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Wir waren in keiner besonders guten Lage, und ich war schon auf und an, zu den Leuten oben im Turm hinaufzurufen und um Schutz zu bitten, doch Freds war schon losgelaufen, und so versetzte ich dem Lamm noch einen Schlag hinter den Kopf, um es zu betäuben, und folgte Freds. Dabei hatte ich das Gefühl, so laut zu sein wie eine Dampflokomotive, und Freds war auch nicht leiser, und meine Schulterblätter kribbelten in Erwartung, daß sich eine Kugel oder eine Klaue zwischen sie senken würden. Dann erklang im Unterholz zu meiner Rechten ein Geräusch, und ich öffnete den Mund zu meinem letzten Schrei und schwang das Schaf zurück, um es dem Tiger als Opfergabe anzubieten, als die große schwarze Masse des sich nähernden Wesens enthüllte, daß es sich um Sunyash handelte, die direkt auf uns zutrottete. Dawa mußte sie nicht einmal zum Stehen bringen; Freds schien mit einem einzigen Satz auf die Plattform zu springen, und ich warf das Lamm zu ihm hoch und sprang ebenfalls an Bord. Ich landete so hart auf dem Schaf, daß ich überzeugt war, es getötet zu haben, doch es blökte und trat mich, um mir zu zeigen, daß es wohlauf war.

Und wir schwankten mit Höchstgeschwindigkeit durch den Dschungel.

5

»Ha!« sagte Freds, als er wieder zu Atem gekommen war. »War das nicht toll?«

Mir fiel keine Antwort ein.

Er fing an zu kichern. »Falls heute abend noch ein paar Tiger beim Tiger View vorbeischauen, steigen sie hoffentlich die Treppe hoch und kratzen an der Turmtür. Diese perversen Widerlinge dahinter sollen sie ganz genau sehen können. Vielleicht versucht einer sogar, die Tür aufzubrechen, und löst da drin ein paar Herzanfälle aus.«

»Du warst in letzter Zeit zu oft mit Colonel John zusammen.«

»Vielleicht,«

Dann griff Dawa mit einer Hand zurück und bedeutete uns zu schweigen, und gleichzeitig hielt er Sunyash an. Wir saßen still da. Wir waren unter dem Baldachin der Bäume hervorgekommen und standen im Elefantengras am Rand einer Wiese. »Was ist jetzt los?« hauchte ich, doch Dawa winkte erneut und noch heftiger.

Freds drückte seinen Mund auf mein Ohr. »Siehst du den Jeep da?«

Er deutete auf eine eckige Masse am Rand der Wiese. Ich nickte.

»Wilddiebe« flüsterte Freds. »Sei ganz still — das könnte gefährlich werden.«

Das könnte gefährlich werden? Ich verzog den Mund.

Bevor ich ihn aufhalten konnte, war Freds über das Geländer geklettert. Ich rutschte auf seine Seite der Plattform, doch Dawa legte eine Hand auf meinen Arm und schüttelte den Kopf. Wir saßen drei oder vier Minuten schweigend da. Dann kam Freds zurück. Er hielt einen großen kegelförmigen Gegenstand hoch, und ich ergriff ihn; er war schwer und von seltsamer Beschaffenheit, und ich legte ihn neben dem betäubten Schaf auf die Plattform. »Was, zum Teufel, ist das?« flüsterte ich, als Freds zu mir hinaufkletterte.

»Das Horn eines Rhinozerosses«, erwiderte er leise. »Sie haben es abgeschlagen, siehst du?« Er wechselte ein paar schnelle Sätze mit Dawa, und wir setzten uns wieder in Bewegung, zogen uns so langsam und leise zurück, wie es Sunyash möglich war, und schlugen dann einen Kreis um die Wiese der Wilddiebe.

»Mistkerle«, sagte Freds. »Und es war ein Armee-Jeep. Die nepalesische Armee.«

»Was hast du getan?« fragte ich.

»Ich habe alle Reifen aufgeschlitzt, das Zündkabel durchtrennt und dieses Horn vom Rücksitz geklaut. Und mir ihr Nummernschild gemerkt.«

»Sie bringen die Nashörner nur wegen der Hörner um?«

»Ja. Das sind wieder die verdammten Chinesen — sie glauben, das zermahlene Horn sei ein Aprodisiakum.«

»Ein Aprodisiakum?«

»Ja. Die Chinesen meinen wohl, sie pflanzten sich nicht gut genug fort.«

»Und es war ein Jeep der nepalesischen Armee?«

»Ja, aber das kann alles mögliche bedeuten. Sie können ihn gestohlen oder geborgt haben — oder das da draußen sind Soldaten.«

Plötzlich erklang ein Schrei in den Bäumen zu unserer Rechten, und ein Päng! Päng! Päng! Wir wurden beschossen. Eine Kugel sauste wie eine große Bremse über unsere Köpfe, und dann war Sunyash wieder mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs. Selbst, als sie vor dem Tiger floh, war sie nicht so schnell gewesen; Dawa beugte sich vor, schrie ihr etwas in die Ohren, und sie stapfte wirklich drauflos, schneller, als irgendein anderes Tier in diesem Terrain hätte laufen können, von einem Nashorn einmal abgesehen. Ich konnte noch immer Schüsse hinter uns hören, doch wir schienen sie hinter uns zu lassen.

Dann bemerkte ich, daß sich unsere Plattform nach links neigte und mit jedem Schritt tiefer an Sunyash’ breiter Flanke hinabrutschte. »Die Riemen haben sich gelockert!« rief Freds und hielt sich an dem hinabhängenden Geländer fest. »George, beug’ dich vor und halt’ den Riemen fest!«

Und so lehnte ich mich unter das Plattform-Geländer, griff hinab und ertastete einen Riemen, der Sunyash anscheinend von vorn nach hinten umfaßte. Ich schlang eine Hand um den Riemen und ein Knie um den Eckpfosten und konnte damit verhindern, daß die Plattform weiter hinabrutschte. Allerdings mußte ich nun in dieser Position bleiben. Und Dawa, der vor den Wilddieben Angst hatte, ließ Sunyash den ganzen Weg bis zu unserem Lager laufen, und ich hing mit dem Kopf nach unten an der rechten Seite des Elefanten hinab, und jeder Ast, an dem wir vorbeikamen, scharrte mir die Haut auf. Über mir blökte das Schaf, und Freds rief: »Gut so, George! Halt durch! Wir sind fast zu Hause!«

Schließlich erreichten wir unser Camp und fielen in einen langsameren Trott. Am Aufsitzturm befreite man mich von der Plattform und den Riemen und fing mich auf, als ich hinabrutschte. Dawa kümmerte sich um Sunyash und das Schaf, während Freds mich zu unserer Hütte brachte. Ich warf mich auf mein Bett und fiel bald in den tiefen Schlaf des Vergessens.

Eine Stunde später kamen die Campbediensteten und klopften an alle Türen, um uns zu wecken. Daubahal steckte den Kopf in unser Zimmer; die aufgehende Sonne leuchtete auf seinem lächelnden Gesicht.

»Elefantenritt!« erklärte er.

An diesem Abend gab es Lamm zum Essen.

6

Am folgenden Tag übergaben wir das Horn den nepalesischen Polizisten, die Daubahal benachrichtigt hatte, und nannten ihnen die Nummer des Jeeps, die Freds sich eingeprägt hatte: 346. Ich fragte mich unwillkürlich, ob das Horn nicht trotzdem in China enden würde, nur über andere Kanäle.

Ich warf einen Blick in den gesprungenen Spiegel in unserer Dusche und stellte fest, daß ich wie ein Märtyrer aussah, der versucht hatte, die Malaien zu bekehren und mit der Bambuspeitsche Prügel bezogen hatte; ich fühlte mich allerdings noch schlimmer. Doch wir kehrten mit einem letzten schmerzhaften Elefantenritt zu dem Landrover auf der anderen Seite des Dschungelflusses zurück und fuhren los. Und an diesem Abend waren wir wieder im Hotel Star in Katmandu, und was mich betraf, war unser Dschungelabenteuer ausgestanden. Finito. Endgültig. Alles in allem war es gar nicht so schlecht gewesen. Im Vergleich zu den anderen Unternehmungen mit Freds, bei denen man mich wirklich durch die Mangel gedreht hatte, war es wirklich harmlos gewesen. Eine Nacht im Dschungel. Toll. Ende der Geschichte. Klasse. Ich Glücklicher. Tut mir leid, daß diese Geschichte nur so kurz ist.

Aber sie waren noch nicht fertig mit mir.