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«Die Zwetkowa fährt nach Magnitogorssk. Sie hat dort einen Internisten, einen Gynäkologen, einen Urologen und noch einige Olo-gen mehr. Die typische Reaktion der Reichen. Der Dorfarzt ist ein Rindvieh. je größer die Stadt, um so klüger die Mediziner. Bisher war sie nur zweimal bei mir.«

«Aber Sie haben sie nackt gesehen?«

«Unter größter Betonung der Verschwiegenheit: ja. Sie hatte einen juckenden Ausschlag rund um den Nabel. Ich weiß heute noch nicht, warum sie damit zu mir gekommen ist.«

«Und?«

«Was heißt >und<? Ich konnte sie heilen. Zwetkow bedankte sich bei mir mit einem ganzen gekochten Schinken. Aber seither weiß ich, daß Antonina Pawlowna einen der schönsten Frauenkörper besitzt, den ich je gesehen habe.«

«Und so etwas ist im Besitz des fetten, impotenten Zwetkow! Es ist ist eine Schande!«Kasutin blätterte noch einmal die Fotos durch. Soviel geballte weibliche Schönheit griff ihm ans Herz.»Wie kann man bei der Zwetkowa feststellen, ob sie es ist, die von Jankowski fotografiert wurde? Wir alle wissen: Jankowski geht bei den Zwet-kows ein und aus.«

«Was nutzt es uns, das zu wissen?«Dr. Lallikow war grob genug, seine Gedanken weiter auszusprechen.»Wir wissen nun auch alle, daß Jankowski mit sämtlichen Frauen auf unserer Liste bekannt ist.«

«Mit Ausnahme von Dunja Sergejewna«, sagte Kasutin stolz.»Sie scheidet mit Sicherheit aus. Die Zeit entlastet sie völlig.«

«Schweifen wir nicht ab. «Väterchen Akif seufzte tief bei etlichen geheimen Gedanken.»Wie kann man bei der Zwetkowa Gewißheit erlangen?«

«Ich müßte Rassul Alexejewitsch unter den Tisch trinken und dann danach fragen. Vielleicht haben wir Glück, und er hat sein Weibchen zufällig im Bad gesehen.«

«Ob ihm überhaupt solche Kleinigkeiten auffallen?«gab Dr. Lal-likow zu bedenken.

«Ich sagte: Wenn wir Glück haben, unverschämtes Glück. Man muß das Erinnerungsvermögen von Zwetkow anregen. Manchmal passieren solche Phänomene. Erst ist alles leer. und dann — bums — zuckt es in einem hoch. Man muß es versuchen.«

«Dann sollte die Offensive klar sein«, sagte Dr. Lallikow.»Jeder gehe jetzt an seine Aufgabe. Meine lieben Freunde, diesen Jankowski kriegen wir klein. Ihm nützt es gar nichts, wenn er auf seinen unanständigen Fotos den Kopf wegläßt. Wir kreisen ihn ein, und wir erlegen ihn wie einen Hasen.«

«Und dann?«fragte Väterchen Akif.»Wenn wir wissen, wer die Nackte ist, was dann?«

«Die Partei wird sich um sie kümmern«, sagte Kasutin streng.»Natürlich diskret. Mit Gewisssenserforschung. Mit Fingerspitzengefühl. Solche Fälle muß man mit seelischer Ausgewogenheit behandeln. Noch können sich unsere Frauen — im Gegensatz zu den Weibern im dekadenten Westen — schämen. Genossen, ans Werk!«

Am Nachmittag hatte Kasutin ein Erlebnis, das ihn umwarf und vieles veränderte.

Er stand bei dem Apotheker Akbar Nikolajewitsch Dudorow im Laden und unterhielt sich mit ihm über den Fortschritt auf dem pharmazeutischen Markt, als Dudorow neue Ware bekam. Ein Lieferwagen aus Magnitogorssk brachte sie. Interessiert sah Kasutin, wie Dudorow ein Päckchen sofort wegnahm und einen Namen darauf schrieb.

A. P. Zwetkowa.

Es dauerte lange, bis Kasutin seine drängende Frage loswurde.»Was ist?«erkundigte er sich vorsichtig.»Ist die Genossin Zwetkowa krank?«

«Nein. Warum?«Dudorow blickte Kasutin verblüfft an.»Sie ist gesund.«

«Das Medikament da. «Kasutin zeigte auf das beschriftete Päckchen.»Ich weiß, Apotheker unterliegen der Schweigepflicht. Aber ich sehe es nun mal.«

«Es ist eine Creme«, sagte Dudorow geheimnisvoll.»Aber, bitte, zu keinem einen Laut.«

«Der Mund der Partei ist verschlossen wie ein Tresor. «Kasutin nickte zu dem Päckchen hin.»Gegen Pickel rund um den Nabel, nicht wahr?«

«Nein. «Apotheker Dudorow sah Kasutin, seinen Parteisekretär, irritiert an.»Eine neuentwickelte Enthaarungscreme.«

Kasutin schluckte, klopfte Dudorow auf die Schulter und verließ die Apotheke wie ein startender 100-Meter-Läufer.

Kapitel 2

Man soll nicht glauben, eine Friedhofsgärtnerei sei ein stiller Ort der Besinnung, wo man Blumen für die lieben Vergrabenen aussucht, Töpfe und Vasen, Kerzen und ewige Lichter, Gebinde und kleine Kränze, und wo man sich höchstens — aber still — wundert, daß ein Veilchentopf hier mehr kostet als auf dem Markt.

So ist das nicht!

Wenn man Stella Gawrilownas Erzählungen glauben darf, ist eine Friedhofsgärtnerei ein Kommunikationsort, gegen den jede andere Form der Zusammenkunft von Menschen verblaßt. Erlebnisse gibt es da, kaum zu fassen! Da war die Beerdigung eines immer tugendhaften Mannes, den beim Reparieren sein eigenes Auto überrollt hatte, sonst hätte er sicherlich noch viele Jahre weitergelebt. Und was passiert auf dem Friedhof, im Verkaufsraum der Gärtnerei? Neben der weinenden Witwe tauchen noch zwei andere Frauen aus der Umgebung auf, beide zusammen mit vier Kindern, sie jammern und lamentieren und präsentieren ihren Nachwuchs als Erinnerung an freudige Stunden mit dem lieben Verblichenen. Welch eine Überraschung! Die selige Witwe ergreift einen Blumentopf und schleudert ihn der einen jungen Mutter an den Kopf, aber diese, nicht faul, reißt einen Kranz von der Wand und stülpt ihn der Trauernden über die Schultern. Nun greift auch die dritte ein, wirft mit Vasen um sich, und bis der liebe Mann endlich in die Erde kommt, sind die drei Damen bereits auf dem Weg zu Dr. Lallikow, der jede mehrmals nähen muß.

Das war nur einer der Vorfälle, von denen Stella Gawrilowna erzählen konnte. Besonders markant war auch noch das Begräbnis des Säufers Tschechow, einer stadtbekannten Persönlichkeit, die eigentlich hätte unsterblich sein müssen, da er sich zu Lebzeiten bereits in Alkohol konserviert hatte. Aber plötzlich war er umgekippt, in einem Augenblick, in dem er kein Glas in der Hand gehalten hatte, sondern brav auf dem Lokus saß, und hatte seinen Geist aufgegeben.

Man weiß bis heute nicht, wie es geschehen konnte, aber als man den lieben Tschechow ins Grab senkte, erfolgte im Inneren des Sarges eine dumpfe Explosion, der Deckel flog hoch, und Tschechow richtete sich, vom Luftdruck getragen, auf. Neun Frauen fielen bei diesem Anblick in Ohnmacht und wurden in die Gärtnerei getragen. Nur Väterchen Akif behielt die Nerven und sagte dröhnend am Grab:»Nun kann er ruhig schlafen. Der Alkohol ist hinaus.«

Man sprach noch lange darüber.

Es war durchaus nichts Seltenes, daß der Pope auf dem Friedhof erschien, auch wenn es keine Grabreden zu halten galt. Er inspizierte die ihm lieb gewordenen Gräber ehrlicher Christen, besprach mit Stella dies und jenes, lobte oder tadelte ihre Arbeit, ermahnte sie zu gottgefälligem Lebenswandel und ruhte sich dann in einem Hinterzimmer der Friedhofsgärtnerei aus.

Dieses Zimmer enthielt ein breites Bett, einen Schrank mit Wein und Wodka, einen Holzbehälter, in dem immer frischer Kuchen lagerte, und es hatte nur ein Fenster zu einem Innenhof, den niemand betreten konnte außer Stella Gawrilowna. Ein bemerkenswertes Zimmer.

Ab und zu schloß Stella die Gärtnerei ab, wenn Väterchen Akif zu Besuch kam, hängte ein Schild ins Fenster, auf dem stand >Ge-schlossen wegen Beschaffung neuer Blüten<, und unterwarf sich einer speziellen Teufelsaustreibung.

So war sie auch nicht darüber erstaunt, daß heute Akif Victoro-witsch mit wehendem Bart in der Friedhofsgärtnerei erschien, die Tür abschloß, das bekannte Schild ins Fenster hängte und mit ausgestrecktem Arm streng und voll Autorität ins Hinterzimmer zeigte.

«Verworfene!«sagte er dabei und musterte Stella mit so scharfen Augen, daß man meinen konnte, er müsse die Kleidung wie Glas durchschauen.»Was hast du getan? Leugne nicht! Ich weiß es! Was hat Victor Semjonowitsch Jankowski bei dir gemacht?«