«Es sind natürlich nur sehr schwache Beweisstücke», schloss er. «Aber, Bridget, gerade als ich fortgehen wollte, kam Ellsworthy zurück. Und ich sage Ihnen – der Mann ist total verrückt!»
«Glauben Sie wirklich?»
«Ich sah sein Gesicht – es war – unbeschreiblich! Gott weiß, was er getan hat! Er war in einem Delirium wilder Erregung. Und seine Hände waren voller Flecken – ich könnte schwören – von Blut.»
Bridget erschauerte.
«Grässlich…», murmelte sie.
Luke sagte gereizt:
«Sie hätten nicht allein ausgehen sollen, Bridget. Es war direkter Wahnsinn. Jemand hätte Ihnen einen Schlag auf den Kopf versetzen können!»
Sie lachte unsicher.
«Dasselbe hätte Ihnen passieren können, mein Lieber.»
«Ich kann schon auf mich aufpassen.»
«Ich kann auch recht gut auf mich Acht geben. Hartgesotten, meine ich, würden Sie mich nennen.»
Ein scharfer Windstoß kam. Luke sagte plötzlich:
«Nehmen Sie die Kapuze da fort.»
«Warum?»
Mit einer unerwarteten Bewegung haschte er nach ihrem Mantel und riss ihn herab. Der Wind verfing sich in ihrem Haar und blies es in einer geraden Linie von ihrem Kopf weg. Sie starrte ihn rasch atmend an.
Luke sagte:
«Sie sind entschieden unvollständig ohne einen Besen, Bridget. So sah ich Sie zum ersten Mal.» Er starrte sie noch eine Minute an und bemerkte: «Sie sind ein grausamer Teufel.»
Mit einem heftigen, ungeduldigen Seufzer warf er ihr den Mantel wieder zu.
«Da – nehmen Sie ihn um. Gehen wir nach Hause.»
«Warten Sie…»
«Warum?»
Sie trat an ihn heran. Sie sprach mit leiser, atemloser Stimme. «Weil ich Ihnen etwas zu sagen habe – das ist auch teilweise der Grund, warum ich auf Sie gewartet habe – hier draußen vor dem Haus. Ich will es Ihnen jetzt sagen – bevor wir hineingehen – in Gordons Haus…»
«Nun?»
Sie lachte kurz auf – etwas bitter klang es.
«Oh, es ist ganz einfach. Sie haben gewonnen, Luke, das ist alles!»
Er sagte heftig:
«Was meinen Sie damit?»
«Ich meine, dass ich die Idee, Lady Whitfield zu werden, aufgegeben habe.»
Er trat einen Schritt näher.
«Ist das wahr?» fragte er.
«Ja, Luke.»
«Du wirst mich heiraten?»
«Ja.»
«Warum?»
«Ich weiß es nicht. Du sagst so scheußliche Dinge zu mir – und ich glaube, ich höre sie gern…»
Er nahm sie in die Arme und küsste sie.
«Es ist eine verrückte Welt!»
«Bist du glücklich, Luke?»
«Nicht besonders.»
«Glaubst du, dass du je mit mir glücklich sein wirst?»
«Ich weiß es nicht. Ich will es riskieren.»
«Ja – das fühle ich auch…»
Er schob seinen Arm unter den ihren.
«Wir sind ein etwas seltsames Paar, mein Herz. Komm! Vielleicht werden wir morgen früh normaler sein.»
«Ja – es ist etwas erschreckend, wie die Dinge einem geschehen…» Sie schaute hinunter und riss an seinem Arm. «Luke – Luke – was ist denn das…»
Der Mond war aus den Wolken herausgetreten. Luke blickte hinunter, wo Bridgets Schuh vor einer zusammengesunkenen Masse zurückgezuckt war.
Mit einem erschrockenen Ausruf machte er seinen Arm frei und kniete nieder. Er schaute von dem formlosen Haufen zu dem Torpfeiler hinauf. Die Ananas war fort.
Endlich erhob er sich. Bridget stand da, beide Hände auf ihren Mund gepresst.
«Es ist der Chauffeur – Rivers. Er ist tot…»
«Dieses scheußliche steinerne Ding – es war schon einige Zeit locker – der Wind hat es wahrscheinlich heruntergeweht?»
Luke schüttelte den Kopf.
«Der Wind könnte so etwas nicht machen. Oh! So soll es ausschauen – das soll es sein – wieder ein Unfall! Aber das ist ein Schwindel. Es ist wieder der Mörder…»
«Nein – nein, Luke – »
«Ich sage dir, es ist so. Weißt du, was ich an seinem Hinterkopf gespürt habe – zusammen mit dem Klebrigen – Sandkörner! Hier herum ist kein Sand. Ich sag dir, Bridget, jemand hat ihn erschlagen, als er durch das Tor zurück in sein Häuschen wollte. Dann wurde er hierher gelegt und diese Ananas auf ihn gerollt.»
Bridget sagte schwach:
«Luke – es ist Blut – an deinen Händen…»
Luke sagte grimmig:
«Es war Blut an den Händen von jemand anderem. Weißt du, was ich noch heute nachmittag dachte – dass, wenn es noch ein Verbrechen gäbe, wir sicherlich wüssten… Und wir wissen es jetzt! Ellsworthy! Er war heute abend aus und kam mit Blut an den Händen hüpfend und tanzend und verrückt zurück – trunken in dem frohlockenden Rausch des mörderischen Irren…»
Auf den Toten hinabsehend, erschauerte Bridget und sagte mit leiser Stimme:
«Armer Rivers…»
Luke sagte mitleidig:
«Ja, armer Kerl! Es ist verdammtes Pech. Aber das wird der letzte sein, Bridget! Nun, da wir Bescheid wissen, werden wir ihn kriegen!»
Er sah sie schwanken, und mit zwei Schritten war er bei ihr und hatte sie in seinen Armen aufgefangen.
Sie flüsterte mit schwacher, kindlicher Stimme:
«Luke, ich fürchte mich…»
«Es ist alles vorüber, Darling. Alles ist vorüber…»
18
Dr. Thomas starrte über seinen Schreibtisch hinweg Luke an.
«Merkwürdig», sagte er. «Höchst merkwürdig! Sie meinen das wirklich im Ernst, Mr Fitzwilliam?»
«Absolut. Ich bin überzeugt davon, dass Ellsworthy ein gefährlicher Irrer ist.»
«Ich habe dem Mann keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ich gebe jedoch zu, dass er möglicherweise einen anormalen Typus repräsentiert.»
«Ich gehe bedeutend weiter», sagte Luke grimmig.
«Sie glauben ernstlich, dass dieser Rivers ermordet wurde?»
«Jawohl. Sie haben die Sandkörner in der Wunde bemerkt?»
Dr. Thomas nickte.
«Nach Ihrer Mitteilung habe ich danach Ausschau gehalten und muss zugeben, dass Sie recht hatten.»
«Das zeigt doch, dass der Unfall nur vorgetäuscht und der Mann durch einen Schlag mit einem Sandsack getötet wurde – oder wenigstens betäubt.»
«Nicht unbedingt.»
«Wie meinen Sie das?»
Dr. Thomas lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen gegeneinander.
«Nehmen wir an, dass dieser Rivers untertags in einer Sandgrube lag – es gibt in der Gegend mehrere –, das würde die Sandkörner in seinem Haar erklären.»
«Mann, ich sage Ihnen, er wurde ermordet!»
«Sie können es mir sagen», konterte Dr. Thomas trocken, «aber das macht es noch nicht zur Tatsache.»
Luke beherrschte seine Erbitterung.
«Sie glauben vermutlich nicht ein Wort von dem, was ich Ihnen erzählt habe?»
Dr. Thomas lächelte, ein freundliches, überlegenes Lächeln. «Sie müssen zugeben, Mr Fitzwilliam, dass es eine phantastische Geschichte ist. Sie behaupten, dass dieser Ellsworthy ein Dienstmädchen, einen kleinen Jungen, einen betrunkenen Wirt, meinen Kollegen und schließlich diesen Mann, den Rivers, getötet hat!»
«Sie glauben es nicht?»
Dr. Thomas zuckte mit den Achseln.
«Dr. Humblebys Fall ist mir einigermaßen bekannt, und es scheint mir völlig unmöglich zu sein, dass Ellsworthy seinen Tod verursacht haben könnte; ich sehe auch nicht ein, wie Sie irgendwelche Beweise dafür beibringen könnten.»
«Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat», gestand Luke, «aber es hängt alles mit Miss Pinkertons Geschichte zusammen.»
«Da behaupten Sie wieder, dass Ellsworthy ihr nach London gefolgt ist und sie mit dem Auto überfahren hat. Und sie haben wieder nicht den Schatten eines Beweises, dass das geschehen ist! Das sind alles – nun – Phantasien!»
Luke sagte scharf:
«Nun, wo ich weiß, wo ich dran bin, wird es meine Sache sein, Beweise zu beschaffen. Ich fahre morgen nach London, um mit einem alten Freund zu reden, der bei Scotland Yard ist. Er kennt mich und wird mich anhören. Eins bin ich sicher, er wird eine gründliche Untersuchung der ganzen Sache anordnen.»