Entfernung, in der Garage, sahen Juan und der Fahrer gespannt zu. Sie sahen, wie Eddie den Zündschlüssel packte.

»Jetzt!« sagte Juan freudig erregt. »In einer Sekunde hat es Colonel Bolivar und seine Frau in tausend Stücke zerrissen.«

6. Kapitel

Eddie Davis wollte eben starten, was ihn zusammen mit der Senora in der Tat in tausend Stücke zerrissen hätte, als ein Offizier gerannt kam und ihm zurief: »Colonel! Rasch, kommen Sie!«

Eddies Hand schwebte unschlüssig über dem Zündschlüssel. »Was ist denn?« fragte er ungehalten.

»Auf der anderen Palastseite ist ein Aufruhr im Gange! Sie kommen besser, schnell!«

Eddie sah die Frau von Colonel Bolivar an. »Ach, herrje. Weißt du was, fahr doch allein zum Essen, irgendwo in der Stadt. Ich lasse dir den Chauffeur kommen.« Er wollte sicherstellen, daß sie auf keinen Fall allein war.

Sie stiegen wieder aus.

Aus der Ferne beobachteten es Juan und der Fahrer mit Verzweiflung.

»Wir hatten ihn schon so gut wie tot diesmal!« rief der Fahrer enttäuscht.

»Die Bombe muß schleunigst aus dem Wagen«, sagte Juan.

Eddie folgte dem Offizier zurück in den Palast. Eine große Menge war davor versammelt und rief Sprechchöre: »Wir wollen Colonel Bolivar sehen! Wir wollen Colonel Bolivar sehen!«

Eddie trat vor sie hin. »Da bin ich«, sagte er. »Wo fehlt’s denn?«

Capitan Torres kam an seine Seite geeilt. »Sie müssen nicht hiersein«, sagte er. »Ich mache das schon.«

»Was machen?« fragte Eddie. »Was geht hier vor? Was wollen diese Leute?«

»Nichts weiter von Bedeutung«, versuchte Capitan Torres zu versichern. »Das sind nur die üblichen Unruhestifter. Die haben immer etwas zu jammern!« »Worüber denn?« wollte Eddie wissen.

»Es ist wirklich nichts«, wiederholte Capitan Torres ungeduldig. »Ich lasse das gleich von den Soldaten bereinigen.«

»Na gut«, sagte Eddie und wandte sich zum Gehen.

Da rief einer aus der Menge: »Wir haben es satt, auf der Straße schlafen zu müssen! Wir wollen ein Dach über dem Kopf!«

Eddie blieb stehen. »Was denn, die Leute wissen nicht mal, wo sie schlafen sollen?« fragte er. »Sind das Obdachlose?«

»Glauben Sie mir«, beschwichtigte ihn Capitan Torres, »diese Leute sind durchaus daran gewöhnt, auf der Straße zu schlafen. Das Wetter bei uns in Amador ist immer schön. Die Leute können unter dem Sternenzelt schlafen. Was will man mehr?«

Eddie starrte ihn verständnislos an. »Was? Alle diese Leute hier sind obdachlos?«

»Das ist doch nicht Ihr Problem«, sagte Capitan Torres schon etwas scharf.

»Moment mal«, sagte Eddie. »Solange ich Colonel Bolivar bin, ist das sehr wohl mein Problem.« Er wandte sich an die Leute. »Hat irgend jemand von Ihnen ein Zuhause?«

»Nein!« schrien sie ihm alle zusammen entgegen. »Wir können uns keine Wohnung leisten.«

»Aber das ist ja schrecklich!« sagte Eddie. »Da muß man etwas unternehmen.«

Capitan Torres wurde blaß. »Ich flehe Sie an«, flüsterte er Eddie zu, »tun Sie diesmal nichts, überhaupt nichts. Sie richten noch das ganze Land zugrunde!«

»Also für mich«, sagte Eddie, »sieht das so aus, als wären Sie derjenige, der das Land zugrunde richtet.«

»Ich werde Ihre Eigenmächtigkeiten nicht länger zulassen«, zischte Capitan Torres zwischen den Zähnen hervor. »Sie vergessen wohl, daß Sie nicht wirklich Colonel Bolivar sind. Sie sind nur ein Schauspieler.« »Ach ja?« sagte Eddie. »Na schön.« Er wandte sich an die Leute. »Capitan Torres hat Ihnen etwas zu sagen. Na los, Capitan, sagen Sie den Leuten, was Sie mir soeben sagten!«

Capitan Torres kochte vor Wut. Er konnte es natürlich nicht wagen, den Leuten zu sagen, daß ein Imitator vor ihnen stand und daß der echte Colonel Bolivar im Krankenhaus lag und womöglich starb. Das hätte mit Sicherheit eine sofortige Revolution und den Sturz der Regierung zur Folge gehabt. Und er wäre der erste gewesen, den die Menge in der Luft zerrissen hätte.

Er rang sich also mühsam ein Lächeln ab und sprach: »Meine Damen und Herren, ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, daß wir selbstverständlich alles tun werden, was möglich ist, um uns Ihrer anzunehmen.«

Das meinte er sogar so. Nämlich, daß er als erstes den Befehl an das Militär ausgeben wollte, sämtliche Unruhestifter über den Haufen zu schießen.

Eddie wandte sich an ihn. »Wie viele Häuser und Wohnungen besitzt der Colonel in Amador?«