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«Aber sie hat unter der linken Brust einen Leberfleck — wo ist der?«Dr. Lallikow betrachtete ein Foto genau.»Nichts zu sehen. Ohne Leberfleck kann ich Alla Philippowna nicht identifizieren. Ha, ist das schwer! Wenn ich genau hinschaue, es könnte auch Rimma Ifa-nowna sein.«

«Die Korbflechterin?«Babajew schüttelte den Kopf.»Wir wissen, daß sie leicht verblödet ist. Fiel als Kind aus dem Fenster, und seitdem ist nichts mehr mit ihr los. Korbflechten hat sie noch gelernt. Völlig unmöglich, daß Jankowski, ein Ästhet, wie man sieht, sich Rimma Ifanowna genähert hat.«

«Ihr Körper ist zauberhaft und makellos«, sagte Dr. Lallikow.»Sie ist das hübscheste Mädchen von Nowo Korsaki. Warum soll Victor Semjonowitsch sich bei geistigen Werten aufhalten, wenn er unvergleichliche körperliche bekommen kann? Warum also nicht Rimma Ifanowna?«

«Und wie ist es mit Dunja Sergejewna?«fragte Kasutin gewollt leichthin.

Dr. Lallikow beäugte die Fotos wieder.

«Warum nicht?«sagte er nach einer qualvoll langen Betrachtung.»Die Schenkelchen könnten stimmen. Auch der Hintern.«

Sag ich's doch, dachte Kasutin. Meine Ahnung. Mein Gefühl. Dunja und Jankowski. Es ist ihr Hintern. Dafür kenne ich ihn viel zu gut. Besser jedenfalls als Dr. Lallikow, der wieder die Stirn runzelt. Halten Sie ein, Genosse, es ist Dunja Sergejewna. Eine so süße Gesäßfalte hat nur sie. Ich armer Mensch! Ich Geschlagener!

«Aber es könnte auch Antonina Pawlowna sein«, sagte Lallikow.

Babajew stieß laut die Luft aus.»Die Frau des Genossen Zwetkow?«

«Sehr attraktiv. Auch sie noch kinderlos. Aber das liegt an Zwetkow. Rassul Alexejewitsch ist zu dick. Ersparen Sie mir Details, Genossen. Aber Antonina Pawlownas Körper könnte es auch sein. Ein Leib wie aus Marmor. «Dr. Lallikow putzte sich die Nase und rieb wieder seine Brillengläser.»Das ist wirklich eine schwere Aufgabe, meine Lieben. Ein Göttinnenleib — und dann kein Kopf. Da ist auch ein Arzt überfordert. Wir sehen die Patientinnen meist in einer besseren Verfassung.«

«Aber im Prinzip!«keuchte Kasutin.»Im Prinzip, Genosse!«

«Im Prinzip könnte es auch Stella Gawrilowna sein.«

«Ich passe«, sagte Babajew erschüttert.»Wieso hat unsere Friedhofsgärtnerin eine solch herrliche Figur?«

«Da muß man den lieben Gott fragen. «Dr. Lallikow tippte auf zwei Fotos.»Das hier sieht ganz nach Stella Gawrilowna aus. Diese Hüften! Ich möchte sagen: fast unverkennbar. Und der Schwung des Leibes — ich weiß noch genau, wie mir durch Zufall ein Tablettenröhrchen von ihrem Nabel bis zwischen ihre Schenkel gerollt ist. Gelacht hat sie da, gelacht!«

«Das glaube ich auch. «Kasutin nagte an der Unterlippe.»Wie viele haben wir jetzt?«

«Genug, um zu verzweifeln«, sagte Babajew.»Es ist unmöglich, daß Jankowski mit allen so intim war, daß.«

«Warum nicht?«Dr. Lallikow hüstelte, was die Spannung noch hob.»Jankowski ist ein strammer Bursche. Zweiunddreißig Jahre alt. Ein Baum im besten Saft. Und wie lange weilt er schon in Nowo Korsaki? Na — bestimmt schon neun Monate. Liebe Genossen, was kann ein Mann wie Jankowski in neun Monaten alles leisten? Wir müssen alles in Betracht ziehen. Alles und alle. Diese Fotos beweisen: Jankowski ist ein hervorragender Kenner der Schönheit. Und die Frau, die er verewigt hat, ist es wert. Als Arzt habe ich genug Vergleichsmöglichkeiten, um zu urteilen: Das hier ist ein einmaliger Körper.«

«Und das in unserer Stadt!«

«Ja! Das sollte uns stolz machen!«

«Eine Venus ohne Kopf!«

«Den setzen wir ihr auf!«Dr. Lallikow wurde nun auch von einer Art Jagdfieber befallen. Er sah das ganze Problem sportlich: Eine Schnitzeljagd mit noch unbekanntem Ziel, die Entdeckung von Neuland; die Vollendung eines Puzzles. Die Aufgabe mußte zu lösen sein.»Zählen wir zusammen, was wir haben. Genosse Kasutin, schrei-ben Sie mit. Es kommen in Frage: Antonina Pawlowna Zwetkowa — Alla Filippowna Sitkina — Galina Iwanowna — Rimma Ifanowna — Stella Gawrilowna.«

«Und Dunja Sergejewna?«fragte Kasutin heiser.

«Auch. Muß ebenfalls auf die Liste.«

«Muß auf die Liste. «Kasutins Hand bebte, als er den Namen hinschrieb. Von seinem Nacken rann Schweiß in das Hemd und über den Rücken.»Und wie geht es jetzt weiter?«

«Wir fangen da an, wo es meistens endet: beim Friedhof. «Dr. Lal-likow rieb sich die Hände.»Stella Gawrilowna arbeitet eng mit dem Popen zusammen. Es kann sein, daß Mamedow zufällig gesehen hat, daß Jankowski mit Stella über Gebühr lang gesprochen hat. Vielleicht hat er sie sogar im Gärtnerhaus besucht? Wir werden Väterchen Akif befragen.«

«Das bedeutet, daß wir den Popen einweihen müssen«, sagte Ka-sutin sauer.

«Er wird glücklich sein, Sünden in seiner Gemeinde zu entdecken. Außerdem bleiben wir unter uns: Ein Arzt, ein Priester, ein Fotograf und ein Parteisekretär sind die Vertrauten der Bürger. Wir sind die Klagemauer. Wir schlucken alles. Es wäre unfair, den Popen auszuschließen.«

«Er wird am wenigsten Auskunft darüber geben können«, sagte Kasutin abweisend,»wer die nackte Frau auf den Fotos ist.«

«Auch da hat man sich schon getäuscht. «Dr. Lallikow lächelte breit und fett.»Man soll keinen Menschen unterschätzen.«

Wer die Kirche betrat, ganz gleich, welche Stellung er im Leben einnahm und wie er hieß, kehrte Ehrfurcht heraus spätestens in dem Augenblick, in dem er AkifVictorowitsch Mamedow bemerkte. Wenn der Pope um die Ikonostase herumkam, im wallenden Gewand, mit abstehendem weißen Bart, mit dichten Brauen, feurigen Augen und einer Stimme, die eine Ahnung von den Auferstehungsfanfaren vermittelte, dann schlug jeder das Kreuz und kam in jene Stimmung, die Lenin mit einem Opiumrausch verglich.

Akif Victorowitsch, der an diesem Vormittag hinter der Ikonostase auf einem Schemel saß und zwei vergoldete Messingkreuze polierte, hörte mit Verwunderung die Kirchentür knarren. Er überlegte, wer wohl jetzt so von Sünde geplagt sein könnte, daß er priesterlichen Beistand nötig hatte, und legte den Putzlappen weg. Die Kirche von Nowo Korsaki war arm, sie konnte sich keinen Kirchendiener leisten, alles mußte Mamedow selbst machen, und wenn nicht einige alte Frauen freiwillig und für das Versprechen, in den Himmel zu kommen, den Boden aufgewischt, Staub weggewedelt und die Fenster poliert hätten, wären an Väterchen Akif auch diese Tätigkeiten noch hängengeblieben. Es war schon mühsam gewesen, für die Gottesdienste einen Vorsänger zu finden, denn die Alten waren nicht mehr kräftig bei Stimme, und unter den Jungen hetzte die Partei gegen den Popen und sagte ihnen, wer in die Kirche ginge oder sich sogar zum Vorsänger hergäbe, verrate den großen Vater Lenin und sei nicht würdig, in der Volksgemeinschaft ernst genommen zu werden.

Väterchen Akif mußte deshalb mit etwas vorliebnehmen, das einmalig im orthodoxen Gottesdienst ist: Er ließ die Jungfrau Stella Gawrilowna vorsingen. Ganz richtig — die Friedhofsgärtnerin von Nowo Korsaki. Kasutin nannte das einen ganz üblen Dreh, aber mit Stella war nicht zu reden.»Ich singe gern«, gab sie bei fünf Vorladungen vor dem Parteiausschuß zu Protokoll.»Wo steht bei Lenin, daß ein Russe nicht singen darf?«

«Aber in der Kirche!«brüllte Kasutin.

«Ich singe auch bei den Komsomolzen und zur l.-Mai-Feier und zur Oktoberrevolution, wenn man mich darum bittet«, antwortete Stella Gawrilowna.»Ich stehe mit meiner Stimme jedem zur Verfügung.«

Natürlich hatte Kasutin sie daraufhin nie gebeten. Um so stärker brodelte in ihm nun der Triumph, dem Popen klarzumachen, daß Stella anscheinend auch noch anderswie jedem zur Verfügung stand, wenn man sie darum bat. Für Kasutin bedeutete diese Stunde eine gewonnene Schlacht gegen die Reaktionäre.

Akif warf den Putzlappen weg, ordnete sein Priestergewand, kämmte mit gespreizten Fingern seinen Bart, klemmte das größte der geputzten Kreuze unter den Arm und betrat mit großer Würde den Kirchenraum. Er erschrak aber doch, als er Kasutin, Babajew und Dr. Lallikow aufgereiht nebeneinander stehen sah, als wollten sie einen Kanon singen.