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Eddie begann das Theaterstück zu schreiben, das ihn berühmt machen sollte: das Stück über einen Schauspieler, der engagiert wird, als Doppelgänger eines Diktators aufzutreten. Jeden Morgen nach dem Aufstehen verbrachte er jetzt zwei Stunden an der Schreibmaschine.

»Was machen Sie da eigentlich?« fragte ihn Capitan Torres schon bald.

»Ach, das ist nichts weiter«, sagte Eddie, »nur eine kleine Geschichte, die ich niederschreibe.«

Ihm die volle Wahrheit zu sagen riskierte er denn doch nicht.

»Übrigens«, fragte er, »wie lange werden Sie mich eigentlich voraussichtlich noch brauchen?«

»Ihre Aufgabe«, antwortete Capitan Torres, »wird in Bälde erfüllt sein, soviel kann ich Ihnen sagen. Der Colonel ist auf dem besten Wege der Genesung, und sobald es ihm wieder gut genug geht, bringen wir ihn hierher zurück in den Palast, und dann sind Sie entlassen und können nach Hause reisen.«

»Sehr schön«, sagte Eddie, ohne zu ahnen, was der Capitan im stillen zu seinen Worten dazudachte, nämlich: Dein Zuhause, mein Lieber, wird aber ein Grab sein, in das du reisen wirst. Und über dieses können dann schöne Blumen und viel Gras wachsen.

Eddie aber war fest entschlossen, in zehn Tagen zu Hause zu sein, weil dann ja sein Baby auf die Welt kommen sollte. Doch das wollte er dem Capitan Torres ebenfalls nicht auf die Nase binden. Und wenn der Colonel Bolivar, dachte er, nicht rechtzeitig aus der Klinik kommt, ist es mir auch egal. Ich bin so oder so weg, da können die gar nichts machen. Ist ja schließlich ein freies Land hier.

Oder?

Er rief Mary wieder an. Sie freute sich sehr, seine Stimme zu hören.

»Wie geht es dir?« fragte Eddie.

»Ach, ich gehe weiter auf wie ein Hefeteig, Eddie«, klagte Mary. »Und das Baby strampelt und tritt in einer Tour. Es will raus.«

»Was sagt der Doktor? Ist alles normal?«

»Das schon, alles ist in Ordnung. Nur, daß du mir eben fehlst. Wirst du auch wirklich rechtzeitig da sein?«

»Nichts auf der Welt kann mich davon abhalten«, erklärte Eddie mit Überzeugung. »Übrigens, ich überweise dir zehntausend Dollar.«

»Was??« Marys Stimme war ganz schrill vor Verwunderung. »Wo hast du denn zehntausend Dollar her?«

»Na ja«, log Eddie, daß sich die Balken bogen, »ich hatte solchen Erfolg in dem Stück, daß ich gleich einen ordentlichen Vorschuß bekam.«

»Oh, Darling, das ist ja wundervoll!«

Er wagte ihr nicht zu gestehen, daß er außerdem noch weitere neunzigtausend Dollar hatte. Das konnte er ihr alles in Ruhe erklären, wenn er wieder zu Hause war, dachte er.

»Da kann ich ja die ganzen Arztrechnungen bezahlen«, freute sich Mary überglücklich, »und den Lebensmittelhändler. Oh, Eddie, ich bin so stolz auf dich!«

»Paß du nur gut auf dich auf«, ermahnte er sie gönnerhaft. »In zehn Tagen bin ich da. Auf Wiedersehen, mein Darling.« »Wiedersehen, Eddie!«

Ich bin doch eigentlich der glücklichste Mann der Welt, dachte Eddie. Ich habe eine wundervolle Frau, und in zehn Tagen kriegen wir unser erstes Baby. Nichts kann jetzt mehr schiefgehen.

Er blickte hinauf zu dem großen Gemälde von Colonel Boli-var an der Wand. Dessen Augen schienen auf ihn herabzufunkeln. Aber Eddie wischte das gleich von sich weg. Das ist natürlich nur meine Einbildung, dachte er.

In Amador war jeder Sonntag Stierkampftag. Dieses südamerikanische Volk liebte Stierkämpfe ebenso wie die Spanier, und die Toreros waren seine Helden.

Eddie saß gerade wieder im Arbeitszimmer des Diktators und arbeitete an seinem Theaterstück, als Capitan Torres bei ihm eintrat.

»Wir haben ein Problem.«

»So?« sagte Eddie. »Was für eines?«

»Es gibt hier einen Brauch im Land. Jeden Sonntag finden Stierkämpfe in der Arena statt. Das hält die Leute bei Laune. Colonel Bolivar selbst ist einer unserer berühmtesten Stierkämpfer, und jeden vierten Sonntag geht er gegen den größten und stärksten Bullen in die Arena. Und heute ist wieder ein solcher vierter Sonntag.«

»Verstehe«, sagte Eddie. »Das ist das Problem. Er ist nicht da, um den Stierkampf zu bestreiten.«

»Richtig«, sagte Torres. »Und es ist ganz unmöglich, es dem Volk zu erklären!«

»Tja«, sagte Eddie, »das mag ja sehr bedauerlich sein. Aber dann sagt man eben den Leuten einfach, daß er heute mal nicht kämpft.«

»Das geht nicht«, erwiderte Capitan Torres. »Er hat noch niemals einen Stierkampf ausgelassen. Das würde sofort Verdacht erregen.« »Ja, aber was sonst wollen Sie tun?«

»Na, Sie bestreiten den Stierkampf!«

Eddie lachte laut auf. »Sie spinnen wohl!« sagte er und wandte sich ohne weiteres Wort wieder seiner Schreibmaschine zu.

»Das ist mein voller Ernst«, erklärte Capitan Torres.

»Sie spinnen, habe ich gesagt! In meinem ganzen Leben habe ich noch keine Stierkampfarena von innen gesehen. Ich wüßte doch überhaupt nicht, was ich tun und wie ich mich bewegen soll. Der Stier würde mich beim ersten Anlauf in Stücke reißen.«

»Aber nein«, widersprach der Capitan. »Sie sind sicher wie in Abrahams Schoß. Ich habe da nämlich einen Plan.«

»Was denn für einen Plan?« erkundigte sich Eddie mißtrauisch.

»Das Landgut, von dem die Stiere kommen, hat zwei Sorten Stiere. Wilde und ganz sanfte. Der Colonel hat zwar immer gegen die ganz Wilden gekämpft, aber für Sie nehmen wir einfach einen von den Sanften.«

»Wie sanft?« wollte Eddie wissen. Die Aussicht auf einen Stierkampf machte ihn doch ziemlich nervös.

»Mit den sanften Bullen«, erklärte ihm Capitan Torres, »üben die kleinen Jungen, die einmal Torero werden wollen. Sie brauchen sich überhaupt keine Sorgen zu machen. Ich kann es schließlich nicht riskieren, Sie in Gefahr zu bringen und Ihr Leben aufs Spiel zu setzen.«

Da hat er recht, dachte Eddie. Er ist schließlich auf mich angewiesen und braucht mich.

Er raffte sich also zu einem Entschluß auf.

»Also gut, dann machen wir es so.«

Es würde auch eine gute Szene für sein Stück ergeben.

Die Stierkampfarena von Amador war riesig und an diesem Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele tausend Menschen waren von nah und fern gekommen, um das Schauspiel zu erleben und ihre Alltagsprobleme zu vergessen. Die Toreros waren in ihre kostbaren und schönen Kostüme mit viel Silber gekleidet, und die Menge jubelte den tapferen Männern, die sich dem Kampf gegen die Stiere stellten und dabei sogar ihr Leben riskierten, bei ihrem Einzug in die Arena frenetisch zu.

Die Stiere wurden einer nach dem anderen aus dem Tor gelassen, jeder für den auf ihn wartenden Torero. Die Toreros reizten die Stiere auf kunstvolle Art, bis diese erschöpft und müde waren, und töteten sie dann. Und die Menge jubelte dazu.

An diesem Tag aber herrschte große Spannung, weil alle wußten, daß Colonel Bolivar wieder einmal kämpfte. Es waren mehr Leute da als sonst, weil die meisten hofften, der Diktator werde endlich einmal von einem der Stiere getötet. Er war ja nun einmal der gehaßteste Mann in ganz Amador.

Auf dem Weg zur Stierkampfarena sagte Eddie zu Capitan Torres: »Ich bin ein wenig nervös. Sind Sie auch wirklich sicher, daß nichts passieren kann?«

»Absolut nichts kann passieren«, versicherte ihm Capitan Torres. »Ich habe bereits veranlaßt, daß der kleinste und zahmste Stier für sie hinausgeschickt wird. Sie haben doch schon einmal Stierkämpfe gesehen, oder?«