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Und dreht sich auch schon weg, verzieht sich in ihre Wohnung über der Toreinfahrt, als hätte sie Angst vor mir, dabei habe ich Angst vor ihr. Ich verziehe mich schnell in den zweiten Hinterhof, erste Etage, Mitte.

Frage: kann wirklich behauptet werden, dass die bösen Hexen der Märchen Manifestationen einer frauenfeindlichen Denkungsart sind? Oder wäre es vielleicht richtiger einzusehen: das, bitteschön, ist eine Tatsache. Aus den Männern werden im günstigen Fall heitere, im ungünstigen Fall mit einer Schrotflinte herumfuchtelnde Greise, aus den Frauen im günstigen Fall gütige Großmütter, im ungünstigen Fall schädliche Hexen. Ich werde euch überleben.

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Der Laptop tanzt auf Darius Kopps Knien, kaum dass er mit dem Lesen angefangen hat. Kann keinen sicheren Sitz auf dem butterfarbenen Kunstleder seiner Sitzbank finden, die Position, die lange genug auszuhalten wäre. Keine ist auch nur für zwei Sekunden auszuhalten. Stell den Laptop doch auf den Tisch, so kann kein Mensch lesen.

Du lernst eine Frau kennen, sie erscheint dir fein, zurückhaltend, meinetwegen sensibel. Manche mögen das, andere nicht. Darius Kopp fühlte sich wie aus einer anderen Welt beschenkt. Jemand wie Juri hat von so etwas keinen Begriff. Die Frau hat sexy zu sein, fröhlich und trinkfest, oder zumindest robust, und hübsch anzusehen, kurze Beine hab ich schließlich selber, haha, blabla. Nach und nach lernst du erst, wie fragil doch alles ist.

Solange sie bei ihr waren, war alles gut. Ihre Wohnung war wie eine Höhle, Berliner Hinterhof, dunkel und klamm, aber wenn du sowieso die ganze Zeit im Bett liegst, macht das nicht soviel aus. Draußen ging ihr die Eleganz verloren, sie wurde steif und brüchig, aber das erkannte Kopp auch nur im Nachhinein. Damals kam es ihm so vor, als würde sie sich bei ihm anlehnen — Man konnte mit ihr Hüfte an Hüfte gehen, ohne ständig anzuecken — und er konnte Initiativen übernehmen, was einem Mann auch mal guttut. Gelegentlich muss man lernen, dass es manche mögen, wenn man ihnen Zugang zu Dingen verschafft, die sie sich allein nicht leisten könnten, und andere nicht. Das musst du verstehen, sagte Flora. Das ist wichtig.

Aber ich gebe gerne!

Und ich nehme manches gerne an und anderes nicht.

Da hast du dich gerade — nicht mühsam, aber entschieden — von der spießigen Sparsamkeit deiner kleinbürgerlichen Herkunft frei gemacht, schaffst den Pfennig eher ab, bevor du ihn einmal umdrehst, fährst Taxi und schaust nicht auf die rechte Spalte der Speisekarte, und dann taucht die eine Frau auf, die sagt: Aber man weiß doch meistens trotzdem, was dort steht.

Einmal überredete er sie zu einem feinen Restaurant. Es ging kolossal schief. Was ist ein Rehconsomme? Das weiß ich doch auch nicht, sagte er und lachte. Ein konsumiertes Reh? Dann doch lieber eine Pate. Sie drehte den Bissen im Mund. Hinterher gingen sie stumm nebeneinanderher. Kann ich heute mal alleine schlafen? Lass mich nicht draußen stehen, flehte er. Da ließ sie ihn ein.

Die erste wirkliche Krise trat nach einem halben Jahr ein und kam von außen. Als Krönung eines Tages voller Demütigungen am Arbeitsplatz — Am Ende fiel ihr ein Regal mit Filmrollen ins Kreuz, der Chef stand in der Tür und rührte sich nicht — wurde meine Frau von einer besoffenen Kreatur in einer nächtlichen Bushaltestelle belästigt, beleidigt und physisch verletzt. — In diesem billigen roten Mantel siehst du wie eine Nutte aus. — Lassen Sie mich bitte in Ruhe. — Aber er ließ sie nicht in Ruhe, sondern trat sie gegen das Schienbein, dass der Knochen wie trockenes Holz krachte. Ein besoffener Gnom. Und wieder muss man sagen: So etwas kommt vor. Die Frage ist eher, wieso passiert das nicht jeden Tag? Eine Weile sah es so aus, als käme sie, nach einer zu erwartenden Phase von Verwirrung, Trauer und Gram, darüber hinweg, so wie du und ich darüber hinwegkommen würden. Eine Weile konnte sie schlecht laufen, später blieb sie freiwillig in der Wohnung, ging nur hinaus, um die Zutaten für die Mahlzeiten des Tages zu besorgen. Erwartete mich jeden Tag mit einem warmen Abendessen. Darius Kopp schaffte es nicht jeden Tag nach Hause, solange sie noch wach war (Ging jeden Abend um 22:30 Uhr ins Bett und stand jeden Morgen um 6 Uhr auf, ruhig und gleichmäßig, wie ein Uhrwerk), aber nie beklagte sie sich. Was bin ich doch für ein Glückspilz. Bis Darius Kopp eines Nachts von einer Dienstreise nach Hause kam und kein Essen vorfand, nur ungeordnet auf dem Tisch liegende Zutaten. Er dachte, sie hätte es sich anders überlegt und wäre, statt zu kochen, lieber ins Kino gegangen, und setzte sich vor den Fernseher. Da er aber Hunger hatte, ging er doch noch einmal hinunter in die Gaststätte im Haus (Fuchs und Storch mit Namen, deutsche Küche, oft kopiert, nie erreicht) und der Wirt, der immer alles weiß, fragte, wie es seiner Frau ginge, und Darius Kopp antwortete, gut, und der Wirt sagte, ist sie wieder zu Hause, und Kopp sagte, nein, wahrscheinlich im Kino, woraufhin der Wirt große Augen machte und sagte: Sie wurde doch gerade erst mit Blaulicht abgeholt, ja, hat dir denn keiner was gesagt?

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[Datei: narancs]

Ein türkischer Gemüsehändler hat mir eine Orange geschenkt. In Pest habe ich einmal für einen Jungen eine Orange gestohlen.

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[Datei: virag] Virág Erdós

Feministisches Manifest Einst hatte sie ihn doch geliebt.

Einmal, als sie einen Ring nicht vom Finger bekam, kniete sich Paps vor sie hin, nahm den Finger in den Mund und saugte so lange daran, bis sich der Ring irgendwie löste. Da stellte sie sich vor, dass sie Paps war und Paps war sie. Und dass sie beide nun eins waren. Dass sie erst jetzt wirklich eins geworden waren. Später versuchte sie häufig, dieses Gefühl heraufzubeschwören, wenn sie irgendwo stand und man sich unbemerkt anlehnen konnte, zum Beispiel an der Wand oder an der Schrankwand im Büro oder an der Tür im Bus nach Hause, wenn es sehr voll war und keiner bemerkte, dass sie für einen Augenblick heimlich die Augen schloss. Es gelang ihr ungezählte Male und jedes Mal erfüllte sie ein angenehmes Gefühl. Ziemlich lange nahm man von ihnen beiden an, dass sie Vater und Tochter waren.

Einmal, als sie Hand in Hand zum Cola-Trinken ins Zwei Kleine Esel gingen, trafen sie jemanden auf der Straße. Er kam ihretwegen sogar von der anderen Straßenseite herüber, obwohl man ihm ansah, dass er es eigentlich nicht wollte. Aber Paps bemerkte ihn, winkte ihm zu, und dann musste er. Sie siezten sich, doch zu ihr sagte der unbekannte Mann Hallo und du. Und als sie sich verabschiedeten, beugte er sich zu ihr hinunter und kniff sie in die Wange oder gar nicht, er kniff sie nicht in die Wange, er schaute nur und dachte bei sich, wie groß doch dieses Mädel geworden ist. Dabei hatte sie da schon das Kind in ihrem Bauch.

Aber dann beschlossen sie, dass sie doch lieber erst eine Wohnung haben sollten. Man kann doch nicht für immer im Souterrain wohnen. Das noch dazu voller Flure war. Wenn sie einander sehen wollten, mussten sie erst hin und her irren und konnten sich nicht einmal sicher sein, dass die richtige Tür dann auch offen stand. Nach einem freudvollen Zusammensein stieg Paps zu ihr in die Badewanne und verriet ihr, wie einen lange gehegten geheimen Traum, dass er erst dann so wirklich glücklich wäre, wenn sie sich in ihrem gemeinsamen Leben jede Minute des Tages sehen könnten. Da gaben sie eine Annonce auf, dass sie gerne einen großen Raum kaufen würden. Erst dachten sie an einen leeren Lagerraum, später hätten sie sich auch schon mit einer Turnhalle zufriedengegeben. Die einzige Bedingung, mein Herr, ist, dass es keine Trennwände darin gibt. Dass es nichts darin gibt. Und er brüllte, als sie bis nach Kistarcsa hinausgefahren sind mit dem Bus, wo man ihnen ein verlassenes, aber heizbares und recht geräumiges Stallgebäude versprochen hatte und es sich am Ende herausstellte, dass das Dach mit riesigen Tragebalken unterstützt war. Und das Kind tapert dann schön hin, versteckt sich dahinter, damit du es nicht siehst. Und zieht die Hose runter und fasst sich an. Und zieht sich am Schniedel.