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«Nein, durchaus nicht.» Der Makler richtete sich auf und blickte ihn schlau an. «Sie sind doch kein Schriftsteller?»

«Nein, nicht direkt. Ich bin ein Detektiv.»

Diese bescheidene Feststellung hatte Poirot bisher nur selten gemacht.

«Natürlich, das weiß man ja, der berühmte Hercule Poirot!» sagte Blake mit einem ironischen Unterton, und obwohl es Poirot recht war, bei dieser Unterhaltung nicht ganz ernst genommen zu werden, ärgerte er sich darüber. Aber er ließ sich nichts anmerken.

«Es freut mich», log er, «daß ich Ihnen so gut bekannt bin. Meine Erfolge beruhen auf Psychologie, auf der ewigen Frage nach den Motiven menschlichen Verhaltens. Das interessiert heutzutage die Welt bei Kriminalfällen. Früher interessierte man sich bei Kriminalfällen nur für die Liebesgeschichte im Hintergrund, heute ist das anders. Die Leute wollen den ganzen Hintergrund kennenlernen.»

Blake erwiderte leicht gähnend: «Das Motiv der meisten Verbrechen ist doch klar, meist geht es nur ums liebe Geld.»

«Aber mein lieber Herr!» rief Poirot, «das Motiv darf nie so offensichtlich zu erkennen sein, das ist der springende Punkt!»

«Und da setzen Sie ein?»

«Richtig! Man hat mich beauftragt, frühere Kriminalfälle vom psychologischen Gesichtspunkt aus zu beschreiben. KriminalPsychologie ist meine Spezialität, und so habe ich den Auftrag angenommen.» Blake grinste. «Recht lukrativ, nehme ich an?»

«Ich hoffe es.»

«Ich gratuliere Ihnen. Aber vielleicht sagen Sie mir jetzt, inwiefern ich Ihnen dabei behilflich sein kann.»

«Gern. Es handelt sich um den Fall Crale, Monsieur.» Nachdenklich murmelte Blake : «... der Fall Crale...»

«Das ist Ihnen doch nicht unangenehm, Mr. Blake?» fragte Poirot besorgt.

«Es würde mir ja nichts helfen», antwortete Blake achselzuckend. «Es hat keinen Zweck, sich über etwas zu ärgern, wogegen man nichts tun kann. Der Fall Caroline Crale ist sozusagen Allgemeingut geworden; jedermann kann nach Herzenslust darüber schreiben, und ich kann nichts dagegen tun. Ich gestehe Ihnen ganz offen, daß ich davon nicht begeistert bin. Amyas Crale war einer meiner besten Freunde, und es paßt mir gar nicht, daß diese unglückliche Geschichte wieder ans Tageslicht gezerrt wird. Aber da kann man eben nichts machen.»

«Sie sind ein Philosoph, Mr. Blake.»

«Nein, ich weiß nur, daß es keinen Zweck hat, mit dem Kopf durch die Wand rennen zu wollen, und ich glaube, daß Sie es weniger schlimm machen werden als andere.»

«Ich hoffe, daß ich wenigstens mit Takt schreiben werde, und ich versichere Ihnen, Mr. Blake, daß mich der Fall wirklich interessiert. Es ist für mich nicht nur eine Geldfrage. Ich möchte die Vergangenheit neu erstehen lassen, die Ereignisse im Geiste vor mir abrollen sehen, die Gedanken und Gefühle der an der Tragödie Beteiligten nachempfinden.»

«Ich glaube nicht, daß es sich in dem Fall um psychologische Feinheiten handelt. Es war einfach brutale weibliche Eifersucht, weiter nichts.»

«Ihre Einstellung zu der Angelegenheit würde mich außerordentlich interessieren, Mr. Blake.»

Blake lief plötzlich rot an und sagte heftig: «Einstellung! Einstellung! Sprechen Sie doch nicht so pedantisch. Ich bin nicht einfach dabeigestanden und habe eine Einstellung gehabt. Sie scheinen nicht zu begreifen, daß mein Freund... mein bester Freund, sage ich Ihnen, ermordet wurde... vergiftet! Und wenn ich schneller gewesen wäre, hätte ich ihn retten können.»

«Wie wäre das möglich gewesen, Mr. Blake?»

«Ganz einfach. Ich nehme an, daß Sie die Fakten des Falles kennen.» Poirot nickte. «Dann ist Ihnen bestimmt auch bekannt, daß mich mein Bruder Meredith am Morgen des Mordtages anrief. Er war schrecklich aufgeregt. Einer seiner Teufelssäfte fehlte - und es war ein besonders gefährlicher Teufelssaft. Was habe ich getan? Ich habe ihm gesagt, er solle zu mir kommen, wir würden darüber sprechen und überlegen, was zu tun wäre. Überlegen! Ich kann noch heute nicht verstehen, daß ich ein so unentschlossener Idiot gewesen bin. Ich hätte mir darüber klar sein müssen, daß keine Minute zu verlieren war. Ich hätte sofort Amyas warnen müssen, hätte ihm sagen müssen; <Caroline hat einen von Merediths Giftsäften geklaut, und ihr beiden, du und Elsa, müßt aufpassen!>» Blake hatte sich erhoben und ging aufgeregt hin und her. «Mein Gott, Menschenskind! Wie oft denke ich darüber nach, zermartere mir das Hirn. Ich weiß, daß ich ihn hätte retten können, und ich habe die Zeit vertrödelt, habe auf Meredith gewartet. Ich hätte doch wissen müssen, daß Caroline weder Gewissensbisse noch Hemmungen kannte. Sie hatte das Gift genommen, um es zu benutzen, und zwar bei der ersten Gelegenheit. Sie würde nicht darauf warten, bis Meredith den Verlust entdeckte. Ich wußte also... jawohl, ich wußte es... daß Amyas in Todesgefahr schwebte. Und ich habe nichts getan.»

«Ich glaube, Sie machen sich ungerechtfertigte Vorwürfe, Monsieur. Sie hatten ja nicht viel Zeit...»

Blake unterbrach ihn: «Zeit? Massenhaft! Ich hatte die verschiedensten Möglichkeiten. Ich hätte Amyas warnen können, allerdings hätte er mir wahrscheinlich nicht geglaubt, denn er war nicht der Mann, der leicht um sein Leben bangte. Er hätte mich nur ausgelacht. Und wahrscheinlich hat er nie ganz begriffen, was für ein teuflisches Weib Caroline war. Eine zweite Möglichkeit wäre gewesen, zu ihr zu gehen, ihr zu sagen: <Ich weiß, was du vorhast. Aber ich sage dir, wenn Amyas oder Elsa an einer Koniinvergiftung sterben, wirst du gehängt. > Dann hätte sie es ich überlegt. Oder ich hätte die Polizei anrufen können. Ich hätte vieles tun können... und statt dessen habe ich mich durch Merediths langweilige, vorsichtige Art beeinflussen lassen. Dieser alte Trottel hat noch nie in seinem Leben einen raschen Entschluß gefaßt. Ein Glück für ihn, daß er der Älteste ist und das Gut geerbt hat. Wenn er je versucht hätte, Geld zu verdienen, hätte er Hals und Kragen verloren.»

«Sie hatten also nicht den geringsten Zweifel, wer das Gift entwendete?» fragte Poirot.

«Natürlich nicht. Ich wußte sofort, daß es Caroline gewesen war. Ich kannte sie doch nur zu gut.»

«Sehr interessant. Können Sie mir sagen, Mr. Blake, was für eine Frau Caroline Crale war?»

«Sie war nicht die verfolgte Unschuld, als die sie bei der Verhandlung erschien», entgegnete Blake scharf. «Was war sie denn?»

Blake hatte sich wieder gesetzt und antwortete ernst: «Caroline war böse, durch und durch böse. Aber sie war reizvoll und süß und täuschte die Menschen. Sie hatte einen rührend hilflosen Blick, der an den Kavalier im Mann appellierte. So wie sie stelle ich mir Maria Stuart vor, süß und unglücklich und bezaubernd - in Wirklichkeit aber ein kaltes, berechnendes Weib, das Intrigen spann, das die Ermordung Darnleys plante und sie ungestraft ausführte. Und so war auch Caroline: eine kalte, berechnende Intrigantin, und dazu jähzornig.

Ich weiß nicht, ob man Ihnen erzählt hat - es gehört an sich nicht zu dem Mord, war aber charakteristisch für sie - was sie ihrer kleinen Schwester angetan hat? Sie war eifersüchtig. Ihre Mutter hatte sich wieder verheiratet und überschüttete das neugeborene Kind mit ihrer Liebe. Das konnte Caroline nicht ertragen. Sie versuchte, dem Baby mit einem Brecheisen den Schädel einzuschlagen. Zum Glück war der Schlag nicht tödlich - aber stellen Sie sich diese Gemeinheit vor!»