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Ihr Götter, dachte Skar entsetzt, sie glaubt, was sie sagt! »Und selbst«, fuhr Vela fort, »wenn es so wäre, wie du glaubst, selbst wenn ich die machthungrige Bestie wäre, die du in mir siehst - Enwor ist groß. Zu groß, als daß die Spanne, die ich noch zu leben habe, ausreichen würde, diese ganze Welt zu erobern und zu unterdrücken. Du kannst es drehen wie du willst: Ich werde mehr Nutzen als Schaden bringen. Denke daran, was du auf dem Weg hierher gesehen hast. Mit der Macht, die ich - die wir beide haben, Skar! -, können wir Enwor den Frieden bringen. Wir können die Quorrl in ihre Berge zurückjagen und all die kleinlichen Kriege und Grenzstreitigkeiten beenden.«

»Wie?« unterbrach Skar sie hart. »Indem wir die Welt verbrennen, so wie es die Herren Tuans taten?«

Vela schüttelte ungeduldig den Kopf. »Was geschah, wird sich nie mehr wiederholen können«, sagte sie überzeugt. »Du kennst die Geschichte der Alten nicht, Skar, nicht so gut wie ich. Tuan und Combat verbrannten nicht unter dem Zorn der Götter. Die Alten selbst waren es, die die Gewalten der Schöpfung heraufbeschworen, aber sie wurden ihrer nicht mehr Herr. Es war ein Krieg, geführt mit unvorstellbaren Waffen, aber er wird sich nie wiederholen können.«

»Natürlich nicht«, sagte Skar. »Wie auch, wenn es außer dir niemanden gäbe, der die Macht der Alten hätte. Und sollte es irgend jemand doch versuchen, dann verbrennen wir sein Land und seine Städte, bevor er zur Gefahr werden kann, nicht? So einfach ist das. Und warum auch nicht?« fuhr er mit beißendem Spott fort. »Immerhin schneidet man einen Krankheitsherd auch heraus, bevor er den ganzen Körper vergiften kann. Was macht es da für einen Unterschied, daß der Krankheitsherd eine Stadt ist und die Keime Menschen sind?«

»Es macht keinen Unterschied«, sagte Vela kalt. »Ich rede hier über den Fortbestand der menschlichen Rasse, Skar. Nicht über eine Stadt oder ein Volk.«

»Und nur das zählt.« Skars Stimme vibrierte vor ohnmächtigem Zorn. »Du bist im falschen Körper zur Welt gekommen, Vela. Du hättest eine Ameise werden sollen.«

»Beleidige mich ruhig, wenn es dich erleichtert«, sagte Vela. »Du weißt sehr gut, worüber ich spreche.«

O ja, dachte Skar. Und gerade das erschreckt mich.

»Und was willst du nun wirklich von mir?« fragte er. »Meine Hilfe?«

Vela strich sich mit einer unbewußten Geste eine Haarsträhne aus der Stirn. Im düsteren Licht der Höhle sah sie plötzlich um Jahre jünger aus. »Ja«, sagte sie. »Es würde schon reichen, wenn ich dich in meiner Nähe hielte, und ich könnte es, glaube mir. Ich könnte dich zu einer Puppe machen, wenn ich das wollte. Du hast die Männer gesehen, die mir dienen? Was mit ihnen geschah, kann auch dir geschehen, Satai. Aber ich werde es nur tun, wenn du mich dazu zwingst. Überlege dir deine Entscheidung gut. Tantor hat die Wahrheit gesprochen, als er sagte, daß ich deine Hilfe nicht brauche.«

Skar fuhr unmerklich zusammen. Ein dünnes, grausames Lächeln erschien auf Velas Lippen. »Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte sie. »Aber urteile nicht vorschnell über Tantor. Er hat nicht in meinem Auftrag gehandelt. Er war nur dumm. So dumm, zu glauben, daß ich seine lächerliche Verschwörung nicht durchschauen würde. Er hat mir sogar einen Gefallen getan. Überlege dir, ob du an meiner Seite die Welt regieren oder lieber zu einer hirnlosen Marionette werden willst.«

»Die Welt regieren ...« Skar lachte, aber es klang nicht halb so überheblich, wie er beabsichtigt hatte. »Du bist nicht der erste Mensch, der davon träumt, Vela. Aber ich habe noch von keinem gehört, dem es gelungen ist.«

»Ich werde jetzt nicht mit dir streiten, Skar«, antwortet Vela kühl. »Ich gebe dir drei Tage Zeit, deine Entscheidung zu bedenken. Vorher werde ich ein Nein nicht akzeptieren.«

»Was geschieht mit Gowenna?« fragte Skar.

Vela hob die Schultern. »Sei unbesorgt. Meine Leute geben ihr alles, was sie braucht. Wenn du die richtige Wahl triffst, Skar, wird sie weiterleben. Und wer weiß - wenn ich mit dir zufrieden bin, dann gebe ich ihr vielleicht sogar eines Tages ihr hübsches Puppengesicht wieder.«

Skars Hände zuckten. Hilf mir! dachte er. Gib mir Kraft, diese Bestie in Menschengestalt zu vernichten!

Aber die Stimme seines Dunklen Bruder schwieg.

12.

Die nächsten zwei Tage verbrachte er in einem winzigen, fensterlosen Raum, in den ihn Del nach dem Gespräch mit Vela brachte. Jedenfalls glaubte er, daß es zwei Tage waren; er bekam viermal Essen und schlief, zuerst lange und tief, dann noch mehrmals, aber jeweils nur für kurze Zeit. Die Alpträume kamen nicht wieder, und der Heiltrank, den Tantor ihm am ersten Abend brachte, vertrieb auch das Fieber vollkommen. Weder Del noch Vela ließen sich während der Zeit seiner Gefangenschaft blicken, und die Männer, die ihm Essen und Trinken brachten, waren wie die Wächter, die sie hierhergeleitet hatten - respektvoll, freundlich, aber stumm; nicht mehr als Maschinen, die ihre Aufgaben erfüllten und kaum in der Lage waren, einen eigenen Gedanken zu denken. Der Anblick der stummen Krieger erfüllte ihn jedesmal aufs neue mit Unbehagen, schließlich mit Furcht. Er hatte Velas Worte nicht vergessen, und auch, wenn er sich im ersten Augenblick eingeredet hatte, daß ihre Drohungen ihn nicht schrecken konnten, so tat der Anblick der stummen Puppen-Menschen doch seine Wirkung. Er zweifelte keinen Moment daran, daß sie auch ihn in eine leere Hülle verwandeln würde, wenn er sie dazu zwang. Und er wußte auch, daß er sie nicht würde hintergehen können. Er hatte es versucht, Gowenna hatte es versucht, Tantor glaubte vielleicht jetzt noch, daß es ihm gelang ... Nein - wenn er sich ihr hingab, dann würde er es wirklich tun müssen. Vela gehörte zu jenen Menschen, die - ganz egal, was man tat - alles zu ihrem Vorteil ummünzen würden. Und sie wußte, daß er es wußte. Er würde ihr entweder freiwillig folgen, wie Del es tat, oder gar nicht. Die Alternative war ein Weiterleben als Zombie - oder der Tod.

Aber vielleicht war nicht einmal das ein Ausweg. Tantor hatte gesagt, daß es nichts ändern würde, wenn er tot wäre, und je länger er in seiner Zelle saß und grübelte, desto mehr erschienen ihm die Worte des Zwerges wie eine düstere Prophezeiung. Er brauchte nicht einmal mehr einen Beweis dafür - Velas Verhalten, die trotz allem sorglose Art, in der er behandelt wurde, die Tatsache, daß sie ihm bewußt die Möglichkeit gelassen hatte, diesen letzten Ausweg zu wählen, zeigte es ihm deutlich genug. Er hatte Angst vor dem Sterben, so wie jeder andere Mensch auch, aber er war auch ein Mann, zu dessen Leben der Tod viel intensiver und direkter gehörte, als dies im allgemeinen der Fall war, und der es gewohnt war, den Tod - als letzte Konsequenz - einzuplanen und auch hinzunehmen. Nein - auch dieser Ausweg war ihm verwehrt.

Skar schrak aus seinen Überlegungen hoch, als er das Geräusch des Riegels hörte. Ein schmaler, flackernder Lichtstreifen fiel in seine Zelle, dann trat Del gebückt, eine brennende Fackel in der Rechten, durch den niedrigen Eingang. Er blieb stehen, sah sich demonstrativ in dem winzigen, kaum fünf mal fünf Schritte messenden Gelaß um und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Tür hinter seinem Rücken. »Komm mit.«

Skar stemmte sich langsam hoch. Seine Glieder waren steif vom langen reglosen Sitzen, und die Stunden der Ruhe schienen ihn eher geschwächt als gestärkt zu haben.

»Ist das nicht seltsam?« sagte er. »In einem Verließ wie diesem haben wir uns kennengelernt - erinnerst du dich? Und auch damals warst du es, der mich herausgeholt hat.«