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Er ging zur Tür und öffnete sie leise. Niemand war in der Nähe. Er ging hinaus auf den Korridor und lautlos bis zum Portal. Er ging fast auf Zehenspitzen, um ja niemanden zu wecken.

Er war schon fast am Tor, als Capitan Torres erschien.

»Wohin wollen Sie denn, sagen Sie mal?«

Eddie schreckte hoch. »W-was?«

»Wo Sie hinwollen?«

»Nirgends«, sagte Eddie. »Nur ein kleiner Spaziergang.«

»Um diese Zeit?«

»Ich gehe gerne ganz früh morgens spazieren.«

»Los, los, zurück in Ihre Suite!« Capitan Torres hatte keinerlei Absicht, den Schauspieler auch nur für kurze Zeit aus den Augen zu lassen.

»Ich will doch nur -«

»Zurück auf Ihr Zimmer!«

»Na, wenn Sie unbedingt darauf bestehen«, sagte Eddie. Er drehte sich um und ging zurück in seine Suite.

Capitan Torres blieb stehen und sah ihm nach, bevor er zu den Palastwachen ging.

»Ein Spezialauftrag!« sagte er zu ihnen. »Es steht zu befürchten, daß jemand ein Attentat auf den Colonel vorhat. Zwei Mann werden ab sofort die Tür zu seinem Schlafzimmer strikt bewachen und ihn auf Schritt und Tritt begleiten, wohin er auch geht. Der Colonel darf nicht eine Sekunde allein gelassen werden. Verstanden?«

»Jawohl, Capitan. Es wird sofort veranlaßt.«

»Gut.«

Eddie hatte nicht die geringste Chance mehr zu entfliehen. Und es war der Tag, an dem er sterben sollte.

Als Eddie in sein Schlafzimmer zurückkam, dachte er sich: Ich warte ein paar Minuten, dann probiere ich es noch einmal. Er wollte dem Capitan Zeit lassen, wieder zurück ins Bett zu gehen.

Nach einer Viertelstunde öffnete er leise erneut die Tür seines Schlafzimmers. Aber da standen nun zwei Wachtposten mit Maschinenpistolen.

»Was macht ihr denn hier?« fragte Eddie.

»Wir haben Befehl zu einer Sonderbewachung für Sie, Colonel. Wir haben an Ihrer Seite zu bleiben, wohin Sie auch gehen.«

»So«, sagte Eddie, dem im Augenblick kein Argument einfiel, sie fortzuschicken. »Aha. Na gut. Danke.«

Er schloß die Tür.

Da schleiche ich mich einfach zum Park hinaus, dachte er.

Aber als er die Tür zum Park hinaus aufmachte, standen auch da zwei schwerbewaffnete Wachtposten.

»Guten Morgen, Colonel.«

»Guten Morgen«, sagte Eddie.

Er ging zurück in sein Schlafzimmer und schloß auch die Tür zum Park hinaus wieder. Mist, dachte er. Jetzt wird es problematisch.

Er griff zum Telefon und rief beim Flughafen-Tower an.

»Tower.«

»Hier spricht Colonel Bolivar. Geben Sie mir noch einmal meinen Piloten.«

Der Pilot kam. »Ja, Colonel.«

»Es gibt eine kleine Verzögerung«, sagte Eddie. »Aber halten Sie das Flugzeug trotzdem startbereit. Ich komme bald.«

»Jawohl, Colonel.«

Eddie legte auf. Wie komme ich bloß hier heraus? fragte er sich.

In der Klinik sprach Capitan Torres mit Colonel Bolivar, der sehr guter Laune war.

»Der Arzt sagt, ich kann heute nach Hause«, erklärte er ihm.

»Das ist großartig.«

»Sie machen nur noch ein paar Tests, aber dann kann ich am späten Nachmittag heraus.«

Capitan Torres sagte mit gefurchter Stirn: »Es ist allerdings dringend notwendig, daß Sie schon heute mittag in den Palast zurückkehren.«

Der Colonel blickte auf. »Wieso denn das?« »Erinnern Sie sich nicht, Colonel? Heute ist doch der nationale Tag der Armee. Da halten Sie doch immer mittags eine große Rede.«

Colonel Bolivar sagte, nun ebenfalls stirnrunzelnd: »Natürlich, richtig, das stimmt.«

Er klingelte nach dem Arzt.

Als er da war, erklärte ihm der Coloneclass="underline" »Ich muß noch heute vormittag die Klinik verlassen.«

Der Doktor aber schüttelte entschieden den Kopf.

»Ausgeschlossen, Colonel. Sie können nicht weg, bevor wir nicht alle Tests abgeschlossen haben. Aus deren Ergebnis erfahren wir doch erst, was für Medikamente wir Ihnen verschreiben müssen, damit Sie nicht womöglich einen schweren Rückfall erleiden.«

Der Colonel und der Capitan sahen einander an.

Colonel Bolivar sagte: »Gibt es denn keine Möglichkeit, daß ich -«

»Tut mir leid«, unterbrach ihn der Arzt. »Die Tests dauern vier Stunden, da ist nichts zu machen. Sie können erst heute nachmittag in Ihren Palast zurückkehren.«

»Na gut«, sagte Colonel Bolivar. »Danke Ihnen, Doktor.«

Der Arzt ging.

»Wo ist der Schauspieler im Augenblick?« fragte der Colonel.

»Ich habe ihn unter strikter Bewachung. Er entkommt nicht.«

»Gut. Heute abend will ich ihn im Kerker haben.«

»Und was ist mit der Rede?« erkundigte sich Capitan Torres.

»Haben Sie sie geschrieben?«

»Gewiß.«

»Gut, dann geben Sie sie ihm, daß er sie liest und vorträgt. Sobald er damit zu Ende ist, lassen Sie ihn zurück in den Palast schaffen und sofort in den Kerker werfen. Lassen Sie ihn keinen Moment aus den Augen.«

»Ganz bestimmt nicht«, versicherte der Capitan.

Eddie saß noch immer in seinem Schlafzimmer und zerbrach sich den Kopf, wie er fliehen könne, als Capitan Torres wieder bei ihm eintrat.

»Wie geht es Colonel Bolivar?« fragte Eddie.

Capitan Torres schüttelte betrübt den Kopf. »Der bedauernswerte Mann ist in keiner guten Verfassung«, log er. »Sieht so aus, als blieben Sie noch eine Weile Diktator.«

Eddie tat so, als freue ihn diese Eröffnung. »Großartig«, sagte er. »Weil mir das wirklich gut gefällt.«

»Sie haben wohl nicht mit dem Gedanken gespielt, heimzukehren, wie?« fragte der Capitan.

»Ich? Nein«, erklärte Eddie im Brustton der Überzeugung. »Nein, nein. Dazu macht mir das hier doch viel zuviel Spaß.«

»So, so«, sagte der Capitan. »Na gut. Da können Sie heute gleich noch mehr Spaß haben. Am Mittag gibt es eine große Kundgebung. Der Platz wird voller Menschen sein. Vor denen halten Sie eine Rede.«

»Im Redenhalten bin ich nicht so gut«, sagte Eddie.

»Das spielt keine Rolle. Die Rede habe ich Ihnen schon geschrieben.«

Er reichte Eddie das Manuskript. »Lesen Sie es durch, lernen Sie es auswendig, und ich hole Sie kurz vor Mittag ab.« Er musterte Eddie eindringlich und sagte: »Wenn Sie einen Spaziergang machen wollen ... Die Wachen werden Sie überallhin begleiten.«

Eddie lächelte schwach. »Sehr aufmerksam von Ihnen, Capitan!«

»Ach, keine Ursache«, sagte Torres. »Aber lernen Sie jetzt die Rede.«

Eddie sah zum Parkfenster hinaus. Die beiden Wachtposten standen nach wie vor da. Daß auch vor der Tür zum Flur Wachen standen, wußte er bereits. Es fiel ihm nichts ein, wie er von hier hinauskommen sollte. Er saß in der Falle. Wenn ich nur einen Autor hätte, dachte er, der mich hier hinausschriebe ...

Er griff nach dem Redemanuskript, das ihm Capitan Torres gegeben hatte, und begann zu lesen.

»Mein geliebtes Volk, wir sind heute hier versammelt, um unserer großen Armee zu gratulieren. Viele Jahre beschützen uns diese tapferen Männer nun schon vor unseren Feinden.«

Eddie dachte: Was denn für Feinde?

Er las weiter. »Da gibt es diejenigen, die unser großes Land vernichten wollen. Aber die Soldaten Amadors haben unsere Grenzen in der Vergangenheit immer gut bewacht, so wie sie es auch in der Zukunft tun werden!«

Eddie fragte sich wieder: Wovon redet der denn da? Der einzige, der versucht, Amador zu vernichten, ist er selbst, Colonel Bolivar!

Er las den Rest der bombastischen Rede, die bis zum Ende im gleichen Ton weiterging.