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»Nichts. Sie haben mit der Sache erst dann etwas zu tun, wenn Rachel Sie dazu auffordert.«

»Aha. Das heißt, ich verfolge einfach die Mitteilungen in den Zeitungen.«

»Ich bin sicher, dass das ganze Verfahren darin ausführlich behandelt wird.«

»Sie haben in Ihrem Brief bestimmte Dinge angesprochen, die sie da unten braucht.«

Nate erzählte die Geschichte von dem kleinen Mädchen, das sterben musste, weil Rachel kein Gegengift hatte. »Sie findet in Corumba nicht die erforderlichen Medikamente. Ich würde ihr gern schicken, was nötig ist.«

»Vielen Dank. Übersenden Sie das Geld zu meinen Händen an die Adresse von World Tribes, und ich sorge dafür, dass Rachel bekommt, was sie braucht. Wir betreuen viertausend Rachels auf der ganzen Welt, und unsere Mittel sind begrenzt.«

»Sind die anderen ebenso bemerkenswert wie Rachel?«

»Ja. Sie sind von Gott auserwählt.«

Sie einigten sich darauf, in Verbindung miteinander zu bleiben. Neva sagte, er könne so viele Briefe schicken, wie er wolle, und sie werde sie nach Corumba weiterleiten. Außerdem vereinbarten sie, dass derjenige von ihnen, der etwas von Rachel hörte, den anderen davon in Kenntnis setzte.

Als Nate wieder im Bett lag, spielte er die Kassette mit dem Anruf ab. Erstaunlich, was unerwähnt geblieben war. Rachel hatte gerade durch ihn vom Tod ihres Vaters erfahren, der ihr eins der größten Vermögen der Welt vererbt hatte. Dann war sie heimlich nach Corumba gereist, weil sie von Lako wusste, dass Nate sehr krank war. Und dann war sie zurückgekehrt, ohne mit irgend jemandem bei World Tribes über das Geld zu reden.

Als er sie am Flussufer verlassen hatte, war er sicher gewesen, dass sie das Geld nicht wollte. Jetzt war er davon mehr überzeugt als zuvor.

VIERUNDVIERZIG

Die Reihe der förmlichen Befragungen unter Eid, von denen jede einzelne protokolliert werden musste, begann am Montag, dem 17. Februar, in einem langen, kahlen Raum des Gerichts des Fairfax County. Eigentlich war er als Wartezimmer für Zeugen vorgesehen, doch Richter Wycliff hatte seinen Einfluss geltend gemacht und ihn für die zweite Monatshälfte reserviert. Mindestens fünfzehn Personen sollten als Zeugen gehört werden, und da sich die Anwälte nicht auf Ort und Zeit hatten einigen können, hatte Wycliff ein Machtwort gesprochen und festgesetzt, dass die Zeugen nacheinander Stunde um Stunde, Tag für Tag befragt würden, bis alles vorüber war. Zwar war eine solche Marathonveranstaltung selten, doch stand auch nicht oft ein so hohes Vermögen auf dem Spiel. Die Anwälte hatten eine verblüffende Fähigkeit bewiesen, ihre Terminkalender für den Zeitraum, in dem es um die Klärung des Phelan-Nachlasses gehen sollte, frei zuräumen. Man hatte Prozesse und andere Gerichtstermine verschoben, wichtige letzte Fristen erneut verlängern lassen, den Gerichten einzureichende Schriftsätze Kollegen zugeschoben und Urlaubspläne auf den Sommer verlegt. Juniorpartner wurden damit beauftragt, kleinere Fälle zu bearbeiten. Nichts war wichtiger als das Phelan-Chaos.

Nate erschien die Aussicht, zwei Wochen lang in einem Raum voller Anwälte Zeugen durch die Mangel zu drehen, fast so schlimm wie die Hölle.

Wenn seine Mandantin das Geld nicht wollte, warum sollte ihm dann nicht egal sein, wer es bekam?

Diese Haltung änderte sich, als er Troy Phelans Nachkommen kennen lernte.

Als erster wurde Mr. Troy Phelan jun. vernommen. Trotz seiner Vereidigung durch den Gerichtsdiener büßte er mit seinen unruhig umherhuschenden Augen und den geröteten Wangen jede Glaubwürdigkeit ein, kaum dass er am Kopfende des Tischs Platz genommen hatte. Eine Videokamera am anderen Ende nahm sein Gesicht in Großaufnahme auf.

Ein halbes Dutzend Anwälte aus Joshs Kanzlei, denen Nate nie begegnen würde, hatte Hunderte von Fragen vorbereitet, mit denen er ihn in die Ecke treiben konnte. Allerdings war Nate überzeugt, dass ihm das auch aus dem Handgelenk und ohne jede Vorbereitung möglich gewesen wäre. Zeugenbefragungen hatte er schon tausend Mal vorgenommen.

Nate stellte sich Troy Junior vor, der ihm nervös zulächelte, etwa so wie der Insasse einer Todeszelle gegenüber dem Henker. Sein Blick schien zu fragen: »Es wird doch nicht weh tun?«

Schon mit seiner freundlichen Einleitungsfrage, ob Troy Junior derzeit unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen oder Medikamenten stehe, verärgerte Nate die Phelan-Anwälte auf der anderen Seite des Tisches. Lediglich Hark ordnete die Frage richtig ein. Er hatte fast ebenso viele Zeugenbefragungen durchgeführt wie Nate O'Riley.

Das Lächeln verschwand. »Nein«, blaffte Troy Junior. Zwar hatte er entsetzliche Kopfschmerzen von einem Kater, aber er war nüchtern.

»Und Ihnen ist klar, dass Sie soeben mit einem Eid bekräftigt haben, die Wahrheit zu sagen?«

»Ja.«

»Ist Ihnen auch klar, was Meineid bedeutet?«

»Absolut.«

»Wer ist Ihr Anwalt?« fragte Nate mit einer Handbewegung zur anderen Seite des Tisches.

»Hark Gettys.«

Mr. O'Rileys Überheblichkeit ärgerte die Anwälte erneut, diesmal auch Hark. Nate hatte sich nicht die Mühe gemacht, in Erfahrung zu bringen, welcher Anwalt welchen Mandanten vertrat. Seine Geringschätzung war beleidigend.

Innerhalb der ersten zwei Minuten hatte Nate den bösen Ton etabliert, den er den ganzen Tag über beibehalten sollte. Er ließ wenig Zweifel daran, dass er Troy Junior kein Wort glaubte, und vielleicht war der Mann ja doch nicht nüchtern. Es war ein alter Trick.

»Wie oft waren Sie verheiratet?«

»Und Sie?« blaffte Junior zurück, woraufhin er sich beifallheischend zu seinem Anwalt umsah. Hark betrachtete ein Blatt Papier.

Nate bewahrte die Ruhe. Wer wusste schon, was die Phelan-Anwälte über ihn gesagt hatten? Es war ihm egal. »Ich möchte Ihnen etwas erklären, Mr. Phelan«, sagte Nate ohne die geringste Spur von Erregung. »Ich werde das sehr langsam tun, und hören Sie bitte gut zu. Ich bin der Anwalt, Sie sind der Zeuge. Können Sie mir bis dahin folgen?«

Troy Junior nickte langsam.

»Ich stelle die Fragen, Sie antworten. Verstehen Sie das?«

Wieder nickte der Zeuge.

»Sie stellen keine Fragen, und ich gebe keine Antworten. Verstanden?«

»Ja.«

»So. Ich glaube nicht, dass Sie Schwierigkeiten mit den Antworten haben werden, wenn Sie gut zuhören, was ich frage. In Ordnung?«

Wieder nickte Junior.

»Sind Sie nach wie vor unsicher?«

»Nein.«

»Schön. Falls Sie bei einer Frage nicht sicher sind, dürfen Sie sich gern mit Ihrem Anwalt beraten. Drücke ich mich verständlich aus?«

»Absolut.«

»Wunderbar. Dann probieren wir es noch einmal. Wie oft waren Sie verheiratet?«

»Zweimal.«

Eine Stunde später waren Juniors Ehe, Kinder und seine Scheidung abgehandelt. Schwitzend fragte er sich, wie lange seine Befragung dauern würde. Die Phelan-Anwälte hielten den Blick ausdruckslos auf irgendwelche Bogen Papier gerichtet und fragten sich dasselbe. Dabei hatte Nate noch nicht ein einziges Mal auf die Blätter mit den für ihn vorbereiteten Fragen geschaut. Er konnte einen Zeugen schon dadurch in die größte Verlegenheit bringen, dass er ihm in die Augen sah und eine Frage an die andere knüpfte. Keine Einzelheit war ihm zu unbedeutend. Wo ist Ihre erste Frau zur Schule gegangen, wo hat sie studiert, was war ihre erste Stelle? War das ihre erste Ehe? Berichten Sie uns über die verschiedenen Anstellungen Ihrer Frau. Wir wollen uns einmal über die Scheidung unterhalten. Zu welchen Unterhaltszahlungen sind Sie verpflichtet? Sind Sie damit in Rückstand?

Die meisten dieser Aussagen hatten mit der Sache nicht das geringste zu tun, sondern dienten ausschließlich dem Zweck, den Zeugen zu reizen und ihm klarzumachen, dass man jederzeit Leichen aus dem Keller holen konnte. Troy Junior hatte die Anfechtungsklage eingereicht und musste jetzt die Folgen tragen.