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Sie kehrten auf einem etwas längeren und steinigen Weg zu dem Damm zurück. Beide schwiegen. Poirot respektierte die Stimmung seines Begleiters.

In Handcross Manor wieder angelangt, sagte Meredith plötzlich: «Ich habe das Bild gekauft, das Amyas malte. Der Gedanke, daß es versteigert würde und Menschen mit schmutziger Phantasie es anstarren könnten, war mir unerträglich. Amyas hielt es für die beste Arbeit, die er je gemacht hatte. Und auch ich finde, daß es ein Meisterwerk ist. Es ist so gut wie fertig, er wollte nur noch einen Tag daran arbeiten. Möchten Sie es sehen?»

«Gern.»

Blake führte ihn durch die Halle, schloß eine Tür auf, und sie traten in einen ziemlich großen, muffig riechenden Raum. Blake öffnete das Fenster, und die duftende Frühlingsluft strömte in das Zimmer.

«Oh, wie schön!» sagte er. Er blieb eine Weile am Fenster stehen und atmete die köstliche Luft ein. Poirot trat zu ihm. Die frühere Verwendung des Raumes war offensichtlich. Die Regale waren zwar leer, aber man sah noch die Spuren von Flaschen. Alles war staubbedeckt.

Meredith blickte zum Fenster hinaus und sagte: «Wie all die Erinnerungen wieder auftauchen! Hier an dieser Stelle stand ich, habe den Duft des Jasmins eingeatmet und habe geredet und geredet - Narr, der ich war - über meine geliebten Kräuter und Säfte.»

Während Poirot wie geistesabwesend zum Fenster hinauslangte und einen Jasminzweig abbrach, ging Meredith, als habe er sich plötzlich entschlossen, zur gegenüberliegenden Wand und nahm von einem Bild den Überzug ab. Poirot stockte der Atem. Er hatte bisher vier Bilder von Amyas Crale gesehen, zuletzt das Stilleben bei Philip Blake, aber dies hier war das Bild, das der Maler selbst als sein Meisterwerk bezeichnet hatte, und wieder stellte Poirot fest, was für ein überragender Künstler Crale gewesen war. Auf den ersten Blick hätte man annehmen können, es sei ein Plakat, so stark waren die Gegensätze: ein Mädchen in einem kanariengelben Hemd und dunkelblauen Hosen saß im grellen Sonnenlicht auf einer grauen Mauer, die sich von einem leuchtend blauen Meer abhob. Es war das Motiv für ein Plakat.

Aber der erste Eindruck täuschte, der Glanz und die Klarheit des Lichtes waren nicht fotografisch genau wiedergegeben. Und das Mädchen.. ja, das war Leben. In diesem Gesicht lebte alles, es war von überströmender Lebenskraft, und die Augen.. Soviel Leben! Solch leidenschaftliche Jugend! Das also hatte Amyas Crale in Elsa Greer gesehen, das hatte ihn gegenüber diesem zarten, reizenden Geschöpf, seiner Frau, blind und taub gemacht - Elsa war für ihn das Leben, die Jugend. Ein herrliches, schlankes Geschöpf, das arrogant den Kopf wandte und dessen Augen triumphierten, das einen anblickte, beobachtete... wartete...

Hercule Poirot streckte die Arme aus und rief: «Das ist großartig... wirklich großartig...»

Meredith sagte mit verhaltener Stimme: «Sie war so jung...» Poirot nickte und folgte schweigend seinem Gastgeber zur Tür. Sein Interesse für Elsa Greer, die er als nächste besuchen wollte, hatte sich nun noch gesteigert. Wie hatten wohl die Jahre dieses leidenschaftliche, triumphierende, ungestüme Mädchen verändert? Er blickte sich noch einmal nach dem Bild um. Diese Augen. Sie beobachteten ihn... sie sagten ihm etwas... Er verstand nicht, was sie ihm sagten. Würde die wirkliche Frau es ihm sagen können? Oder sagten diese Augen etwas, was sie selbst nicht wußte?

Diese Arroganz, diese triumphierende Vorfreude. Und dann hatte der Tod eingegriffen und hatte diesen gierigen, zupackenden jungen Händen die Beute entrissen.. das Licht war aus den leidenschaftlichen, erwartungsvollen Augen geschwunden. Wie waren die Augen von Elsa Greer heute? Nach einem letzten Blick auf das Bild verließ er den Raum. Er dachte: Sie hatte zuviel Leben in sich. Und eine leichte Furcht befiel ihn...

8 Ein rosiges Schweinchen bekam Roastbeef...

Auf den Fensterbänken des Hauses in der Brook Street prangten Tulpen, und in der Halle stand eine große Vase mit weißen Lilien, die einen starken Duft verbreiteten.

Ein älterer Butler nahm Poirot Hut und Stock ab, gab sie einem Lakai und murmelte ehrerbietig: «Darf ich bitten, Sir?»

Poirot folgte ihm durch die Halle, eine Tür wurde geöffnet, und der Butler meldete ihn an. Dann ging die Tür hinter Poirot zu. Ein großer schlanker Mann erhob sich aus einem Sessel beim Kamin und kam ihm entgegen.

Lord Dittisham, ein Mann Ende der Dreißig, war nicht nur erbliches Mitglied des Oberhauses, er war auch ein Dichter. Zwei seiner allegorischen Dramen waren unter großen Kosten aufgeführt worden und hatten einen Achtungserfolg erzielt. «Nehmen Sie bitte Platz, Monsieur Poirot.» Poirot setzte sich und nahm die ihm angebotene Zigarette. Dittisham gab ihm Feuer, dann setzte auch er sich und blickte seinen Besucher an. «Sie wollen meine Frau sprechen», sagte er. «Lady Dittisham war so liebenswürdig, mir eine Unterredung zu gewähren.»

«Ich weiß.»

Eine Pause folgte, und schließlich sagte Poirot auf gut Glück: «Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, Lord Dittisham.» Auf dem träumerischen Gesicht erschien ein Lächeln. «Die Einwände der Ehemänner, Monsieur Poirot, werden heutzutage nicht mehr ernst genommen.»

«Dann haben Sie also etwas dagegen?»

«Nein, das könnte ich nicht sagen. Aber, offengestanden, fürchte ich mich vor der Wirkung, die diese Unterredung auf meine Frau ausüben könnte. Vor vielen Jahren, als meine Frau ein blutjunges Mädchen war, hatte sie dieses schreckliche Erlebnis. Sie ist meiner Ansicht nach darüber hinweggekommen und hat es vergessen. Nun tauchen Sie auf, und Ihre Fragen werden selbstverständlich alles in ihr wieder aufrühren.»

«Das tut mir sehr leid», erwiderte Poirot höflich. «Und ich weiß natürlich nicht, was die Folge davon sein wird.»

«Ich kann Ihnen nur versichern, Lord Dittisham, daß ich so diskret wie möglich vorgehen werde, um die Gefühle Ihrer Frau Gemahlin zu schonen. Zweifellos ist sie zart und empfindsam.» Überraschenderweise lachte der Lord und sagte: «Elsa? Elsa ist kräftig wie ein Pferd.»

«Dann...» Poirot machte eine diplomatische Pause. Dittisham fuhr fort: «Meine Frau kann jeden Schock vertragen. Wissen Sie eigentlich, aus welchem Grund sie Sie empfängt?»

«Aus Neugierde?» fragte Poirot selbstgefällig.

«Oh, Sie sind sich darüber klar?»

«Natürlich. Die meisten Damen lernen gern einen Privatdetektiv kennen, während die Männer ihn zum Teufel wünschen.»

«Aber auch manche Damen würden ihn zum Teufel wünschen.»

«Nachdem sie ihn kennengelernt haben, vorher nicht.»

«Mag sein.» Nach einer kurzen Pause fragte Dittisham: «Was ist eigentlich der Zweck dieses Buches?»

Poirot zuckte die Achseln. «Man gräbt alte Melodien, alte Sitten und Gebräuche, alte Kostüme aus, man gräbt auch die alten Mordfälle aus.»

«Ein Unfug!»

«Wenn Sie wollen, ein Unfug. Aber Sie können die menschliche Natur nicht ändern. Mord ist ein Drama, und die Menschen scheinen Dramen zu lieben.»

«Ich weiß... ich weiß...» murmelte Dittisham. «Daher wird dieses Buch geschrieben. Meine Aufgabe ist es, zu verhindern, daß nicht zu schwere Irrtümer unterlaufen, daß die Tatsachen nicht verdreht werden.»

«Soviel ich weiß, sind die Tatsachen doch geklärt worden?»

«Ja, aber nicht ihre Auslegung.»

«Was wollen Sie damit sagen, Monsieur Poirot?» fragte Dittisham scharf.