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»Ich kann es Ihnen nicht verdenken, Colonel«, beeilte sich Capitan Torres beizupflichten. »Wie bald, sagt der Doktor, dürfen Sie raus?«

»Anfang nächster Woche. Mein Herz ist besser denn je.«

»Nächste Woche?« Der Capitan freute sich sichtlich. »Sehr gut. Wundervoll!« Er stellte sich bereits lebhaft vor, wie er Eddie Davis umbringen wollte. Es gab ja so viele schöne Möglichkeiten. In Öl sieden klang gar nicht schlecht. Oder vielleicht sollte man ihn von zwei Pferden auseinanderreißen lassen? O doch, er würde noch viel Spaß mit dem Ende dieses Schauspielers haben!

»Tatsache ist«, erklärte Colonel Bolivar, »daß ich mich schon sehr viel besser fühle. Schicken Sie mir eine meiner Mätressen oder zur Not auch eines von den Zimmermädchen vom Palast herüber.«

»Oh, das ist aber keine besonders gute Idee«, wandte der Capitan ein.

»Was soll denn das heißen?«

»Überlegen Sie, Colonel! Wenn Sie zur gleichen Zeit im Palast und hier in der Klinik gesehen werden, fangen die Leute doch an, Fragen zu stellen und zu reden! Sie dürfen hier nicht gesehen werden, oder unser ganzes Spiel ist ruiniert.«

»Haben Sie auch wieder recht«, knurrte Colonel Bolivar mißmutig. »Na ja, bis nächste Woche werde ich es schon noch aushalten. Aber tun Sie mir inzwischen wenigstens den Gefallen, Capitan, diesen Schauspieler keinen Augenblick mehr aus den Augen zu lassen.«

»Bestimmt nicht, Colonel. Darauf können Sie sich verlassen.«

Als Capitan Torres ging, schritt er aus wie auf Wolken und pfiff sich ein Liedlein. Alles kam wieder in Ordnung. Sobald der Colonel seine Amtsgeschäfte wieder selbst übernahm, würde es keinerlei Probleme mehr geben.

Eddie bekam Besuch von einigen kirchlichen Würdenträgern.

Einer davon sagte: »Vergebung, Exzellenz, wenn wir stören, aber wir haben so erstaunliche Dinge von den wundervollen Anordnungen vernommen, die Sie erlassen haben. Sie haben zwar in der Vergangenheit alle unsere Bitten und Anträge abgelehnt, aber nach den jüngsten Ereignissen fragen wir uns, ob wir unsere Anliegen nicht doch noch einmal vortragen dürfen.«

»Worum handelt es sich?«

»Nun, daß wir unsere Kirchen wieder öffnen dürfen.«

»Wieso, soll das heißen, sie waren geschlossen?«

Der Geistliche sah ihn völlig perplex an. »Aber Sie selbst haben Sie doch geschlossen, Colonel! Vor fünf Jahren.«

»Ach so, ja«, sagte Eddie schnell. »Ja, ja, ja, das hatte ich ganz vergessen. Sind alle Kirchen geschlossen worden damals?«

»Ja, Euer Exzellenz.«

»So, so. Aha. Ja, und wohin gehen die Leute seitdem zum Beten?«

Der Geistliche war noch verblüffter als zuvor. »Ja, aber es ist doch verboten zu beten.«

»So?« sagte Eddie. »Das ist aber schlimm. Na gut, ab sofort darf jeder wieder beten.«

Der Geistliche strahlte. »Ist das Ihr Ernst?«

»Absolut!« bekräftigte Eddie, drehte sich um und schrieb bereits wieder seine neueste Anordnung. Unterzeichnet mit Colonel Ramon Bolivar.

»Seien Sie gesegnet, Exzellenz! Das Volk von Amador wird Ihnen das nie vergessen!«

Eddie dachte an Capitan Torres und sagte nachdenklich: »Ja, ja. Sagen Sie dem Volk, es soll auch für mich beten.«

Im Flur draußen lief Eddie in die Dame, die ihm erzählt hatte, daß »seine« Ehefrau getötet werden sollte.

»Ich habe dich schon die ganze Zeit gesucht«, sagte sie. »Unser Mann begab sich in das Musikzimmer, aber deine Frau war nicht dort. Jemand sagte, sie sei mit dir zusammen gesehen worden! Und daß jetzt rund um die Uhr Leibwächter um sie herum sind.«

»Stimmt«, sagte Eddie. »Ich habe das veranlaßt. Ich habe nämlich beschlossen, daß, wenn sie schon umgebracht werden soll, ich das selbst erledige. Bis dahin wünsche ich nicht, daß ihr irgend jemand auch nur ein Haar krümmt.«

Die Frau sah ihn eiskalt an. »Sag mal, Ramon, seit wann kümmert es dich einen Deut, was mit deiner Frau geschieht? Schließlich haßt du sie doch!«

»Ach, hassen«, sagte Eddie. »Ich hasse sie nicht.«

»Was?« sagte die Frau. »Was hat denn das alles zu bedeuten? Was für ein Spiel treibst du da mit mir?« Sie war sehr aufgebracht. »Mir erzählst du, ich bin die einzige Frau der Welt für dich und daß du deine Frau loswerden und mich heiraten willst. Und jetzt auf einmal ist alles anders? Willst du mir klarmachen, daß du es dir anders überlegt hast?«

Tatsache war, daß Eddie überhaupt nicht wußte, was er ihr klarmachen wollte oder nicht. Wieso, dachte er, kann dieser Colonel Bolivar sich nicht anständig benehmen?

»Ach«, sagte Eddie, »laß mir einfach noch etwas Zeit.«

»Was denn für Zeit? Wofür?« wollte sie wissen. »Zeit, mich loszuwerden? Oder eine andere zu finden?«

»Darum handelt es sich doch überhaupt nicht«, versuchte Eddie zu erklären. Er wußte nur, er mußte verhindern, daß die Frau des Colonel ermordet wurde.

»Wir reden in ein paar Tagen noch einmal darüber.«

»Nein, das werden wir nicht!« schrie sie ihn an. »Sondern wir reden jetzt darüber. Hier und sofort.«

»Nicht so laut«, mahnte Eddie. »Es könnten uns doch Leute hören!«

»Das ist mir ganz egal«, rief sie zornig. »Ich will nun mal nicht ohne dich leben, Ramon. Wenn du mich nicht heiratest, bringe ich mich um!«

O Gott, dachte Eddie, das wird kompliziert. Genausowenig wie ich zulassen kann, daß die Frau des Colonel umgebracht wird, kann ich zulassen, daß seine Geliebte Selbstmord begeht. Eine sehr erfreuliche Alternative war dies nicht.

»Wollen wir nicht lieber über alles noch einmal gründlich nachdenken?« schlug er vor.

»Nachdenken! Da wird nichts mehr nachgedacht. Du wirst mir deine Antwort hier und jetzt geben. Ich habe lange genug gewartet und Geduld gehabt, daß du dein Versprechen einlöst!«

Eddie dachte verzweifelt nach. Wenn er ihr versprach, sie zu heiraten, mußte sie die Frau des Colonel ermorden lassen. Und wenn er ihr erklärte, er heirate sie nicht, dann tat sie sich womöglich wirklich selbst etwas an.

Eddie überlegte, ob er nicht vielleicht sogar Capitan Torres über das Problem zu Rate ziehen sollte. Doch dann entschied er sich doch anders. Nein, nein, nein, dachte er, das geht nicht. Schließlich bin ich der Diktator. Ich entscheide, was geschieht.

»Also, wie lautet deine Antwort?«

Na, vielleicht ist das mit dem Selbstmord ja doch nur eine Drohung, dachte er, die sie letzten Endes gar nicht wahrmachen will. Genau: Sie blufft nur. Keine Frau wird sich doch wegen Bolivar umbringen! Sie versucht mich mit dieser leeren Drohung nur zu erpressen, daß ich sie heirate. Oder vielmehr der Colonel Bolivar. Ich meine ... Teufel noch mal, das ist alles wirklich ziemlich kompliziert.

»Also?« drängte die Frau erneut.

Eddie holte tief Luft. »Na gut, dann ist meine Antwort nein. Ich habe bereits eine Frau, und wenn ich dich heiraten würde, wäre das Bigamie.«

Sie sah ihn lange stumm und ratlos an. Dann flüsterte sie fast: »Also gut, Ramon. Wenn das dein Wunsch ist und du mich nicht mehr haben willst, dann muß ich mich damit abfinden, aber dann hat auch mein Leben keinen Sinn mehr. Dann bringe ich mich um.«

»Das kannst du doch nicht tun«, sagte Eddie.

»Und ob ich das kann«, antwortete sie und dachte: Und wenn ich dich nicht haben kann, soll dich auch keine andere haben. Ich bringe dich mit mir um.

8. Kapitel

Eddie Davis gewöhnte sich immer besser an die Rolle, die er spielte. Wie jeder gute Schauspieler war er ganz in seiner Rolle aufgegangen. In seinem Kopf war er bereits Colonel Bolivar. Er brauchte es gar nicht mehr bewußt zu spielen. Ganz instinktiv und automatisch sprach er und bewegte sich inzwischen wie der Diktator selbst. Capitan Torres bewunderte im Grunde, wie tatsächlich perfekt Eddie den Diktator darstellte. Das Problem war nur, daß Eddie auch versuchte, das Land wirklich zu regieren. Und genau deshalb muß er eben sterben, dachte er.