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Eine Ewigkeit, wie es ihm schien, stand das Geschöpf da und blickte ihn an, und dann, ganz langsam, senkte es seine Waffe, wandte sich ruhig um und verschwand im Unterholz. Und nur einen Moment später folgte ihm auch der zweite Dinosauroide.

Trautman und dem Rest der Gruppe, die kaum zwei Minuten später, angelockt durch den Lärm und die Schreie, vollkommen atemlos bei ihnen anlangten, blieb angesichts des toten Dinosauriers nichts anderes übrig, als die Geschichte zu glauben, die Ben und Mike zu erzählen hatten. Sein Blick irrte immer wieder über den Leib des gestürzten Riesen, als müsse er sich unentwegt selbst davon überzeugen, daß das, was er zu sehen glaubte, auch wahr war.

»Unglaublich«, murmelte Trautman dann. »Das... das rückt alles, was wir bisher erlebt haben, in ein völlig anderes Licht, ist euch das klar? Sie haben uns die ganze Zeit über beobachtet. Sie wußten von Anfang an, daß wir hier sind. Wir haben geglaubt, wir wären allein, aber vermutlich haben wir keinen Schritt getan, von dem sie nichts wissen. «

»Und warum haben sie uns dann nicht längst überfallen und verschleppt, wie sie es mit Annies Leuten getan haben?« fragte Ben. Er wies mit einer Kopfbewegung auf das Mädchen. Annie hatte auf den Anblick des Sauriers ganz anders reagiert, als sie erwartet hatten: Er schien sie nicht im geringsten zu erschrecken. Ganz im Gegenteil sie hatte sich zu Singh und Juan gestellt, die den Kadaver des toten Kolosses untersuchten. »Keine Ahnung«, antwortete Trautman. »Allmählich komme ich zu dem Schluß, daß wir überhaupt nichts wissen. Vielleicht ist alles ganz anders, als wir glauben. «

»Und was soll das nun wieder bedeuten?« murrte Ben.

Er hatte wohl nicht mit einer Antwort gerechnet, und er bekam auch keine, und so wandte er sich auf der Suche nach einem anderen Opfer für seine miserable Laune an Mike und funkelte ihn an. »Du bist mir vielleicht ein Held!« sagte er. »Warum hast du nicht gleich auf mich geschossen? Wenn man Kindern eine Waffe in die Hand gibt - das muß ja schief gehen. «

Richtig, sagte Astaroth. Wie gut, daß er das Gewehr nicht hatte. Mike setzte dazu an, Ben etwasÄhnliches zu sagen, aber Trautman kam ihm zuvor. »Sei still, Ben«, sagte er. »Was hätte er tun sollen?«

»Jedenfalls nicht unsere einzige Patrone verschwenden, um auf Großwildjagd zu gehen!« antwortete Ben erregt. »Sondern -«

»-auf den Dinosauroiden schießen?« fiel ihm Chris ins Wort. Er tippte sich bezeichnend an die Stirn. »Prima Idee. Dann hätte der Saurier zuerst den anderen Echsenmann und dann euch gefressen. « Bens Gesicht färbte sich langsam dunkelrot. »Du -« »Genug!« unterbrach ihn Trautman nun in scharfem Tonfall. »Chris hat recht. Mike hat das einzig Richtige getan. Er hat euch beide gerettet und die beiden fremden Wesen ebenfalls. Wahrscheinlich haben sie euch nur deshalb gehen lassen. «

»Aus lauter Dankbarkeit, wie?« höhnte Ben. »Ich glaube eher, daß sie abgehauen sind, um mit Verstärkung wiederzukommen. «

»Das haben sie wohl kaum nötig«, erwiderte Trautman. Er blickte wieder den reglos daliegenden Saurier an.

»Mein Gott, was für eine furchtbare Waffe. Und du sagst, sie haben nur dreimal auf ihn geschossen?« Mike nickte. »Ja. Und ich glaube, der erste Schuß hat nicht einmal richtig getroffen, sonst wären vielleicht nur zwei Schüsse nötig gewesen. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Die Dinger waren winzig

- kaum so groß wie eine Pistole. «

»Und trotzdem haben sie diesen Giganten getötet. « Trautman schüttelte sich.

»Nein«, sagte Singh in diesem Moment. »Haben sie nicht. «

Trautman richtete sich kerzengerade auf. »Wie?« »Er ist nur bewußtlos«, antwortete Singh. »Aber keine Angst. Ich glaube, daß es noch sehr lange dauert, bis er wieder zu sich kommt. « »Das Ding... lebt noch?

« krächzte Ben. Er wurde blaß, und auch die anderen wichen ein kleines Stück von dem reglos daliegenden Saurier zurück. »Nichts wie weg hier!«

Trautman machte eine beruhigende Geste. »Ja, der Meinung bin ich auch -aber aus anderen Gründen. Und wir sollten jetzt nicht die Nerven verlieren und in Panik geraten. « Er wandte sich an Mike. »In welcher Richtung sind sie verschwunden?« Mike deutete hinter sich. »Dorthin... glaube ich. « »Das ist die Richtung, in der die Herde zieht. « Trautman dachte einen Moment nach. »Das könnte passen. Und dazu das Gewehr... « Plötzlich streckte er die Hand aus, nahm Mike die ohnehin nutzlose Waffe ab und ging damit zu Annie. Mike hielt instinktiv den Atem an, als er sich neben dem Mädchen in die Hocke

sinken ließ und ihr das Gewehr entgegenstreckte. »Kennst

du das?« fragte er.

Annie betrachtete das Gewehr eine Sekunde lang stirnrunzelnd. Dann hellte sich ihr Gesicht auf, und sie nickte heftig. »Es gehört meinem Vater«, sagte sie. »Bestimmt?«

»Hier, sehen Sie«, sagte Annie und deutete auf die Initialen J. M., die in den Griff eingraviert waren. »James Mason. So heißt mein Dad. « Sie sah zu Mike herüber. »Hast du ihn damit erschossen?« Mike fing im letzten Moment Trautmans warnenden Blick auf. Offensichtlich glaubte Annie, daß er den Saurier erlegt hatte. Vielleicht war es besser, sie ließen sie noch für eine Weile in diesem Irrtum. Daß das Mädchen so gar keine Furcht mehr zeigte, war unheimlich genug, aber er wußte, daß das weniger mit Tapferkeit zu tun hatte als vielmehr mit der Fähigkeit kleiner Kinder, einen Schrecken, der zu groß war, um ihn zu ertragen, einfach zu verdrängen. »Es hat uns geholfen, ja«, antwortete er ausweichend. »Dann werdet ihr auch meinen Dad und die anderen befreien«, sagte Annie. »Ihr seid stärker als die Drachen. «

»Wir werden es jedenfalls versuchen«, sagte Trautman. Er lächelte aufmunternd. »Kein Angst. Wir finden sie schon. « Er richtete sich wieder auf und machte eine verstohlene Geste zu Serena. Die Atlanterin trat neben Annie, legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie ein kleines Stück zur Seite; gerade weit genug, damit sie nicht mehr hören konnte, was sie redeten. Trotzdem senkte Trautman die Stimme, als er fortfuhr. »Das Gewehr gehört ihrem Vater. Das bedeutet, daß er wahrscheinlich noch

ganz in der Nähe ist, ebenso wie die anderen. «

»Und?« fragte Ben mißtrauisch.

»Also haben wir eine Chance, sie zu finden«, antwortete Trautman. Ben wurde noch blasser, als er sowieso schon war. »Ich schlage vor, daß wir zum Fluß hinuntergehen und dort warten, bis es dunkel geworden ist«, schlug Trautman vor. »Und dann?« fragte Ben nervös.

»Die Herde kann nicht so weit vor uns sein«, sagte Trautman. »Mit ein bißchen Glück und entsprechender Vorsicht können wir uns ihnen vielleicht nähern, ohne daß sie uns bemerken. Astaroth könnte vorausgehen und versuchen, Annies Familie aufzuspüren. Glaubst du, daß du das schaffst?«

Die Frage war an den Kater gerichtet, der Mike auch prompt antwortete: Ob ich glaube, daß ich es schaffe? Will der mich beleidigen? Ohne mich wärt ihr doch alle vollkommen aufgeschmissen gewesen! Ich schleiche mich quer durch ihr Lager und wieder zurück und klaue ihnen die Kronjuwelen, wenn es sein muß, ohne daß sie es auch nur merken! Ob ich es schaffe! Das ist ja wohl eine Unverschämtheit.