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Vier Stunden nach seiner Abfahrt erschien er.

Nach dem Schirm war das Halivanuschiff noch immer auf dem Plateau. Breckenridge meldete sich bei Wharton zurück.

»Nun?«

Der Captain lächelte mild. »Es ist alles in Ordnung, Sir. Sie verlassen Bartlett V in der nächsten Woche, sobald sie ihre Beobachtungen beendet haben.«

Wharton mußte sich setzen.

»Was sagen Sie da?«

»Ich habe ihnen die Genehmigung zum Bleiben gegeben, Sir.«

Wharton fühlte sich, als hätte er einen Schlag auf den Schädel bekommen. Mit mühsam beherrschter Stimme sagte er: »Sie haben ihnen die Genehmigung zum Bleiben erteilt, Breckenridge? Wie höflich von Ihnen! Aber ich bin der Meinung, Sie wurden dorthin geschickt, um ein Ultimatum zu übergeben — nicht um Zugeständnisse zu machen.«

»Natürlich, Sir. Aber ich besprach die Sache mit ihnen, und wir kamen überein, daß es unvernünftig wäre, sie fortzutreiben, bevor sie ihre Arbeit beendet hatten. Sie führen bestimmt nichts Böses im Schilde. Sie waren nicht einmal bewaffnet, Sir.«

»Breckenridge, haben Sie den Verstand verloren?« fragte Wharton entgeistert.

»Sir?«

»Wie können Sie vor mir stehen und mir solchen Unsinn erzählen? Ihre Meinung, daß sie unbewaffnet und darum harmlos sind, interessiert mich nicht. Sie wurden mit einem Ultimatum fortgeschickt, auf das ich eine Antwort erwartete.«

»Aber wir haben es besprochen, Sir. Es schadet unserem Ruf nicht, wenn wir eine kleine Konzession machen.«

»Breckenridge, haben diese Fremden Ihnen etwas eingegeben? Sie reden wie ein Verrückter. Wer gab Ihnen das Recht…«

»Sie sagten selbst, daß Sie lieber nachgeben, als einen Krieg vom Zaun brechen würden, Sir. Und da sie darauf bestanden, zu bleiben, folgte ich Ihren Instruktionen und gab zu verstehen, daß wir einverstanden wären, vorausgesetzt, sie verließen…«

»Folgten meinen Instruktionen?« brüllte Wharton. Seine Faust hämmerte auf die Schreibtischplatte. »Wann hätte ich je dergleichen gesagt?«

»Vor meinem Abrücken, Sir«, sagte Breckenridge unschuldig.

»Nun weiß ich, daß Sie den Verstand verloren haben. Ich habe mit keinem Wort erwähnt, daß ich zu Konzessionen bereit wäre. Ich befahl Ihnen, den Halivanu auszurichten, daß ich gezwungen sein würde, sie zu vernichten, wenn sie sich nicht an mein Ultimatum hielten. Kein Wort von Konzessionen. Und…«

»Ich bitte, Ihnen widersprechen zu dürfen, Sir, aber…«

Wharton seufzte und rief nach seinem Ordonnanzoffizier. Sekunden später steckte der Mann seinen Kopf durch die Tür. Wharton sagte: »Rogers, bringen Sie Captain Breckenridge ins Revier, damit er einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen wird. Und schicken Sie Smithson zu mir.«

Smithson trat nach wenigen Minuten ein. Der Gefreite blieb an der Tür stehen.

Wharton sagte: »Erzählen Sie mir genau, was sich zwischen Captain Breckenridge und den Halivanu abspielte.«

Smithson schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Colonel, aber ich kann nichts darüber sagen. Captain Breckenridge befahl mir, draußen beim Schlitten zu warten.«

Wharton hatte Mühe, sich zu beherrschen. »Gut, Smithson. In diesem Fall können Sie natürlich nicht zur Aufklärung beitragen. Sie können gehen.«

»Jawohl, Sir.«

Wharton wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte. Dann stützte er den Kopf in die Hände und ließ die Schultern hängen.

Er hatte Breckenridge keine Vollmacht zum Verhandeln gegeben. Doch der Captain war bereit, jeden Eid darauf zu schwören. Was konnte einen so verläßlichen Offizier wie Breckenridge veranlassen, einen klaren Befehl so zu mißachten?

Wharton schüttelte den Kopf. Geschichten über die Halivanu machten immer wieder die Runde, Geschichten, die von übernatürlichen Kräften berichteten. Aber das war alles Geschwätz, dessen war auch Breckenridge gewiß gewesen. Phantasiebegabte Raumfahrer neigten dazu, wenig bekannten Rassen geheimnisvolle Fähigkeiten anzudichten.

Wharton holte tief Atem und drückte den Knopf auf seinem Schreibtisch. Die Ordonnanz erschien.

»Schicken Sie Leutnant Crosley zu mir. So schnell es geht.«

Crosley trat nach fünf Minuten in den Raum. Inzwischen war es fast Nacht geworden. Der Leutnant wirkte noch bleicher als sonst. Er war erst kürzlich von der Akademie gekommen und nicht viel älter als dreißig.

Wharton beugte sich vor und sagte: »Es hat Komplikationen gegeben, Leutnant. Zu Ihrer Orientierung — ich mache eine Bandaufnahme von diesem Gespräch.«

Crosley nickte. »Komplikationen?«

»Ich habe Breckenridge heute nachmittag mit einem Ultimatum zu den Fremden geschickt. Er sollte ihnen ausrichten, daß ich das Feuer eröffne, wenn sie den Planeten nicht innerhalb von drei Stunden verließen. Statt dessen gab er ihnen die Erlaubnis zu bleiben, bis sie ihre Beobachtungen gemacht haben. Nun behauptet er, daß er ihnen diese Genehmigung auf Grund meines Befehls gab.«

»Ich habe mich schon gewundert, daß er in die psychiatrische Abteilung eingewiesen wurde.«

»Nun wissen Sie, warum. Ich behaupte nicht, daß ich wüßte, warum er so versagte, aber ich weiß, daß wir sofort einen anderen Mann zu den Halivanu schicken müssen, der Breckenridges Entscheidung rückgängig macht und sie zum Verlassen des Planeten auffordert.«

»Ich verstehe, Sir.«

»Ich möchte, daß Sie gehen, Crosley. Und zwar sofort. Nehmen Sie einen Mann mit und trennen Sie sich in keiner Sekunde von ihm, besonders dann nicht, wenn Sie das fremde Schiff betreten. Erklären Sie ihnen, daß Ihr Vorgänger ohne den Befehl seines Vorgesetzten handelte und daß wir sie mit Waffengewalt verjagen werden, wenn sie bei Sonnenaufgang Bartlett V nicht verlassen haben.«

Crosley wurde noch bleicher, beherrschte sich aber. »Ich werde sofort abrücken, Sir.«

»Bevor Sie gehen — wiederholen Sie den Auftrag.«

Crosley wiederholte ihn.

»Sie werden keinen Versuch machen, sich auf Verhandlungen einzulassen, Leutnant?«

»Nein, Sir.«

»Sie übermitteln das Ultimatum und kommen zurück. Es ist nicht notwendig, auf die Antwort zu warten. Wenn sie morgen früh noch hier sind, eröffnen wir das Feuer.«

»Ja, Sir.«

»Sie haben verstanden, was ich sagte? Sie werden später nicht behaupten, ich hätte Ihnen einen anderen Auftrag erteilt?«

»Natürlich nicht, Sir.«Crosley lächelte.

»Gut. Machen Sie sich auf den Weg.«

* * *

Die Stunden vergingen. Der Zapfenstreich wurde geblasen, aber Wharton blieb wach. Unruhig marschierte er in seinem Dienstzimmer auf und ab. Das Licht der Sterne, die hell in der mondlosen Dunkelheit flimmerten, fiel durch das Fenster herein. Wharton ballte die Fäuste und starrte in die Nacht hinaus.

Er empfand Mitleid mit Breckenridge. Es war eine verteufelte Sache, wenn man nicht mehr zwischen Phantasie und Wirklichkeit unterscheiden konnte. Zu behaupten, etwas sei wahr, wenn es den Stempel der Falschheit trug. Die psychiatrischen Tests hatten nichts erwiesen; Breckenridge behauptete steif und fest, er habe den Auftrag zum Verhandeln gehabt. Schizophrenie — so hatte der Arzt es genannt. Aber Schizophrenie war keine Krankheit, die man sich plötzlich zuzog. Schizophrenie baute sich langsam auf, sie hatte Vorboten, die auch dem Nichtmediziner im Laufe der Zeit auffielen. Breckenridge hatte immer den Eindruck eines ausgeglichenen, verläßlichen Offiziers gemacht.

Kein Wunder, daß Wharton zu der Überzeugung kam, die Halivanu hätten etwas mit Breckenridge angestellt. Aber Breckenridge leugnete es, und die EEG-Tests erbrachten keinen Beweis, daß er unter der Einwirkung von Rauschgiften oder Hypnose stand. Aber das EEG war nie hundertprozentig zuverlässig…

Wharton musterte sein verschwommenes Spiegelbild, das ihm aus der Scheibe entgegenblickte. Er war sicher, daß die Halivanu nicht über übernatürliche Kräfte verfügten. Sie waren lediglich eine sich gegen die Umwelt abschließende Rasse, und es bestand kein Anlaß, ihnen magische Fähigkeiten zuzuschreiben.