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»Nur im Film«, sagte Eddie.

»Gut, das genügt. Da wissen Sie, was Sie tun müssen. Man gibt Ihnen einen Degen und ein rotes Cape. Das schwingen und wirbeln Sie herum. Wenn der Stier auf Sie zukommt, treten Sie einfach einen Schritt zur Seite. Selbst wenn er sie zufällig treffen sollte, wird es harmlos sein, weil er so klein ist, daß nichts Ernsthaftes passieren kann.«

»Ich war ja auch mal Tänzer«, sagte Eddie. »Ich bin ziemlich flink auf den Beinen.«

»Um so besser.«

Und da waren sie auch schon an der gewaltigen Stierkampfarena angekommen.

Bei den Stallkojen für die Stiere hinter der Arena, wo das Publikum nicht hinsehen konnte, hielt sich Juan auf und sprach mit einigen Männern. Juan war verärgert, daß Colonel Bolivar nun schon dreimal seinen Anschlägen entgangen war, das eine Mal mit dem Gewehr, dann mit dem Auto und das dritte Mal mit dem Flugzeug. Aber diesmal sollte es auf keinen Fall schiefgehen.

»Habt ihr die Nachrichten gehört?« fragte Juan. »Capitan Torres hat angerufen. Colonel Bolivar wird heute wieder einen Kampf bestreiten, aber aus einem bestimmten Grund, den ich nicht so ganz verstehe, hat Capitan Torres veranlaßt, daß man ihm nur einen der kleinen und zahmen Bullen hinausschickt.«

»Das ist tatsächlich eigenartig«, nickte einer der Männer. »Wo der Colonel sonst doch immer ausdrücklich gegen den größten und wildesten Stier im Stall kämpft.«

»Den kriegt er auch heute trotzdem«, sagte Juan. »Das habe ich schon organisiert. Ich habe die Stiere ausgetauscht. Er bekommt den El Negro.«

Der andere bekam ganz große Augen. »Den El Negro! Der schon fünf Toreros auf dem Gewissen hat?«

»Genau den. Und heute wird er das halbe Dutzend vollmachen.«

Capitan Torres führte Eddie in die Garderobe, wo die Toreros und Matadore sich für ihre Kämpfe ankleideten und vorbereiteten. Ein ungewöhnlich schöner und kostbarer Silberanzug hing dort in dem Schrank, der allein Colonel Bolivar vorbehalten war. Eddie zog ihn an und betrachtete sich im Spiegel.

Ich sehe wie ein echter Stierkämpfer aus, dachte er. Das macht wirklich Spaß.

Capitan Torres sagte: »Also, denken Sie daran, daß Sie einen sehr sanften Stier vor sich haben, wenn Sie draußen sind. Den heißen sie sogar nur die kleine Kuh. Er ist ganz ungefährlich. Aber Sie müssen natürlich einen echten und wilden Kampf spielen. Passen Sie vor allem auf, daß er sich nicht mitten in der Arena zum Schlafen hinlegt. Halten Sie ihn wach. Wenn es sein muß, stechen Sie ihn ein bißchen.«

»Keine Sorge«, sagte Eddie. »Ich mache schon, daß es wie ein echter Kampf aussieht.«

Aus der Arena draußen hörten sie die Stimme des Ansagers über die Lautsprecher.

»Meine Damen und Herren, es ist uns eine Ehre und ein Vergnügen, Ihnen jetzt den geliebten Führer unseres Landes anzukündigen, unseren großherzigen und wohltätigen Diktator Colonel Ramon Bolivar!«

Alles blieb still. Niemand applaudierte oder jubelte.

Eddie war verblüfft.

»Die Leute sind ja so still«, sagte er.

Capitan Torres lieferte hastig eine Erklärung. »Das ist deswegen, weil sie so viel Respekt für den Colonel hegen, daß sie vor Ehrfurcht stumm bleiben.«

»Aha.«

»Begeben Sie sich jetzt hinaus in die Arena. Und denken Sie daran, was wir besprochen haben. Es muß aufregend wirken.«

»Schon gut«, sagte Eddie.

Und er ging hinaus in die riesige Stierkampfarena. Dort saßen viele tausend Menschen und warteten auf den Anfang des Schauspiels. Und sie hofften, daß ihr verachteter Diktator ums Leben käme.

In den Stallungen für die Stiere führte Juan den kleinen, zahmen Bullen weg und dafür den wilden El Negro in den Pferch für die Arena. El Negro war ein riesiger, pechschwarzer Stier von schnaubendem Temperament. Er schlug und stieß und versuchte jeden, der ihm nahekam, mit seinen Hörnern aufzuspießen. Alle nahmen sich in acht vor ihm. Seine Hörner waren rasiermesserscharf, und seine Hufe und Klauen konnten tödlich sein. Schließlich aber hatten sie ihn an Ort und Stelle.

»Gut«, sagte Juan, »auf das Gatter.«

Das Sperrgatter wurde hochgezogen, und El Negro stürmte schnaubend hinaus in die Arena. Dort blieb er stehen, und seine funkelnden Augen wanderten über die versammelte Menge hin.

Der ist größer, als ich dachte, sagte Eddie zu sich selbst, als er ihn erblickt hatte.

Eddie hob sein Cape. »Also gut, Junge, dann komm«, murmelte er. »Lassen wir es wie einen richtigen Kampf aussehen.«

Der Stier sah das rote Tuch, schnaubte und raste los wie ein Schnellzug, direkt auf Eddie zu.

So jetzt, dachte Eddie, nun mal elegant, daß es gekonnt aussieht.

Knapp vor dem Stier trat er leichtfüßig einen Schritt zur Seite. El Negro trampelte an ihm vorbei.

Er sieht richtig wild aus, dachte Eddie. Würde man nie glauben, daß das ein Zahmer ist.

In der Ehrenloge sah Capitan Torres mit Entsetzen, was sich da begab. Er traute seinen Augen nicht. Entgegen seiner ausdrücklichen Anweisung hatte jemand ausgerechnet den Killerstier El Negro in die Arena hinausgelassen!

O mein Gott, dachte er, der bringt den Eddie um, und das ist dann das Ende von uns allen.

Eddie aber machte die Sache bereits Spaß.

Einige alte Tanzschritte, die er einmal in einem Musical gebraucht hatte, fielen ihm wieder ein, und mit diesen tänzelte er seitwärts, als der Bulle daherstürmte, und ließ ihn erneut ins Leere laufen.

Das Publikum begann unwillkürlich in Begeisterung zu geraten und ihm zuzujubeln, eigentlich gegen alle Absicht. Den Mut des Mannes in der Arena mußte man anerkennen. Alle wußten, wie wild dieser El Negro war und wie viele Toreros er schon auf dem Gewissen hatte. Und jetzt stellte sich sogar ihr Diktator zum todesmutigen Kampf gegen ihn.

Eddie hatte den Spaß seines Lebens. Er hielt sich mit Tänzelschritten immer ordentlich auf Distanz von dem Stier und triezte ihn. »Na, nun komm schon, kleine Kuh, komm, hab keine Angst vor mir!«

Schließlich war der Stier so außer Atem und erschöpft, daß er schwer schnaufend stehenblieb, weil er diesen seltsamen Menschen, der ihm ständig so geschickt herumtänzelnd auswich, nicht auf die Hörner bekam.

Es war Zeit, den Stier zu töten, Eddie aber dachte gar nicht daran. Er hob seinen Degen und sah ins Publikum.

Und die Leute schrien: »Laß ihn leben, laß ihn leben.«

Und Eddie nickte zufrieden dazu.

Noch immer verfolgt vom Jubel des Publikums kam er zurück in die Garderobe. Hätte nie geglaubt, dachte er, daß Stierkampf so einfach ist.

Capitan Torres erwartete ihn bereits. Er war kreidebleich.

»Das hat richtig Spaß gemacht«, sagte Eddie. »Kann ich das nächsten Sonntag wieder machen?«

Capitan Torres atmete tief durch, ehe er antwortete. »Jemand«, sagte er, »hat die Stiere vertauscht, wissen Sie. Sie haben soeben gegen den wildesten und gefährlichsten Stier von ganz Amador gekämpft.«

Da fiel Eddie in Ohnmacht.

Juan und seine Gruppe diskutierten wieder einmal, wie man Colonel Bolivar endlich beseitigen könnte.

»Der Mann muß einen besonderen Schutzengel haben«, sagte Juan kopfschüttelnd. »Viermal habe ich es jetzt versucht, und jedesmal schien es ganz sicher zu sein, aber jedesmal ging es schief. Als wäre ein Zauber um ihn.«

»Da ist kein Zauber«, widersprach einer der anderen Männer zornig. »Er ist genauso sterblich wie wir alle. Er kann also auch getötet werden.«