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Luke war herangekommen.

«Hauen Sie ab», sagte er barsch zum Chauffeur.

Der letztere kam plötzlich wieder zu sich; er sah erschrocken aus.

«Verzeihen Sie, Sir. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, wirklich!»

«Ein paar Gläser zuviel, würde ich sagen», meinte Luke. Er half Lord Whitfield auf die Beine.

«Ich – ich bitte um Verzeihung, Mylord», stammelte der Mann.

«Das wird Ihnen noch leid tun, Rivers», fauchte Lord Whitfield.

Seine Stimme zitterte vor Erregung.

Der Mann zögerte noch einen Augenblick, dann ging er langsam fort.

Lord Whitfield war nicht zu halten. Er legte los:

«Ungeheure Frechheit! Mir das! So zu mir zu reden! Dem Mann wird etwas Ernstliches passieren! Keinen Respekt – keinen Begriff von seiner Stellung. Wenn ich denke, was ich für diese Leute tue – gute Löhne – größte Behaglichkeit – eine Pension, wenn sie sich zurückziehen. Die Undankbarkeit – die gemeine Undankbarkeit…»

Er erstickte fast an seiner Erregung, dann bemerkte er Miss Waynflete, die schweigend dastand.

«Sind Sie es, Honoria? Ich bin außer mir, dass Sie so eine scheußliche Szene mit ansehen mussten. Die Sprache dieses Menschen – »

«Ich fürchte, er war nicht ganz bei sich, Lord Whitfield», sagte Miss Waynflete gemessen.

«Er war betrunken, das war er, betrunken!»

«Ein wenig angeheitert», sagte Luke.

«Wissen Sie, was er getan hat?» Lord Whitfield schaute von einem zum andern. «Hat mein Auto gefahren – privat! – mein Auto! Dachte, ich würde nicht so bald zurück sein. Bridget brachte mich im Zweisitzer nach Lyne. Und dieser Bursche hatte die Frechheit, ein Mädchen – Lucy Carter, glaube ich – in meinem Wagen auszuführen!»

Miss Waynflete sagte sanft:

«Eine höchst ungehörige Sache.»

Lord Whitfield schien etwas getröstet.

«Ja, nicht wahr?»

«Aber ich bin sicher, er wird es bedauern.»

«Dafür werde ich sorgen!»

«Sie haben ihn schon entlassen», bemerkte Miss Waynflete.

Lord Whitfield schüttelte den Kopf.

«Er wird ein schlechtes Ende nehmen, der Bursche.» Er straffte die Schultern.

«Kommen Sie mit ins Haus, Honoria, und trinken Sie ein Glas Sherry.»

«Danke, Lord Whitfield, aber ich muss zu Mrs Humbleby mit diesen Büchern. Gute Nacht, Mr Fitzwilliam. Jetzt wird Ihnen nichts mehr geschehen.»

Sie nickte ihm lächelnd zu und ging rasch fort. Sie ähnelte in diesem Moment so sehr einer Kinderfrau, die ein Kind bei einer Kindergesellschaft abliefert, dass Luke bei dem Gedanken, der ihm plötzlich kam, fast der Atem stockte. War es möglich, dass Miss Waynflete ihn begleitet hatte, um ihn zu schützen? Die Idee schien lächerlich, aber Lord Whitfields Stimme unterbrach seine Grübeleien. «Sehr tüchtiges Frauenzimmer, Honoria Waynflete.»

«Sehr, das glaube ich auch.»

Lord Whitfield ging auf das Haus zu. Er bewegte sich etwas steif, und seine Hand fing an, seine Rückseite sanft zu reiben.

Plötzlich kicherte er.

«Ich war einmal mit Honoria verlobt – vor Jahren. Sie war ein nettes Mädchen – nicht so hager wie heute. Jetzt kommt es mir komisch vor. Ihre Leute waren die Vornehmsten im Ort.»

«Ja.»

Lord Whitfield redete weiter:

«Der alte Colonel Waynflete war der Boss vom Ganzen. Man musste rasch herauskommen und höflich grüßen. Durch und durch alte Schule und hochmütig wie Luzifer.»

Er kicherte wieder.

«Da war der Teufel los, als Honoria erklärte, sie wolle mich heiraten. Sie nannte sich eine Radikale, wollte die Klassenunterschiede aufgehoben sehen. Sie war ein sehr ernsthaftes Mädchen.»

«Also hat die Familie der Romanze ein Ende gemacht?»

Lord Whitfield rieb sich die Nase.

«Nun – eigentlich nicht. Tatsache ist, wir hatten einen Krach wegen etwas. Einen dummen Kanarienvogel hatte sie – einen von der Sorte, die ewig schmettern – ich mag sie nicht – schlimme Geschichte – Hals umgedreht. Nun – nützt nichts, jetzt darüber zu reden. Vergessen wir’s.»

Er schüttelte sich wie ein Mensch, der eine unangenehme Erinnerung loswerden will.

Dann stieß er mit einem Ruck hervor:

«Glaube nicht, dass sie mir je verziehen hat. Nun, vielleicht ist es nur natürlich…»

«Ich glaube schon, dass sie Ihnen verziehen hat», sagte Luke.

Lord Whitfields Gesicht erhellte sich.

«Glauben Sie? Das freut mich. Wissen Sie, ich achte Honoria sehr. Eine tüchtige Frau und eine Dame! Das zählt sogar in diesen Tagen noch immer. Sie leitet die Bibliothek ausgezeichnet.»

Er blickte auf, und seine Stimme bekam einen anderen Klang.

«Hallo», sagte er. «Da kommt Bridget.» 

17

Lukes Muskeln strafften sich, als Bridget näher kam.

Seit dem Tag der Tennispartie hatte er kein Wort mehr mit ihr allein gesprochen. In stillschweigendem Übereinkommen hatten sie sich gemieden. Er warf jetzt einen verstohlenen Blick auf sie.

Sie sah aufreizend ruhig, kühl und gleichgültig aus. Sie sagte leichthin:

«Ich fing an, mir den Kopf zu zerbrechen, was aus dir geworden sein könnte, Gordon.»

Lord Whitfield brummte:

«Ich hatte einen Krach mit dem Kerl, dem Rivers, der die Frechheit hatte, den Rolls heute nachmittag zu nehmen.»

«Lése-majestè», lächelte Bridget.

«Es nützt nichts, einen Spaß darüber zu machen, Bridget. Die Sache ist ernst. Er hat ein Mädchen ausgeführt.»

«Ich vermute, es hätte ihm kaum Vergnügen gemacht, feierlich allein auszufahren!»

Lord Whitfield richtete sich auf.

«Auf meinem Besitz will ich anständiges, moralisches Benehmen haben.»

«Es ist nicht direkt unmoralisch, ein Mädchen auf eine Fahrt mitzunehmen.»

«Doch, wenn es mein Wagen ist.»

«Das ist natürlich ärger als Unmoral! Es ist geradezu Blasphemie. Aber du kannst das Liebesleben nicht gänzlich ausschalten. Gordon. Es ist Vollmond und Johannisnacht.»

«Ah, wirklich?» sagte Luke.

Bridget warf ihm einen Blick zu.

«Das scheint Sie zu interessieren?»

«Gewiss.»

Bridget wandte sich wieder an Lord Whitfield.

«Drei außergewöhnliche Leute sind in der ‹Scheckigen Glocke› angekommen; erstens ein Mann in Kniebundhosen, Brille und einem wundervollen pflaumenfarbenen Hemd! Zweitens ein weibliches Wesen ohne Augenbrauen, bekleidet mit einem lockeren Gewand, Sandalen und mit viel unechten ägyptischen Glasperlen geschmückt. Drittens ein fetter Mann in einem lavendelblauem Anzug und dazu passenden Schuhen. Ich habe sie im Verdacht, Freunde unseres Mr Ellsworthy zu sein! In der Gesellschaftskolumne steht: ‹Man munkelt, dass es heute abend auf der Hexenwiese hoch hergehen soll›»

Lord Whitfield wurde purpurrot und sagte:

«Ich will das nicht haben!»

«Du kannst nichts dagegen tun, Darling. Die Hexenwiese ist öffentliches Eigentum.»

«Ich werde diesen irreligiösen Hokuspokus hier nicht dulden! Ich werde ihn im ‹Scandals› bloßstellen.» Er machte eine Pause und sagte dann: «Erinnere mich, dass ich es mir notiere und mit Siddeley darüber spreche. Ich muss morgen in die Stadt.»

«Lord Whitfields Feldzug gegen Hexerei», bemerkte Bridget vorlaut. «Mittelalterlicher Aberglauben in stillem Landstädtchen.»

Lord Whitfield starrte sie verständnislos und stirnrunzelnd an, dann drehte er sich um und ging ins Haus.

Luke sagte freundlich:

«Sie müssen Ihre Rolle besser spielen als eben jetzt, Bridget!»

«Wie meinen Sie das?»

«Es wäre schade, wenn Sie Ihre Stelle verlieren würden! Jene hunderttausend haben Sie noch nicht und auch nicht die Diamanten und Perlen. Ich würde bis nach der Trauung mit der Ausübung meiner sarkastischen Talente warten, wenn ich Sie wäre.»