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«Gut, daß Sie kommen, Pjotr Dementijewitsch«, sagte Zwetkow und hielt Kasutin die Zigarrenkiste hin.»Man belästigt mich.«

«Moment. «Kasutin biß die Spitze einer Zigarre ab, spuckte sie aus, entzündete die Zigarre und rauchte sie genußvoll an. Mit geschlossenen Lidern ließ er den Geschmack über seine Zunge fließen. So ist das, dachte er dabei. Um so zu leben, muß man den Staat bescheißen. Ein ehrlicher Parteisekretär kann sich nie eine Grusinische No. 1< leisten. Zertreten sollte man die Schmarotzer — aber wo stände unsere Wirtschaft jetzt, wenn wir sie nicht hätten?» Wer würde wagen, Sie, Genosse Zwetkow, zu belästigen?«

«Ein Anonymer. Ein Telefonbandit. Ein fernmündlicher Wegelagerer. Gestern spät am Abend.«

«Konnte nicht ein anderer gemeint sein?«

«Bin ich ein Idiot?«

Kasutin blies den Zigarrenrauch in kleinen Wölkchen über die Lippen.»Was sagte er denn?«

«Ich soll mich der interessanten Mühe unterziehen, meine Frau Antonina Pawlowna zu beäugen.«

Kasutin verschluckte sich am Rauch, hustete heftig, rang mit hervorquellenden Augen nach Luft und klammerte sich an der Tischkante fest. Erst nach ziemlich langer Erholungszeit war es ihm möglich, mit kratzender Stimme zu sagen:»Das ist allerdings ein starkes Stück.«

«Und um die Enthaarungscreme soll ich mich kümmern.«

Kasutin dankte seinem sonst immer geleugneten Gott, daß er in einem Sessel mit Seitenstützen saß. Er hatte das Gefühl, wegzurutschen. die Anziehungskraft der Erde mußte sich plötzlich verzehnfacht haben.

«Was soll. soll man davon halten?«stotterte er.»Welch absurder Gedanke! Was haben Sie, Rassul Alexejewitsch, mit Enthaarungscreme zu tun? Haha, wenn es nicht so blödsinnig wäre — man sollte darüber lachen. «Kasutin starrte plötzlich den fetten Zwetkow wie die Schlange das Kaninchen an.»Sie haben doch noch nie Enthaarungscreme gesehen, nicht wahr?«

«Wieso nicht?«Zwetkow lutschte böse an seiner Zigarre. Das späte Telefongespräch erregte ihn noch immer über Gebühr.»Lebe ich in einer Höhle? Natürlich kenne ich diese kosmetische Spezialität.«

«Dem Namen nach. Von der Reklame. Wir alle kennen sie, na klar!«Kasutin holte tief Luft.»Aber in der Hand gehabt?«»Auch das«, sagte Zwetkow wie angewidert.

Kasutin flimmerte es vor den Augen.»Oha!«stotterte er, spitzte die Lippen und stieß einen unbeherrschten Pfiff aus. Sein Blick ging in Richtung Antonina Pawlowna. Sie lag im Garten da wie auf dem Gemälde eines großen alten Meisters. Kasutin dachte sich den Bikini weg und bekam einen rauhen Hals.

«Warum pfeifen Sie so dämlich, Pjotr Dementijewitsch?«fragte Zwetkow grob.»Sagen Sie mir lieber, was Sie unternehmen wollen. Wie schützen Sie ehrbare Bürger vor anonymen Telefonaten? Ich bin beleidigt worden. Meine Frau Antonina Pawlowna ebenfalls. Sie hätten das hören müssen, diese süffisante Stimme am Telefon.«

«Was halten Sie von Jankowski?«fragte Kasutin wie ein Flüchtender, der den Verfolgern einen ablenkenden Brocken hinwirft.

«Ein wahrer Freund. Warum?«

«Ein guter Fotograf.«

«Ein Künstler auf jedem Gebiet.«

«Dem ist beizupflichten. «Kasutin bemühte sich, wieder sein Gleichgewicht zu finden.»Was fotografiert er denn so?«

«Alles. Besonders meine Frau.«

«Ah!«Kasutin schluckte verlegen.»Interessant.«

«Interessant ist es. «Zwetkow strich sich verlegen über den gewaltigen Bauch.»Ist meine Frau nicht auch eine seltene Schönheit? Und fotogen? Victor Semjonowitsch hat Aufnahmen gemacht, die Gemälden gleichen. Er hat ein Auge für Beleuchtungen.«

«Das hat er wahrhaftig. Der große Künstler zeigt sich im Weglassen, und Jankowski läßt manches wegfallen. Kopf, Haut und Haare.«

Zwetkow blickte Kasutin verwundert an, wedelte sich dann mit seiner dicken Hand Luft aus der Richtung Kasutins zu und schüttelte den Kopf.»Kein Alkoholgeruch! Verzeihen Sie, Pjotr De-mentijewitsch, aber einen Moment dachte ich, Sie seien durch ein Wodkafaß gekrochen. Sie reden ungewöhnlich verworren.«

«Sie kennen alle Fotos, die Jankowski von Antonina Pawlowna gemacht hat?«fragte Kasutin durchaus nicht beleidigt.

«Das weiß ich nicht. Die schlechten wird er mir nicht zeigen.«

«Und die besten?«Kasutin erhob sich, um seinen Aufbruch in die Wege zu leiten. Die Zeitbombe war gelegt, nun tickte ihre Uhr in der Seele des dicken Zwetkow.

«Die besten kleben in einem Album«, brummte Rassul Alexeje-witsch.»Warum sind Sie eigentlich zu mir gekommen, Genosse Ka-sutin?«

«Ich wollte Ihnen sagen, daß wir vom Bezirk das Geld für einen Kindergarten bekommen.«

«Das ist nett, daß Sie mir diese Neuigkeit sofort überbringen«, antwortete Zwetkow mit größter Freundlichkeit.»Meine Pläne liegen schon seit Monaten in Magnitogorssk und sind genehmigt. In einer Woche beginne ich mit den Ausschachtungen. Das Projekt ist voll finanziert.«

Ein Blitz zerschmettere diesen Dickwanst, dachte Kasutin. Natürlich wußte der Kerl schon wieder vorher alles und hatte bereits seinen Profit in der Tasche, als wir noch ahnungslos waren. Was wären wir ohne Planwirtschaft?

«Wenn wir Sie nicht hätten, Genosse Zwetkow«, sagte Kasutin säuerlich.

«Auch die künstlerische Ausgestaltung ist genehmigt. «Zwetkow rieb sich die Hände.»An der Längswand der großen Halle wird ein Riesenfoto von Jankowski aufgezogen.«

Kasutin stützte sich mit beiden Händen auf die Sessellehne. Seine Backenmuskeln malmten, aber er brachte keinen Laut hervor.

«Ein wundervolles Foto«, fuhr Zwetkow fort.»Ein Motiv aus der Heimat der Kinder. Eine Allegorie: Hügelland und Niederung.«

Kasutin nickte schwer. Er verließ Zwetkows Haus, setzte sich in seinem Dienstwagen hinter das Lenkrad und legte den Kopf nach hinten auf die Rückenlehne. So blieb er eine Weile sitzen, wie jemand, dem man im Auto die Kehle durchgeschnitten hatte.

Wie ist Nowo Korsaki noch zu retten, dachte er. O Himmel, welch völlige Überrollung! Und keiner hätte es gemerkt, wenn uns nicht die unanständigen Fotos vor die Augen geraten wären. Eine spätere Generation wird einmal Babajew und Kasutin als Befreier verehren.

Es muß etwas getan werden! Der Jankowski-Virus hat ja schon die halbe Stadt verseucht!

Moses ging zum Berg, um seinem Volk neue Gesetze zu beschaffen. Väterchen Akif fuhr mit einem Moped zu einer steinigen Schlucht im Wald, um dem Geologen Jankowski ins Gewissen zu reden.

Es ist bibelkundig, daß Moses, als er vom Berg zurückkam, sein Volk um das Goldene Kalb tanzen sah. Der Pope Mamedow erstarrte in heiligem Zorn, als er Jankowski nicht allein in der Schlucht vorfand. Rimma Ifanowna, die rote Schönheit mit dem reduzierten Gehirn, war bei ihm.

«Es ist so«, sagte Akif mit seiner dröhnenden Stimme, die in der Schlucht sogar widerhallte,»daß ich nicht stören wollte. Ich hatte in Erinnerung, daß Sie allein Ihre Studien treiben, mein Sohn.«

Er sah sich um und entdeckte, daß Jankowski sich sogar eine Holzhütte gebaut hatte, ein primitives Gebilde allerdings, das aus einem Dach mit Seitenpfählen bestand. Es handelte sich also mehr um einen Schutz gegen plötzliches Unwetter als um eine Unterkunft. Immerhin stand ein Klappbett unter dem Dach, und eine Kiste diente als Tisch. Von einem Bett aber geht immer eine moralische Prüfung aus, wenn es so allein steht und besonders hübschen Mädchen ins Auge fallen muß.

«Kommen Sie herunter, Väterchen!«rief Jankowski und zeigte auf eine Leiter, die an der Steilwand lehnte.»Wenn Sie aber schwindlig sind, komme ich hinauf zu Ihnen!«

«Der ständige Umgang mit dem Himmel macht mich schwindelfrei«, erwiderte Akif würdevoll.»Ich komme zu dir, mein Sohn, und wenn du in der Höllenspalte wohnst! Ich muß zu dir — da gibt es keine Hindernisse.«

Er kletterte die Leiter hinab, strich, unten angekommen, seinen Bart zurecht und blickte tadelnd auf Rimma Ifanowna. Zwar war sie ordentlich gekleidet und hinterließ in keiner Weise den Eindruck von überraschter Verwerflichkeit, aber die Frage blieb offen, was eine