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Von den Anwesenden begriffen die, die mit dem fraglichen Spiel bekannt waren, sofort den Gedankengang William I. Hypperbone’s. Es konnte in der That als glücklicher Umstand angesehen werden, daß er die Staaten der Union genau auf dreiundsechzig Felder vertheilen konnte. Die Zuhörerschaft ließ ihren Beifallsbezeugungen freien Lauf und bald jubelte auch die Straße dem geistreichen Einfalle des Testators zu.

Meister Tornbrock las weiter.

»Ich hatte nun noch den von den fünfzig Staaten zu bestimmen, der oder dessen Name auf der Karte dreizehnmal vorkommen sollte. Wie hätte ich da einen besseren wählen können, als den, dessen prächtige Ufer der Michigansee badet, den, der sich einer Stadt wie der unserigen rühmen kann, einer Stadt, die Cincinnati schon seit fast einem halben Jahrhundert den Titel, Königin des Westens’ entrissen hat, unser Illinois, das begnadete Land, das der Michigansee im Norden, der Ohio im Süden, der Mississippi im Westen und der Wabash im Osten einrahmt, den Staat, der gleichzeitig ein Festland und eine Insel bildet und sich zum ersten Range unter den Staaten der Bundesrepublik emporgeschwungen hat.«

Neue donnernde Hurrahs und Hipps, bei denen die Wände des Saales erzitterten, und deren Schall, als sie von einer übermäßig erregten Menge wiederholt wurden, das ganze Quartier der Stadt erfüllte.

Diesmal mußte der Notar seine Lectüre mehrere Minuten lang unterbrechen. Endlich trat wieder etwas Ruhe ein.

»Weiter handelt es sich, so las er vor, darum, die Personen zu bestimmen, die berufen sein sollten, auf dem ungeheueren Gebiete der Vereinigten Staaten zu spielen, indem sie sich nach der in dieser Mappe enthaltenen Karte richteten, die in Millionen von Abzügen verbreitet werden soll, damit jeder Bürger den Wechselfällen des sich entwickelnden Spiels folgen könne. Die Theilnehmer, sechs an der Zahl, sollen aus den Einwohnern unserer Stadt durch das Los bestimmt werden und müssen bei der Eröffnung meines Testaments auf der Bühne des Auditoriums anwesend sein. Sie werden sich persönlich nach jedem Staate zu begeben haben, den die Zahl der geworfenen Augen angiebt, und dort nach dem Orte, den ihnen mein Testamentsvollstrecker entsprechend einer unten angefügten Bestimmung mittheilen wird.«

Das war also die den »Sechsen« vorbehaltene Rolle. Die Laune des Würfelfalls sollte ihnen den Weg durch die Vereinigten Staaten vorschreiben!… Sie waren die Steine oder Figuren dieser ohnegleichen dastehenden Partie…

Wenn Tom Crabbe von der Idee William I. Hypperbone’s nichts begriff, lag das doch anders bei dem Commodore Urrican, bei Harris T. Kymbale, Hermann Titbury, Max Real und bei Lissy Wag. Diese sahen einander an, und die übrigen Anwesenden starrten sie wie ganz besondere, außerhalb der Menschheit gestellte Geschöpfe an.

Jetzt erübrigte es noch, die letzten, von dem Entschlafenen ausgeklügelten Bedingungen kennen zu lernen.

»Von vierzehn Tagen nach der Verlesung meines Testaments an, sagte er hierüber, wird Meister Tornbrock pünktlich um acht Uhr morgens und im Beisein von mehreren Mitgliedern des Excentric Club alle zwei Tage eigenhändig den Würfelbecher schütteln, die geworfene Augenzahl laut ansagen und diese Zahl mittelst Telegrammes nach dem Orte melden, wo sich jeder Spieltheilnehmer bei Strafe des Ausschlusses von der Partie eben aufzuhalten hat. Bei der Leichtigkeit und Schnelligkeit der Personenbeförderung im ganzen Bundesgebiete, dessen Grenzen keiner der ›Sechs‹ unter Strafe der Disqualificierung überschreiten darf, habe ich vorausgesetzt, daß vierzehn Tage für jede Ortsveränderung, wie groß die dabei zurückzulegende Strecke auch sein mag, völlig ausreichen müßten.«

Es liegt auf der Hand, daß Max Real, Hodge Urrican, Harris T. Kymbale, Hermann Titbury, Tom Crabbe und Lissy Wag, wenn sie sich zur Theilnahme an dem nicht von den Griechen, sondern von den Franzosen erneuerten und jetzt von William I. Hypperbone wenigstens »erweiterten« Spiele entschlossen, auch verpflichtet sein würden, dessen Regeln streng einzuhalten. Unter welchen Verhältnissen sollten aber jene tollen Fahrten durch die Vereinigten Staaten vor sich gehen?

»Die ›Sechs‹, sagte Meister Tornbrock inmitten tiefen Schweigens, werden auf eigene Kosten reisen und auch aus eigenem Beutel die bei der Erreichung des oder jenes Feldes, mit andern Worten, des oder jenes Staates fällig werdenden Einsätze decken. Der einfache Satz dafür wird tausend Dollars betragen. Der Spieler, der auch nur mit einer einzigen Zahlung im Rückstande bleibt, ist von der weiteren Theilnahme ausgeschlossen.«

Tausend Dollars, und wenn man obendrein – bei einigem Mißgeschick – befürchten muß, sie mehreremale zu opfern, das konnte schon eine recht hübsche Summe ausmachen.

Es wird also nicht wundernehmen, daß Hermann Titbury jetzt eine Grimasse machte, die sich gleichzeitig in dem vollblütigen Gesicht seiner Gattin wiederholte. Die Verpflichtung, Einsätze von je tausend Dollars zu leisten, wenn der Verlauf des Spieles sie verlangte, war, wenn nicht für alle, doch jedenfalls für einige der Theilnehmer ziemlich drückend.

Freilich fanden sich gewiß willige Leute, die von den »Sechs«, die die beste Aussicht zu gewinnen hatten, mit Geld zu unterstützen. Hier eröffnete sich ja ein neues Gebiet für die brennende Speculationswuth der Bürger des freien Amerika.

Das Testament enthielt noch einige interessante Bestimmungen. Zunächst geben wir hier die Erklärung über die Vermögensverhältnisse William I. Hypperbone’s wieder.

»Mein Vermögen an bebauten oder unbebauten Grundstücken, an Industriepapieren, Bank-und Eisenbahnactien, die im Bureau des Notars Tornbrock niedergelegt sind, wird etwa sechzig Millionen Dollars betragen.«

Diese Mittheilung wurde mit einem Murmeln der Befriedigung aufgenommen. Man wußte es dem Verstorbenen Dank, ein so ansehnliches Erbe hinterlassen zu haben, denn diese Zahl erschien auch in dem Lande der Gould, Bennett und Vanderbilt, der Astor, Bradley-Martin, Hatty Green und Hutchinson, der Corrol, Prior und Morgan Slade, der Lennox, Rockfeller, Schemeorn, der Richard King wie der May Gaclet, der Königinnen der Schülerinnen und weiblichen Pfleglinge, und anderer Milliardaire, der Zucker-, Getreide-, Mehl-, Erdöl-, Eisenbahnen-, Kupfer-, Silber-und Goldkönige nicht zu verachten. Jedenfalls konnten der oder die von den »Sechs«, denen diese Hinterlassenschaft ganz oder zum Theil zufiel, damit zufrieden sein. Doch was gehörte dazu, sie zu erlangen?

Meister Tornbrock verlas folgendes…(S. 64.)

Auf diese Frage antwortete das Testament mit folgenden Zeilen:

»Bekanntlich ist der Sieger im Edlen Gänsespiel der, der zuerst das dreiundsechzigste Feld erreicht. Dieses Feld wird aber nur endgiltig erobert, wenn die Zahl der Augen des letzten Wurfes den Spieler genau dahin bringt. Würden mehr Augen geworfen, so muß er um so viele Felder, wie es zu viel Augen waren, zurückgehen. Bei strenger Befolgung aller Regeln wird der Erbe meines ganzen Vermögens dann der von den Partnern sein, der von dem dreiundsechzigsten Felde Besitz nimmt, mit anderen Worten zuerst in den dreiundsechzigsten Bundesstaat, d. h. zum vierzehntenmale nach Illinois kommt.«

Also nur ein Gewinner… der zuerst Ankommende!… Nach so vielen Mühen, Gemüthserregungen und Geldopfern lohnte dessen Reisegenossen nichts… gar nichts?…

Doch, doch; der zweite sollte eine Entschädigung erhalten und in gewissem Grade belohnt werden.

»Der zweite, hieß es im Testament, das heißt der, der bei Beendigung der Partie dem dreiundsechzigsten Felde am nächsten sein wird, soll die Summe erhalten, die sich durch die eingekommenen Tausenddollarseinsätze ergiebt und die durch das Spiel des Zufalls eine recht beträchtliche werden kann. Möge er davon einen recht nützlichen und vernünftigen Gebrauch zu machen verstehen!«