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Phelan-Falls nachdachte. »Du musst zurückkommen, Nate«, sagte er. »Ich habe einen Plan.«

NEUNUNDVIERZIG

Zur ersten Runde der Friedensgespräche wurde Nate nicht eingeladen. Ein Grund dafür war, dass diese Gipfelkonferenz in Joshs Räumen stattfinden musste, da er sie anberaumt hatte, und Nate, der es bisher vermieden hatte, die Kanzlei aufzusuchen, wollte das auch weiterhin so halten. Der andere Grund war der, dass die Phelan-Anwälte Josh und Nate als Verbündete ansahen, wozu sie auch alle Ursache hatten. Wenn aber Josh in der Rolle des Vermittlers und Friedensstifters auftreten wollte, musste er, um das Vertrauen der einen Seite zu erwerben, die andere vernachlässigen, und sei es nur für eine Weile. Also sah sein Plan vor, dass er zuerst mit Hark und den anderen zusammentraf, sich anschließend mit Nate besprach und dann, sofern sich das als nötig erwies, einige Tage zwischen den beiden Seiten hin und her pendelte, bis Einigkeit erzielt war.

Nachdem man eine Weile miteinander geplaudert hatte, bat Josh um Aufmerksamkeit. Es gab vieles zu besprachen. Die Anwälte der Phelans brannten darauf, die Sache in Angriff zu nehmen.

Eine einvernehmliche Lösung lässt sich binnen Sekunden finden, beispielsweise in einer Sitzungspause bei einem mit harten Bandagen geführten Prozess, wenn ein Zeuge ins Stolpern gerät oder ein neuer Firmenchef einen Neuanfang machen und belastende Auseinandersetzungen aus dem Weg räumen will. Bis es zu einer solchen Einigung kommt, kann es aber auch Monate dauern, während sich das Verfahren dem Termin der Hauptverhandlung entgegenschleppt. Die Phelan-Anwälte träumten von einer raschen Lösung, und die Zusammenkunft in Joshs Räumen sollte der erste Schritt auf dem Wege dahin sein. Sie waren fest überzeugt, dass ihnen schon bald Millionen in den Schoß fallen würden.

Josh eröffnete die Gespräche mit dem diplomatischen Hinweis darauf, dass die Erfolgsaussichten der Testamentsanfechtung recht dürftig seien. Zwar sei ihm nichts von der Absicht seines Mandanten bekannt gewesen, ein eigenhändiges Testament hervorzuzaubern und damit ein Chaos anzurichten, dennoch müsse man sich darüber klar sein, dass es sich um ein gültiges Testament handele. Erst einen Tag davor habe er zwei volle Stunden mit Troy Phelan über dem anderen neuen Testament zugebracht und sei bereit zu bezeugen, dass dieser genau gewusst habe, was er tat. Überdies werde er, sofern sich das als nötig erweise, bezeugen, dass sich Snead bei ihrem Gespräch zu keinem Zeitpunkt auch nur in der Nähe befunden hatte.

Die drei Psychiater, die Mr. Phelan begutachtet hatten, seien sorgfältig von dessen Kindern und früheren Gattinnen sowie von deren jeweiligen Anwälten ausgewählt worden und verfügten über einwandfreie Zeugnisse und Referenzen, während die vier zur Zeit von der Gegenseite aufgebotenen Psychiater nicht wüssten, wovon sie sprachen; ihre Gutachten seien fragwürdig. Sollte es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Gutachtern kommen, würden sich seiner festen Überzeugung nach die drei ursprünglichen mit ihrem Votum durchsetzen. Wally Bright trug seinen besten Anzug, was allerdings nicht viel hieß. Er nahm die kritischen Äußerungen mit zusammengebissenen Kinnbacken auf und hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen, damit ihm nichts Dummes entfuhr. Er machte sich überflüssige Notizen, weil auch alle anderen das taten. Es entsprach nicht seinem Wesen, ruhig dazusitzen und sich solch herabsetzende Äußerungen anzuhören, nicht einmal, wenn ein so bekannter Anwalt wie Josh Stafford sie von sich gab. Aber für den Geldbetrag, um den es ging, würde er alles tun. Letzten Monat, also im Februar, hatte seine kleine Kanzlei zweitausendsechshundert Dollar an Honorar eingenommen und die üblichen viertausend an laufenden Kosten verursacht, so dass für ihn nichts übriggeblieben war. Natürlich hatte er den größten Teil seiner Zeit mit dem Fall Phelan verbracht.

Als Josh die Aussagen ihrer Mandanten zusammenfasste, begab er sich auf dünnes Eis. »Ich habe mir die Videoaufnahmen der Befragungen angesehen«, sagte er betrübt. »Offen gestanden bin ich überzeugt, dass Ihre Mandanten mit Ausnahme von Mary ROSS bei einem Prozess eine sehr schlechte Figur abgeben werden.«

Die Anwälte ließen das unkommentiert. Hier handelte es sich um eine Besprechung, die zu einem Vergleich führen sollte, nicht um einen Prozess.

Josh hielt sich nicht länger mit den Phelan-Kindern auf. Je weniger über sie gesagt wurde, desto besser. Ihren Anwälten war klar, dass ihre Mandanten vor den Geschworenen gnadenlos bloßgestellt würden.

»Damit kommen wir zu Snead«, sagte er. »Auch die Aufzeichnung seiner Befragung habe ich mir angesehen. Lassen Sie mich sagen, dass es ein schrecklicher Fehler wäre, ihn als Zeugen zu benennen. Meiner Auffassung nach bewegt sich das hart am Rande rechtswidrigen Verhaltens.«

Bright, Gettys, Langhorne und Yancy beugten sich noch tiefer über ihre Notizen. Der Name Snead war für sie inzwischen so etwas wie ein Schimpfwort geworden, und sie versuchten sich gegenseitig die Schuld daran zuzuschieben, dass die Sache so verfahren war. Der bloße Gedanke an den Mann raubte ihnen den Schlaf- da hatten sie eine halbe Million für jemanden ausgegeben, der als Zeuge völlig wertlos war.

»Ich kenne Snead seit fast zwanzig Jahren«, sagte Josh und malte eine volle Viertelstunde lang das Bild eines mäßig tüchtigen Butlers, eines Faktotums, das nicht immer zuverlässig war, eines Dieners, von dem Mr. Phelan oft gesagt hatte, er werde ihn vor die Tür setzen. Sie glaubten ihm jedes Wort.

Damit war das Thema Snead erledigt. Es gelang Josh, ihren Hauptzeugen unmöglich zu machen, ohne auch nur zu erwähnen, dass man ihn mit fünfhunderttausend Dollar bestochen hatte, damit er seine Version der Geschich-

te vortrug.

Damit war auch Nicolette erledigt. Sie hatte ebenso gelogen wie ihr Kumpan.

Weitere Zeugen aufzutreiben war den Anwälten nicht gelungen. Zwar gab es im Unternehmen eine gewisse Anzahl unzufriedener Angestellter, doch war von denen keiner bereit, vor Gericht auszusagen. Ohnehin würde man sie als befangen betrachten. Dann gab es noch zwei Konkurrenten, die Troy aus dem Rennen geworfen hatte, die aber nichts über seinen Geisteszustand hätten Aussagen können.

Mithin müsse man sagen, beschloss Josh seine Ansprache, dass die Anfechtung auf schwachen Füssen stehe. Andererseits sei man bei einer Verhandlung vor einem Geschworenengericht nie vor Überraschungen sicher. Dann kam er auf Rachel Lane zu sprechen. Es klang, als kenne er sie seit vielen Jahren. Er hielt sich nicht mit Einzelheiten auf, gab aber genug allgemeine Informationen preis, um den Eindruck zu erwecken, als sei er gut mit ihr bekannt. Es handele sich um eine reizende Frau, die ein sehr schlichtes Leben in einem unterentwickelten Land führe und nichts von gerichtlichen Auseinandersetzungen halte. Sie gehe Kontroversen grundsätzlich aus dem Weg und habe für keinerlei Art von Zank und Streit etwas übrig. Außerdem habe sie dem alten Troy nähergestanden, als den meisten Menschen bekannt sei.

Hark wollte Josh fragen, ob er ihr je begegnet sei. Hatte er sie je gesehen? Je ihren Namen gehört, bevor das Testament verlesen wurde? Aber es war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort für Mißtöne. Demnächst würde eine Menge Geld auf den Tisch gelegt werden, und Harks Anteil betrug siebzehnein-halb Prozent. Ms. Langhorne hatte sich über die Stadt Corumba kundig gemacht und fragte sich erneut, was eine zweiundvier-zigjährige Amerikanerin an einem solchen Ort verloren hatte. Sie und Get-tys hatten, ohne dass Bright und Yancy davon wussten, in aller Stille ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Sie hatten lange miteinander über die Möglichkeit beraten, gewissen Reportern Hinweise auf Rachel Lanes Aufenthaltsort zukommen zu lassen. Bestimmt würde die Presse sie da unten finden. Man würde sie ausräuchern, und die Welt würde im Laufe der Zeit erfahren, was sie mit dem Erbe vorhatte. Falls sie es wirklich nicht wollte, was ihren geheimsten Hoffnungen und Träumen entsprach, konnten ihre Mandanten verlangen, dass man den gesamten Betrag unter ihnen aufteilte. Die Sache war riskant, und sie waren sich nach wie vor nicht einig, wie sie vorgehen sollten.