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»Nun, Ihre Masseuse natürlich«, sagte die Frau. »Es ist Zeit für Ihre Massage.«

»Massage?«

»Ja. Wie jeden Mittwoch.« »Ach so, ja.«

Er setzte sich auf. Die Frau war umwerfend schön. Sie hatte in der Mitte des Zimmers bereits einen Massagetisch aufgebaut.

»Wenn Sie sich bitte auf den Tisch legen möchten, Colonel.«

»Ich, äh . gewiß, ja.«

Eddie war noch nie massiert worden.

Er schlang das Bettlaken um sich herum und trippelte zu dem Massagetisch. Die Frau beobachtete ihn verwundert. Der Colonel hatte bisher niemals Hemmungen gehabt, splitternackt vor ihr herumzugehen und sich auf den Massagetisch zu legen.

Eddie legte sich, in sein Laken eingewickelt, auf den Tisch und sagte: »Ich bin bereit.«

Die Masseuse kam herbei, nahm ihm das Laken ab und legte dafür ein kleines Handtuch über ihn.

Dann faßte sie in eine Dose und holte etwas süßriechende Creme heraus, mit der sie ihn einrieb.

Eddie konnte kaum glauben, was für ein wunderbares Gefühl das war, massiert zu werden. Sie knetete seine Muskeln und entspannte ihn damit. Da merkte er erst, wie angespannt und verspannt er zuvor gewesen war. Selbstverständlich angespannt, dachte er bei sich. Ist schließlich nicht so einfach, ein Land zu regieren. Vielleicht bleibe ich überhaupt hier. Vielleicht stirbt Bolivar ja, und ich übernehme dann seine Rolle auf Dauer. Dann kann ich auch Mary und das Baby herkommen lassen. Wir werden ein prima Leben haben. Ich frühstücke jeden Tag im Bett und lasse mich massieren und ...

Und dann war er eingeschlafen.

Als er wieder aufwachte, sagte die Masseuse gerade: »Fertig, Colonel.« Sie beugte sich einladend über ihn. »Haben Sie sonst vielleicht noch einen Wunsch?«

Eddie verneinte kopfschüttelnd. »Ich, äh . « Es war schon schwer, nein zu sagen. »Nein«, sagte er schließlich.

Sie sah richtig enttäuscht aus. »Bitte sehr. Ihre Sauna wartet auf Sie.«

»Sauna?«

»Ja! Sie gehen doch immer in die Sauna nach der Massage.«

Die Sauna war geradezu himmlisch. Er saß in der Hitze der Kabine und fühlte sich vollkommen entspannt und erholt.

So läßt es sich leben, dachte er. Wenn ich heimkomme, lasse ich mir eventuell auch so eine Sauna bauen und veranlasse, daß ich Frühstück ans Bett bekomme und hinterher eine Massage. Mein Theaterstück über den Diktator wird ein Riesenerfolg werden und mich reich machen, da kann ich mir das alles leisten. Ich werde auch selbst berühmt sein. Wegen meiner Hauptrolle in meinem eigenen Stück.

Er verließ die Sauna, duschte und zog sich eine von Colonel Bolivars prächtigsten Uniformen an.

Capitan Torres kam herein.

»Ich habe versucht, Ihren Terminplan so knapp wie möglich zu halten. Aber ein paar Dinge lassen sich einfach nicht vermeiden. Heute vormittag müssen Sie eine Sitzung im Petitionszimmer leiten.«

»Was ist das, das Petitionszimmer?«

»Einmal im Monat erlaubt Colonel Bolivar in seiner Großzügigkeit Bürgern vom flachen Land, herzukommen und ihm ihre Sorgen und Nöte vorzutragen, damit er ihnen helfen kann.«

Eddies Gesicht hellte sich sogleich auf. »Das finde ich aber prima. Das ist wirklich großartig, daß er das tut.«

»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Capitan Torres leicht ungehalten. »Natürlich ist seine Antwort immer nein.«

Eddie sah ihn wieder einmal verständnislos an. »Warum macht er sich dann die Mühe überhaupt erst?«

»Weil es gut aussieht. Lieber Mann, sagen Sie mir, wie viele Diktatoren kennen Sie, die sich aus den Problemen ihres Volkes irgend etwas machen?«

»Nicht viele«, räumte Eddie ein.

»Sehen Sie, Colonel Bolivar ist ein sehr freundlicher und verständnisvoller Mann. Aber er kennt auch das Leben und weiß, daß jeder, dem man den kleinen Finger gibt, gleich die ganze Hand haben will. Das Volk muß ständig an der kurzen Leine gehalten werden.«

»Und was ist das zweite auf meiner Terminliste von heute?« fragte Eddie.

»Ein Besuch im Zoo am Nachmittag.«

»In diesem Gefängnis?«

»Nein, im echten Zoo. Dort kommt ein neuer Panda an, und die Zeitungsfotografen wollen unbedingt ein Bild von Ihnen zusammen mit dem Tier. Das wird dem Volk zeigen, wie human Sie sind.«

»Gut«, sagte Eddie. »Zoos mag ich gern. Das wird mir Spaß machen.«

»Der Zweck Ihres Besuches ist nicht, daß es Ihnen Spaß macht«, sagte Capitan Torres scharf. »Sondern daß etwas für das gute Image von Colonel Bolivar getan wird.«

Das Petitionszimmer war ein sehr großer Raum und jetzt voller Menschen. Auf einem Podium stand ein goldener Sessel, und dorthin geleitete Capitan Torres Eddie.

Er flüsterte ihm noch zu: »Und vergessen Sie nicht, das sind alles nur Unruhestifter. Sie sagen zu allem immer nur nein, verstanden?«

»Ja, ja«, sagte Eddie.

Capitan Torres wandte sich an die Leute und gebot Ruhe. »Die Petitionen können beginnen.«

Ein kleiner, alter Mann humpelte nach vorne. »Colonel, ich bin in großen Schwierigkeiten. Ich war in der Klinik, weil ich sehr krank war und nicht mehr arbeiten konnte und meine Stellung verlor. Jetzt habe ich natürlich kein Geld, meine Krankenhausrechnung zu bezahlen.« Er deutete auf einen Mann, der weiter hinten stand. »Der dort hat mich entlassen und will mir meine Arbeit nicht wiedergeben.«

Eddie sah zu diesem Mann hin. »Kommen Sie doch mal vor«, gebot er.

»Jawohl, Colonel.«

»Haben Sie diesen Mann da entlassen?«

»Ja, natürlich. Wieso soll ich ihn bezahlen, wenn er gar nicht mehr arbeiten kann?«

»Wie lange hat er bei Ihnen gearbeitet?«

»Zwanzig Jahre.«

»Und, war er eine gute Arbeitskraft?«

»Ja, doch, das kann man nicht anders sagen.«

»Und als er krank wurde, haben Sie ihn einfach hinausgeschmissen?«

»Ja sicher!«

»Halten Sie das für fair?«

»Gott, fair«, sagte der Mann. »So ist das nun mal im Geschäftsleben. Das hat doch nichts mit fair zu tun. Sondern mit der Gewinnrechnung. Nicht?«

Eddie wandte sich an den alten Mann. »Sind Sie wieder gesund genug, um ihre frühere Arbeit verrichten zu können?«

»O ja, natürlich, gewiß, Colonel. Der Arzt sagte, ich bin wieder voll arbeitsfähig.«

»Das freut mich zu hören«, sagte Eddie.

Er wandte sich an den Arbeitgeber. »Sie werden den Mann wieder einstellen und ihm seinen ganzen Lohn nachträglich erstatten, den er bekommen hätte, während er krank war, und auch seine Krankenhausrechnung bezahlen.«

Dem Mann blieb der Mund offen. Es dauerte eine Weile, bis er die Sprache wieder fand, um zu stammeln: »Jawohl, Colonel.«

Capitan Torres hätte Eddie am liebsten mit Blicken getötet. Er war außer sich. »Colonel -!« zischte er.

Eddie blickte unschuldig zu ihm hin. »Ja? Ist was, Capitan? Wollten Sie etwas sagen?« »Ich, äh . nein, Colonel.«

»Gut. Dann wollen wir fortfahren.«

Der nächste Fall war eine Frau, die regelmäßig von ihrem Mann verprügelt wurde. Der Mann stand auf und verteidigte sich: »Sie ist doch meine Frau. Mit der kann ich machen, was ich will, oder? Ich gebe ihr ja schließlich ein Dach über dem Kopf und ihr tägliches Essen.«

»Aha«, sagte Eddie. »Und was tut sie dafür? Führt sie Ihnen den Haushalt und putzt?«

»Ja.«

»Und bereitet sie das Essen zu?«

»Ja.«

»Haben Sie Kinder?«

»Drei Jungen.«

»Versorgt sie die?«

»Ja.«

»Also leistet sie ihren ordentlichen Anteil«, sagte Eddie. Er beugte sich vor. »Wenn ich noch einmal höre, daß Sie sie schlagen, wandern Sie in den Kerker, ist das klar?«

Der Mann zitterte. »O nein, Colonel . ich meine, ja, gewiß ... ich werde sie nicht mehr prügeln. Wie Sie befehlen.«

»In Ordnung«, sagte Eddie. »Nächster Fall.«