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»Ich weiß es wirklich nicht mehr genau«, sagte sie. »Aber ich bin seit sechs Jahren nicht rückfällig geworden.« »Großartig«, sagte Nate, gleichsam von einem Süchtigen zum anderen. »Gut für Sie.«

Danach sprachen die beiden über alles, als wären sie allein. Nate musste sie nach privaten Dingen fragen und bat dafür um Entschuldigung. Er erkundigte sich nach dem Verbleib ihrer fünf Millionen, und sie erzählte, durchaus nicht ohne Humor, Geschichten von guten Drogen und schlechten Männern. Im Unterschied zu ihren Brüdern hatte Libbigail einen festen Halt im Leben gefunden. Er hieß Spike, ein früherer Motorradfahrer, der ebenfalls Entziehungskuren durchgemacht hatte. Sie lebten in einem kleinen Haus in einem Vorort von Baltimore.

»Was würden Sie tun, wenn Sie ein Sechstel des Nachlasses Ihres Vaters bekämen?« fragte Nate.

»Erst einmal richtig einkaufen«, sagte sie. »Das würde wohl jeder tun, Sie bestimmt auch. Aber diesmal würde ich vernünftig mit dem Geld umgehen, wirklich vernünftig.«

»Was würden Sie als erstes kaufen?«

»Die größte Harley, die es gibt, für Spike. Dann ein hübscheres Haus als unser jetziges, aber keine protzige Villa.« Ihre Augen glänzten, während sie das Geld ausgab.

Ihre Befragung dauerte keine zwei Stunden. Auf sie folgte ihre Schwester Mary ROSS Phelan Jackman, die Nate ebenfalls anstarrte, als hätte er Reißzähne. Von den fünf erwachsenen Phelan-Kindern war Mary ROSS als einzige noch mit ihrem ersten Ehepartner zusammen, einem Orthopäden, für den es aber schon die zweite Ehe war.

Sie war geschmackvoll gekleidet und trug hübschen Schmuck.

Die Antworten auf die ersten Fragen ergaben, dass auch sie sich übermäßig lange auf dem College herumgedrückt hatte, doch ohne Drogensucht, Verhaftungen oder Zwangsexmatrikulation. Mit dem väterlichen Geld war sie drei Jahre lang in die Toskana und zwei weitere Jahre nach Nizza gezogen. Mit achtundzwanzig hatte sie den Orthopäden geheiratet, dann zwei Kinder bekommen. Die Mädchen waren inzwischen sieben und fünf Jahre alt. Wie viel von den fünf Millionen noch vorhanden war, ließ sich nicht genau feststellen. Ihr Mann kümmerte sich um die Bankgeschäfte, und Nate vermutete, dass sie zu den Leuten gehörten, die zwar wohlhabend sind, aber enorme Schulden haben. Das von Josh zur Verfügung gestellte Material über Mary ROSS führte ein großes Haus und teure Importwagen, eine Eigentumswohnung in Florida und ein geschätztes Jahreseinkommen des Orthopäden von 750000 Dollar auf. Er zahlte jeden Monat zwanzigtausend an eine Bank, seine Abzahlungsrate für ein fehlgeschlagenes Unternehmen, bei dem er gemeinsam mit einem Partner sämtliche Autowaschanlagen im nördlichen Teil Virginias in seine Hand hatte bringen wollen.

Außerdem besaß der Orthopäde eine Wohnung in Alexandria, wo er eine Geliebte unterhielt. Man sah Mary ROSS und ihren Mann nur selten zusammen. Nate beschloss, nicht darauf einzugehen. Mit einem Mal hatte er es eilig, achtete aber sehr darauf, das nicht zu zeigen.

Ramble schlurfte nach der Mittagspause mit seinem Anwalt Yancy herein, der offensichtlich völlig durcheinander war, weil sein Mandant ein intelligentes Gespräch führen sollte. Inzwischen waren die Haare des Jungen leuchtend rot, was irgendwie zu seinen Pickeln passte. Sein ganzes Gesicht schien seiner Piercing-Sucht zum Opfer gefallen zu sein, alles saß voller Ringe und Stecker. Den Kragen seiner schwarzen Lederjacke hatte er hochgeschlagen wie James Dean, so dass er an seine Ohrringe stieß.

Nach wenigen Fragen war klar, dass der Junge so dumm war, wie er aussah. Da er bisher noch keine Gelegenheit gehabt hatte, Geld zu verschleudern, stellte ihm Nate kaum eine Frage dazu. Sie einigten sich darauf, dass er selten zur Schule ging, allein im Keller lebte, noch nie Geld verdient hatte, gern Gitarre spielte und schon bald ein richtiger Rockstar sein wollte. Seine neue Gruppe trug den passenden Namen Demon Monkeys, doch war er nicht sicher, ob es klug war, unter diesem Namen Aufnahmen zu machen. Er trieb keinen Sport, hatte noch nie eine Kirche von innen gesehen, sprach so wenig wie möglich mit seiner Mutter und sah am liebsten MTV, wenn er nicht schlief oder Musik machte.

Diesen verkorksten Jungen zu therapieren würde eine Milliarde Dollar kosten, dachte Nate bei sich. Er war in weniger als einer Stunde mit ihm fertig.

Die letzte Zeugin der Woche war Geena. Vier Tage nach dem Tod ihres Vaters hatte sie mit ihrem Mann Colby den Kaufvertrag für ein Haus unterschrieben, das knapp vier Millionen Dollar gekostet hatte. Als Nate sie unmittelbar nach ihrer Vereidigung damit konfrontierte, begann sie zu stottern und hilflose Blicke zu ihrer Anwältin Ms. Langhorne hinüberzuwerfen, die ebenso überrascht war wie sie selbst. Diesen Vertrag hatte ihre Mandantin ihr verschwiegen.

»Wie wollten Sie für das Haus zahlen?« fragte Nate.

Die Antwort lag auf der Hand, das aber durfte sie auf keinen Fall zugeben. »Wir haben Geld«, sagte sie trotzig und öffnete Nate damit eine Tür, die er sofort weit aufstieß.

»Dann wollen wir über Geld reden«, sagte er lächelnd. »Sie sind dreißig Jahre alt und haben vor neun Jahren fünf Millionen Dollar bekommen, nicht wahr?«

»Ja.«

»Wie viel davon ist noch da?«

Sie kämpfte lange mit der Antwort, denn die war nicht einfach. Cody, erklärte sie, habe viel Geld verdient, und sie hätten einen Teil investiert, vieles ausgegeben, es sei alles so verwickelt, man könne nicht einfach auf den gegenwärtigen Kontostand sehen und sagen, dass von den fünf Millionen noch so und so viel übrig sei. Nate reichte ihr den Strick, an dem sie sich gehorsam aufhängte.

»Wie viel Geld befindet sich gegenwärtig auf Ihren Konten und denen Ihres Mannes?« fragte er.

»Das müsste ich nachsehen.«

»Nur schätzungsweise.«

»Sechzigtausend Dollar.«

»Und was haben Sie an Haus- und Grundbesitz?«

»Nur unser Haus.«

»Wie viel ist das zur Zeit wert?«

»Das müsste ich feststellen lassen.«

»Raten Sie einfach. Sagen Sie irgendeine Zähl, die Ihnen zuzutreffen scheint.«

»Dreihunderttausend.«

»Und wie hoch ist die Hypothek darauf?«

»Zweihunderttausend.«

»Auf welchen Wert veranschlagen Sie in etwa Ihren Aktienbesitz?«

Sie kritzelte einige Zahlen und schloss die Augen. »Rund zweihunderttausend.«

»Verfügen Sie über weitere bedeutende Vermögenswerte?«

»Eigentlich nicht.«

Nate rechnete rasch. »Das heißt, dass nach neun Jahren von Ihren fünf Millionen so ungefähr drei- bis vierhunderttausend Dollar übriggeblieben sind. Stimmt das?«

»Das kann nicht sein. Ich meine, das kommt mir ziemlich wenig vor.«

»Sagen Sie uns doch bitte noch einmal, wie Sie das Geld für das neue Haus aufbringen wollten?«

»Durch Codys Arbeit.«

»Was ist mit dem Nachlass Ihres verstorbenen Vaters? Haben Sie je daran gedacht?«

»Vielleicht ein bißchen.«

»Inzwischen hat Sie der Verkäufer des Hauses verklagt, nicht wahr?«

»Ja, wir haben aber Gegenklage eingereicht. Es gibt eine Reihe von Dingen zu klären.«

Sie wich seinen Fragen aus und war rasch mit Halbwahrheiten bei der Hand. Nate kam zu dem Ergebnis, dass sie sich von allen Phelan-Nachkommen als die gefährlichste erweisen konnte. Sie gingen Codys Unternehmungen durch, und es zeigte sich rasch, wo das Geld geblieben war. Er hatte im Jahre 1992 eine Million im Kupfertermingeschäft verloren, eine weitere halbe Million in ein Projekt gesteckt, bei dem er mit tiefgekühlten Hähnchen reich werden wollte, und das Geld ebenfalls verloren. Eine Anlage zur Zucht von Angelwürmern in Georgia hatte ihm einen Verlust von sechshunderttausend Dollar eingetragen, als eine Hitzewelle alle Würmer dahinraff-