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Doch jetzt wird’s schwieriger. Humbleby! Motiv? Sehr dunkel. Humbleby behandelte Mrs Horton ursprünglich. Schöpfte er Verdacht, und beeinflusste Horton seine Frau dahingehend, den jüngeren, weniger misstrauischen Arzt zu nehmen? Wenn ja, was machte aber Humbleby dann so lange nachher noch zu einer Gefahr? Auch die Art seines Todes. Infizierter Finger. Lässt sich nicht gut mit dem Major in Verbindung bringen.

Miss Pinkerton? Das ist ganz gut möglich. Er hat ein Auto, ich habe es gesehen. Und er war nicht in Wychwood an dem Tag, angeblich beim Derby. Es könnte sein – ja. Ist Horton ein kaltblütiger Mörder? Ist er es? Wenn ich das nur wüsste!…

Luke starrte vor sich hin, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt.

Einer von ihnen ist es… Ich glaube nicht, dass es Ellsworthy ist – aber er könnte es sein! Er ist der Wahrscheinlichste! Thomas ist höchst unwahrscheinlich – bis auf die Art von Humblebys Tod. Diese Blutvergiftung deutet entschieden auf einen medizinisch geschulten Mörder! Es könnte Abbot sein – es sprechen zwar nicht soviel Dinge gegen ihn wie gegen die anderen, aber ich kann ihn mir irgendwie in der Rolle vorstellen… Horton könnte es auch sein. Von seiner Frau seit Jahren getreten, sich immer unbedeutend fühlen – ja, er könnte es sein! Aber Miss Waynflete glaubt es nicht, und sie ist nicht dumm – und sie kennt die Leute hier…

Wen hat sie nun in Verdacht, Abbot oder Thomas? Es muss einer von diesen beiden sein… Wenn ich sie direkt anginge – «Welcher von ihnen ist es?» Vielleicht würde ich es dann herausbekommen.

Aber natürlich könnte sie trotz allem unrecht haben. Es gibt keine Möglichkeit, zu beweisen, dass sie recht hat – so wie Miss Pinkertons Prophezeiung sich als richtig herausstellte. Mehr Beweise – das ist’s, was ich brauche. Wenn es noch einen Fall gäbe – nur noch einen –, dann wüsste ich…

Er hielt erschrocken inne.

«Mein Gott», sagte er halblaut. «Was ich verlange, ist noch ein Mord…» 

16

Im Schankzimmer der «Sieben Sterne» trank Luke ein Bier und fühlte sich etwas verlegen. Seine geringste Bewegung wurde von einem halben Dutzend Paar Augen verfolgt, und die Unterhaltung hatte bei seinem Eintreten aufgehört. Luke versuchte es mit ein paar Bemerkungen von allgemeinem Interesse – über die Ernte, das Wetter und die Footballspiele, jedoch ohne Erfolg.

Dann probierte er es mit Galanterie. Er erriet, dass das hübsche Mädchen hinter dem Schanktisch mit dem schwarzen Haar und den roten Wangen Miss Lucy Carter sein müsse.

Seine Avancen wurden freundlich aufgenommen: Miss Carter kicherte und sagte: «Ach, gehen Sie! Das sagen Sie sicher nur so!» und ähnliche Redensarten, doch war das offenbar nur automatische Abwehr.

Da Luke sah, dass er durch längeres Bleiben nichts gewinnen würde, trank er sein Bier aus und ging. Er folgte dem Pfad den Fluss entlang, bis er zu einem Steg kam. Dort blieb er stehen und betrachtete ihn, als eine zittrige Stimme hinter ihm sagte:

«Ja, da ist es, Sir, wo der alte Harry hineingefallen ist.»

Luke wandte sich um und sah einen der Gasthausbesucher, der sich besonders unzugänglich für Gespräche gezeigt hatte. Jetzt fand er offenbar Vergnügen daran, sich als Führer an makabrer Stätte zu betätigen.

«Ist in den Schlamm hineingefallen, ja», fuhr der alte Arbeiter fort. «Direkt in den Schlamm und drin stecken geblieben mit dem Kopf nach unten.»

«Merkwürdig, dass er hier reingefallen ist», sagte Luke.

«Er war betrunken, das war er», erläuterte der Mann nachsichtig.

«Ja, aber er muss diesen Weg doch schon oft betrunken gegangen sein.»

«Beinahe jede Nacht», bestätigte der andere. «War immer besoffen, der Harry.»

«Vielleicht hat ihn jemand hineingestoßen», sagte Luke möglichst beiläufig.

«Das wäre schon möglich», stimmte der andere zu. «Aber ich wüsste nicht, wer das hätte tun sollen», fügte er hinzu.

«Er hätte sich doch Feinde machen können; er hat doch ordentlich geschimpft, wenn er betrunken war, nicht?»

«Was der zusammenredete, ging auf keine Kuhhaut! Legte seine Worte nicht auf die Goldwaage, der Harry! Aber niemand würde doch einen Mann, der betrunken ist, stoßen.»

Luke bestritt diese Behauptung nicht. Es wurde offenbar als höchst unbillig betrachtet, den Zustand eines Mannes, der betrunken war, auszunutzen; der biedere Landbewohner schien allein bei dem Gedanken ganz entrüstet.

«Ja», sagte Luke bedauernd, «es war eine schlimme Sache.»

«Nicht so schlimm für seine Frau», meinte der Alte. «Ich glaube, sie und Lucy sind nicht traurig darüber.»

«Aber es mag andere Leute geben, die froh sind, dass er aus dem Weg ist.»

Der alte Mann schien sich nicht recht klar darüber.

«Mag sein», räumte er ein. «Aber er hat nichts bös gemeint, der Harry.»

Nach diesem Nachruf für den verstorbenen Mr Carter trennten sie sich.

Luke wandte seine Schritte zu jenem alten Haus, in dessen beiden Vorzimmern sich die Bibliothek befand. Luke ging nach hinten und dann durch eine Tür, auf der «Museum» stand, und musterte Schaukasten um Schaukasten mit den nicht sehr begeisternden ausgestellten Dingen – römische Töpferarbeit und Münzen, einige Südsee-Merkwürdigkeiten, ein malaiischer Kopfputz. Verschiedene indische Gottheiten, «Geschenk von Major Horton», sowie ein großer, bösartig dreinsehender Buddha und ein Kasten voll ägyptischer Glasperlen zweifelhaften Werts.

Luke ging wieder in die Halle hinaus. Niemand war dort zu sehen, er ging still die Treppen hinauf und kam in ein Zimmer voller Zeitschriften und Zeitungen und ein zweites mit wissenschaftlichen Werken.

Luke stieg einen Stock höher, da waren die Zimmer mit altem Kram angefüllt. Ausgestopfte Vögel, die aus dem Museum entfernt worden waren, da die Motten drin waren, Stöße von zerrissenen Zeitschriften und Regale voll veralteter sogenannter «schöner» Literatur und Kinderbüchern.

Luke näherte sich dem Fenster. Hier musste es gewesen sein, wo Tommy Pierce gesessen, sich vielleicht eins gepfiffen hatte und eine Fensterscheibe kräftig zu reiben begann, sobald er jemanden kommen hörte.

Jemand war hereingekommen. Tommy hatte eifrig gearbeitet, auf dem Fensterbrett sitzend, zur Hälfte hinausgeneigt und fleißig putzend. Und dann war dieser Jemand zu ihm getreten und hatte ihm während des Plauderns plötzlich einen kräftigen Stoß gegeben.

Luke wandte sich zum Gehen. Er ging die Treppe hinunter und blieb einen Augenblick in der Halle stehen. Niemand hatte ihn beim Hereinkommen bemerkt, niemand ihn hinaufgehen sehen.

«Jeder hätte es tun können!» sagte Luke. «Das Leichteste auf der Welt.»

Er hörte Schritte aus der Richtung Bibliothek kommen. Da er unschuldig war und nichts dagegen hatte, wenn man ihn sah, konnte er bleiben, wo er war. Hätte er nicht gesehen werden wollen, wie leicht wäre er mit einem Schritt wieder im Museum gewesen!

Miss Waynflete kam aus der Bibliothek, einen kleinen Stoß Bücher unter dem Arm; sie zog eben ihre Handschuhe an und schien sich rundum wohl zu fühlen. Als sie ihn sah, erhellten sich ihre Züge, und sie sagte:

«Oh, Mr Fitzwilliam, haben Sie unser Museum angeschaut? Ich fürchte, es ist nicht sehr viel Interessantes dort. Lord Whitfield sprach davon, uns einige wirklich gute Ausstellungsstücke zu beschaffen.»

«Ah, wirklich?»

«Ja, etwas Modernes, wissen Sie, und Zeitgemäßes, so wie es im Wissenschaftlichen Museum in London ist. Er meinte, das Modell eines Aeroplans und einer Lokomotive und auch etwas Chemisches.»

«Das würde etwas Abwechslung schaffen.»

«Ja, ich finde nicht, dass ein Museum sich nur mit der Vergangenheit befassen muss, nicht wahr?»