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Als letzte Miss Pinkerton. Mittwoch früher Ladenschluss. Ellsworthy hätte an dem Tag nach London fahren können. Ob er wohl ein Auto hatte? Habe ihn nie in einem gesehen, doch das beweist nichts. Er wusste, dass sie ihn im Verdacht hatte, und ließ es nicht darauf ankommen, dass Scotland Yard ihrer Erzählung Glauben schenkte. Vielleicht wusste man dort schon etwas von ihm.

Das spricht gegen Ellsworthy. Was spricht nun für ihn? Zunächst einmal ist er bestimmt nicht der Mann, von dem Miss Waynflete vermutete, dass Miss Pinkerton ihn im Sinn hatte. Zweitens passt er nicht zu dem Bild des Mannes, das ich mir selbst gemacht habe. Der Eindruck, den Miss Pinkerton mir vermittelte, war der eines sehr normalen Menschen – das heißt äußerlich –, eines Menschen, den niemand verdächtigen würde. Ellsworthy ist von einer Art, auf die man eher Verdacht hätte. Nein, ich hatte mehr den Eindruck eines Mannes wie – Dr. Thomas.

Also nun Thomas. Wie steht es mit Thomas? Ich hab ihn glatt von der Liste gestrichen, nachdem ich mit ihm geplaudert hatte. Netter, bescheidener Kerl! Höchstens sein Lächeln zum Schluss… Aber das ist ja eben das Bezeichnende bei diesem Mörder – wenn ich nicht die ganze Sache falsch betrachte –, dass er ein netter, bescheidener Bursche ist – der letzte, den man für einen Mörder halten würde! Was genau auf Thomas zuträfe.

Also gehen wir alle noch einmal durch. Warum tötete Dr. Thomas Amy Gibbs? Höchst unwahrscheinlich, dass er es tat! Aber sie ist doch an jenem Tag zu ihm gegangen, und er hat ihr die Flasche mit dem Hustensaft gegeben! Gesetzt den Fall, das war in Wirklichkeit Kleesäure; das wäre sehr einfach und geschickt gewesen! Wer wurde gerufen, als man sie vergiftet fand – Humbleby oder Thomas? Wenn es Thomas war, brauchte er nur eine alte Flasche Hutfarbe in der Tasche mitzubringen, sie unauffällig auf den Tisch zu stellen und dann beide Flaschen zum Analysieren mitzunehmen. So etwas wäre leicht zu bewerkstelligen, wenn man die nötige Frechheit besitzt.

Tommy Pierce? Wieder sehe ich keinen eigentlichen Grund. Das ist die Schwierigkeit bei unserem Dr. Thomas – das Motiv. Nicht einmal ein verrücktes Motiv! Dasselbe bei Carter. Warum sollte Dr. Thomas Carter beiseite schaffen wollen? Man kann nur annehmen, dass Amy, Tommy und der Wirt alle etwas von Dr. Thomas wussten, das ungesund war für sie. Ah! Gesetzt den Fall, dieses Etwas wäre der Tod von Mrs Horton. Dr. Thomas behandelte sie. Und sie starb infolge eines ziemlich unerwarteten Rückfalls; das hätte er leicht in die Wege leiten können. Und Amy Gibbs diente zur Zeit im Hause; sie hätte leicht etwas sehen oder hören können. Tommy Pierce, wurde uns versichert, war ein besonders neugieriger kleiner Junge; er kann etwas herausbekommen haben. Carter kann ich nicht einordnen, außer Amy hat ihm etwas gesagt. Als er betrunken war, mag er darüber geschwätzt haben, und Thomas hat beschlossen, auch ihn zum Schweigen zu bringen. Das alles ist natürlich reine Spekulation. Aber was kann man sonst tun?

Nun Humbleby. Ah! Endlich kommen wir zu einem vollkommen plausiblen Mord. Hinreichendes Motiv und ideale Mittel! Wenn Dr. Thomas seinem Kompagnon nicht zu einer Blutvergiftung verhelfen konnte, so konnte es niemand! Er konnte die Wunde jedesmal, wenn er sie verband, neu infizieren. Ich wollte, die früheren Morde wären etwas wahrscheinlicher.

Miss Pinkerton? Der Fall liegt schwieriger, aber eine Tatsache haben wir: Dr. Thomas war einen guten Teil des Tages nicht in Wychwood. Er gab vor, bei einer Entbindung zu sein. Das mag stimmen, aber die Tatsache bleibt, dass er fern von Wychwood in einem Auto war.

Sonst noch etwas? Ja. Sein Blick, als ich neulich sein Haus verließ: überlegen, herablassend, das Lächeln eines Mannes, der mich eben zum Narren gehalten hatte und es wusste.» Luke seufzte, schüttelte den Kopf und fuhr in seinem Gedankengang fort.

Abbot? Er wäre auch von der richtigen Art: normal, in guten Verhältnissen, geachtet, der letzte, den man usw. usw. Er ist auch eingebildet und zuversichtlich, was Mörder für gewöhnlich sind. Glauben immer, gerade sie werden nicht erwischt werden! Amy Gibbs hat ihn einmal besucht. Warum? Weshalb wollte sie ihn sprechen? Um einen juristischen Ratschlag einzuholen? In welcher Richtung? Oder war es eine persönliche Angelegenheit? Dann ist da der «Brief von einer Dame», den Tommy sah. War der von Amy Gibbs? Oder war es ein Brief, den Mrs Horton schrieb und Amy vielleicht erwischt hatte? Welche andere Dame hätte Mr Abbot in einer so privaten Sache schreiben können, dass er die Selbstbeherrschung verlor, als der Junge ihn sah? Was könnte man sonst noch finden bezüglich Amy Gibbs? Die Hutfarbe? Ja, die richtige altmodische Art – Männer wie Abbot sind meistens nicht auf dem Laufenden, was Frauen angeht. Tommy Pierce? Natürlich wegen des Briefes (es muss wirklich ein sehr kompromittierender Brief gewesen sein!). Carter? Nun, da gab es Unannehmlichkeiten wegen seiner Tochter. Abbot wollte keinen Skandal – dass ein roher Kerl wie dieser blöde Carter es wagte, ihm zu drohen! Ihm, der bei zwei geschickten Morden nicht einmal in Verdacht geraten war! Fort mit Carter! Dunkle Nacht und ein wohlüberlegter Stoß. Wirklich, dieses Umbringen ist fast zu leicht.

Habe ich die Abbotsche Denkweise richtig erfasst? Ich glaube schon. Garstiger Blick im Auge einer alten Dame. Sie denkt sich etwas über ihn… Dann Krach mit Humbleby. Der alte Humbleby wagte es, sich gegen Abbot zu stellen. Gegen Abbot, den gescheiten Rechtsanwalt und Mörder! Der alte Narr, er ahnt nicht, was ihm bevorsteht! Er kommt auch dran!

Und dann – was? Fängt einen Blick aus Lavinia Pinkertons Augen auf. Seine eigenen weichen aus – zeigen Schuldbewusstsein. Er, der sich soviel darauf zugute tat, nicht verdächtigt zu werden, hat nun Verdacht erregt. Miss Pinkerton kennt sein Geheimnis… Sie weiß, was er getan hat… Ja, aber sie kann keine Beweise haben. Aber was, wenn sie welche sucht… Wenn sie redet… Wenn… Er ist ein guter Menschenkenner. Er errät, was sie schließlich tun wird. Wenn sie mit dieser Geschichte zu Scotland Yard geht, glauben sie ihr vielleicht, beginnen vielleicht eine Untersuchung. Es muss etwas Entscheidendes geschehen. Hat Abbot ein Auto oder mietete er eins in London? Auf jeden Fall war er am Derbytag nicht in Wychwood…

Wieder legte Luke eine Denkpause ein. Er hatte sich so in die Sache hineingebohrt, dass er es schwer fand, von einem Verdächtigen zum andern überzugehen. Er musste eine Minute warten, ehe er sich in die Stimmung versetzen konnte, in der er Major Horton als erfolgreichen Mörder betrachten konnte.

Horton brachte seine Frau um, davon müssen wir ausgehen! Er hatte reichlich Gründe dafür und gewann bedeutend durch ihren Tod. Um jeden Verdacht zu entkräften, musste er viel Zuneigung zeigen, auch im Nachhinein. Sollen wir sagen, dass er manchmal ein wenig übertreibt?

Gut, ein Mord ist mit Erfolg erledigt. Wer ist der nächste? Amy Gibbs. Ja, ganz glaubwürdig. Amy war im Haus. Sie kann etwas gesehen haben – wie der Major seiner Frau eine Tasse Bouillon oder so etwas reichte. Sie war sich vielleicht nicht gleich über die Bedeutung dessen, was sie sah, klar. Die Sache mit der Hutfarbe war etwas, das dem Major ganz natürlich einfallen würde – ein sehr männlicher Mann ohne viel Kenntnis von weiblichen Toilettendingen.

Amy Gibbs geht glatt in Ordnung.

Der betrunkene Carter? Dieselbe Sache wie im Fall vorher, Amy hat ihm was erzählt. Wieder ein Mord.

Nun Tommy Pierce. Da kommen wir wieder auf seine neugierige Natur. Hätte der Brief in Abbots Kanzlei wohl eine Klage von Mrs Horton sein können, dass ihr Gatte versuche, sie zu vergiften? Das ist nur eine wilde Vermutung, aber es wäre immerhin möglich. Der Major empfindet Tommy als Bedrohung, also geht Tommy den Weg von Carter und Amy. Alles glatt und einfach. Morden ist leicht? Mein Gott, ja!