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Miss Greer ging dann nach einiger Zeit zurück nach London, worüber wir uns alle sehr freuten. Die Dienstboten konnten sie ebensowenig leiden wie ich; sie gehörte zu den Menschen, die viel Arbeit verursachen und vergessen, sich dafür zu bedanken.

Kurz danach verreiste auch Mr. Crale. Ich wußte natürlich, daß er dem Mädchen nachgefahren war, und Mrs. Crale tat mir sehr leid; sie war so empfindsam. Ich war äußerst erbittert über Mr. Crale. Wenn ein Mann eine so reizende, intelligente Frau hat, so darf er sie nicht auf diese Weise behandeln; doch hofften sowohl sie wie ich, daß die Affäre bald zu Ende sein würde.

Wir sprachen natürlich nicht darüber, aber sie wußte über meine Ansicht Bescheid.

Leider tauchte das Paar nach einigen Wochen wieder auf, und die Sitzungen sollten von neuem aufgenommen werden. Mr. Crale arbeitete nun wie ein Besessener. Ihn schien jetzt weniger das Mädchen als das Bild zu interessieren; dennoch bemerkte ich, daß diese Affäre ernster war als die bisherigen. Das Mädchen hatte ihn in ihrer Macht und wußte, was sie wollte; er war wie Wachs in ihren Händen. Am Tag vor seinem Tod, also am 17. September, hatte sich die Lage zugespitzt. Bereits in den letzten Tagen war Miss Greers Unverschämtheit unerträglich geworden; sie fühlte sich sicher, und sie zeigte es auch. Mrs. Crale verhielt sich wie eine wahre Dame. Sie war von einer eisigen Höflichkeit, gib aber der andern klar zu verstehen, was sie von ihr dachte. Als wir an diesem Tag, dem 17. September, nach dem Mittagessen im Wohnzimmer saßen, machte Miss Greer die erstaunliche Bemerkung, daß sie die Einrichtung des Zimmers ändern wolle, sowie sie nach Alderbury ziehen würde. Natürlich konnte Mrs. Crale das nicht hinnehmen. Sie stellte Miss Greer zur Rede, die daraufhin die Unverschämtheit besaß, vor uns allen zu behaupten, sie würde Mr. Crale heiraten.. einen verheirateten Mann, und sie sagte das zu seiner Frau! Ich war außer mir über Mr. Crale. Wie konnte er es zulassen, daß dieses Mädchen seine Frau in ihrem Wohnzimmer beschimpfte? Wenn er mit Miss Greer durchbrennen wollte, hätte er es tun sollen, sie aber nicht in sein Haus bringen und ihre Unverschämtheit unterstützen dürfen.

Trotz ihrer nur zu verständlichen Gefühle verlor Mrs. Crale ihre Würde nicht. Ihr Mann kam gerade ins Zimmer, und sie verlangte von ihm sofort eine Erklärung. Er ärgerte sich verständlicherweise über Miss Greer, weil sie diese Situation heraufbeschworen hatte; außerdem erschien er dadurch in einem schlechten Licht, und so etwas lieben Männer nicht, es verletzt ihre Eitelkeit. Dieser riesengroße Mann stand da wie ein ungezogener Schuljunge. Er mußte zugeben, daß es wahr sei, daß er es ihr aber noch nicht habe mitteilen wollen. Sie warf ihm nur einen verächtlichen Blick zu und verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer. Sie war eine schöne Frau, viel schöner als jenes schillernde Mädchen, und ihr Gang war der einer Königin.

Ich wünschte von ganzem Herzen, daß Amyas Crale für seine Grausamkeit bestraft würde, und versuchte zum erstenmal, Mrs. Crale gegenüber etwas von meinen Gefühlen zu äußern. Sie ließ es jedoch nicht zu und sagte: «Wir müssen tun, als sei nichts geschehen. Das ist das beste. Wir gehen heute nachmittag alle zu Meredith Blake zum Tee.»

«Ich finde Sie wunderbar, Mrs. Crale», sagte ich. Sie erwiderte nur: «Sie wissen ja nicht...» Sie küßte mich und fügte hinzu: «Sie sind ein großer Trost für mich.» Dann ging sie in ihr Zimmer, und ich glaube, sie weinte. Ich sah sie erst wieder, als alle aufbrachen. Mr. Crale schien sich unbehaglich zu fühlen, versuchte es aber durch auffallendes Benehmen zu bemänteln. Mr. Philip Blake bemühte sich, unbefangen zu scheinen, und Miss Greer sah aus wie eine Katze, die süßen Rahm genascht hat - sie schnurrte gewissermaßen; Gegen sechs Uhr kam die Gesellschaft wieder zurück. Ich hatte an diesem Abend keine Gelegenheit mehr, mit Mrs. Crale allein zu sprechen. Beim Essen war sie ruhig und ging früh zu Bett. Nach dem Essen stritt sich Angela wieder einmal mit Mr. Crale, und zwar machte sie ihm die heftigsten Vorwürfe, weil sie ins Internat gehen sollte. Es hatte natürlich keinen Zweck, aber zweifellos spürte sie die Spannung in der Luft und reagierte auf ihre Art darauf. Ich fürchte, ich war zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, um sie in ihre Schranken zu weisen, wie es meine Pflicht gewesen wäre. Der Streit endete damit, daß sie mit einem Briefbeschwerer nach Mr. Crale warf und aus dem Zimmer stürzte. Ich ging ihr nach und wies sie scharf zurecht, aber sie war noch so aufgeregt, daß ich es für das beste hielt, sie allein zu lassen.

Ich überlegte, ob ich zu Mrs. Crale gehen sollte, beschloß aber, sie nicht zu stören. Nachträglich wäre ich froh gewesen, wenn ich meine Bedenken überwunden und sie zum Sprechen gezwungen hätte; vielleicht hätte das alles geändert, denn sie hatte außer mir ja keinen Menschen, dem sie sich anvertrauen konnte. Ich bin sehr für Selbstbeherrschung, muß aber betrübt zugeben, daß man sie zuweilen übertreiben kann. Ein natürliches Ventil für zu starke Gefühle ist empfehlenswert. Am nächsten Tag war schönes Wetter. Noch vor dem Frühstück ging ich in Angelas Zimmer, aber sie war schon auf und davon, Ich nahm einen zerrissenen Rock, den sie auf den Boden geworfen hatte, mit mir; sie sollte ihn nach dem Frühstück nähen. Sie hatte sich aber bereits in der Küche Brot und Marmelade geben lassen und war verschwunden. Nachdem ich gefrühstückt hatte, machte ich mich auf die Suche nach ihr. Aus diesem Grunde konnte ich mich an dem Morgen nicht mehr um Mrs. Crale kümmern, wie ich es wohl hätte tun sollen. Doch ich hielt es für meine Pflicht, Angela zu suchen; sie war sehr unordentlich mit ihren Kleidern, und das durfte ich ihr nicht durchgehen lassen. Ich ging hinunter an den Strand, sah sie aber weder im Wasser noch auf den Felsen und dachte, sie wäre vielleicht zu Mr. Meredith Blake gegangen, an dem sie sehr hing. Daher ruderte ich über die Bucht und suchte sie im Garten und im Haus von Mr. Blake, doch vergebens. So kehrte ich schließlich nach Alderbury zurück, wo ich Mrs. Crale und die beiden Herren Blake auf der Terrasse vorfand. Da es sehr heiß war, bot Mrs. Crale den Herren Bier an. Neben der Terrasse war ein kleines Treibhaus, das nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck benutzt wurde, sondern in eine Art Bar verwandelt worden war, und dort, in einem kleinen Eisschrank, lagerten stets einige Flaschen Bier. Ich ging mit Mrs. Crale in das Treibhaus, um Bier zu holen, und fand Angela, wie sie gerade eine Flasche Bier aus dem Eisschrank nahm. Mrs. Crale, die vor mir eingetreten war, sagte: «Ich will Amyas eine Flasche Bier hinunterbringen.» Es ist für mich jetzt schwer zu entscheiden, ob ich Verdacht hätte schöpfen sollen. Ihre Stimme war völlig normal, und ich interessierte mich in dem Moment mehr für Angela, die beim Eisschrank stand und zu meiner Genugtuung schuldbewußt aussah. Ich wies sie scharf zurecht, was sie erstaunlicherweise geduldig über sich ergehen ließ. Als ich sie fragte, wo sie gewesen sei, und sie mir antwortete, sie sei schwimmen gegangen, sagte ich: «Ich habe dich aber am Strand nicht gesehen.» Sie lachte nur. Dann fragte ich, wo sie ihren Pullover habe, und sie antwortete, sie müsse ihn am Strand liegengelassen haben. Ich erwähne diese Einzelheiten nur, um zu erklären, warum ich es zuließ, daß Mrs. Crale das Bier selbst zur Schanze brachte. Über den Rest des Morgens weiß ich nur noch wenig. Ohne weitere Widerrede nähte Angela ihren Rock, und ich besserte, soviel ich weiß, Wäsche aus. Mr. Crale kam nicht zum Essen; ich war froh, daß er wenigstens soviel Anstand besaß.

Als Mrs. Crale nach dem Essen sagte, sie ginge hinunter zur Schanze, begleitete ich sie, da ich Angelas Pullover am Strand suchen wollte. Nachdem ich schon ein paar Schritte weitergegangen war, hörte ich einen Schrei, und gleich darauf rief mich Mrs. Crale zurück. Wie ich Ihnen schon bei Ihrem Besuch sagte, schickte sie mich, den Arzt anzurufen. Auf halbem Weg traf ich Mr. Meredith Blake und ging sofort zu Mrs. Crale zurück. So war meine Aussage bei der Voruntersuchung und vor Gericht.