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Poirot beeilte sich, Öl auf die Wellen zu gießen. «Ich bitte vielmals um Entschuldigung; ich weiß, es ist unverzeihlich. Sie am Golfspiel zu hindern. Immerhin, Mr. Blake, handelt es sich doch um die Tochter Ihres besten Freundes, und ihr können Sie doch ein kleines Opfer bringen, nicht wahr?»

Der Butler meldete: «Miss Warren.»

Meredith ging ihr entgegen und sagte: «Es ist sehr nett von Ihnen, Angela, daß Sie trotz Ihrer vielen Arbeit gekommen sind.»

Carla begrüßte sie herzlich und stellte ihr einen großen jungen Mann mit stetigen grauen Augen vor, der neben ihr stand. «Das ist John Rattery. Wir hoffen, daß wir einander heiraten können.»

Meredith empfing unterdessen den nächsten Gast. «Wie schön, Miss Williams,    Sie    nach so    vielen    Jahren wiederzusehen.» Dünn, schmächtig, aber energisch wie immer, trat die alte Gouvernante näher. Angela ging auf sie zu und sagte lächelnd: «Ich komme mir wieder wie ein Schulmädchen vor.»

«Ich bin sehr stolz auf Sie, mein liebes Kind», erwiderte Miss Williams. «Ich habe mit Ihnen Ehre eingelegt. Das ist wohl Carla, nicht wahr? Sie wird sich nicht mehr an mich erinnern, sie war damals noch zu jung...»

Philip Blake schnitt ihr gereizt das Wort ab: «Was heißt denn das alles? Ich hatte ja keine Ahnung...»

Poirot sagte: «Nennen wir es einen Ausflug in die Vergangenheit. Nehmen Sie doch bitte Platz, meine Herrschaften! Sowie der letzte Gast eintrifft, können wir mit unserer Geisterbeschwörung beginnen.»

«Was ist das für ein Unfug?» rief Philip Blake. «Sie wollen doch nicht etwa eine Séance abhalten?»

«Nein. Wir wollen nur einige Ereignisse erörtern, die sich vor vielen Jahren abgespielt haben. Was die Geister anbelangt, so werden sie nicht erscheinen, aber wer kann sagen, ob sie nicht hier bei uns sind, obwohl wir sie nicht sehen können? Wer kann sagen, ob nicht Amyas und Caroline Crale hier sind und uns zuhören?»

«So ein Blödsinn...» stieß Philip Blake hervor. In diesem Moment ging die Tür auf, und der Butler meldete Lady Dittisham. Sie trat mit der ihr eigenen leicht gelangweilten Arroganz ein, bedachte Meredith mit einem flüchtigen Lächeln, warf Angela und Philip einen kalten Blick zu und setzte sich auf einen Stuhl am Fenster, der etwas abseits von den andern stand. Sie nahm ihren kostbaren Pelz ab, blickte sich einige Sekunden lang im Raum um, dann musterte sie Carla, die ihren Blick ruhig erwiderte. Carla Lemarchant betrachtete nachdenklich die Frau, die das Leben ihrer Eltern vernichtet hatte. Aber es war keine Feindschaft in ihrem jungen, ernsten Gesicht, nur Neugierde. Schließlich sagte Elsa: «Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung, Monsieur Poirot.»

«Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie gekommen sind, Madame. Ich möchte Ihnen, meine Herrschaften, nun erklären, warum ich Sie hierher gebeten habe.»

In kurzen Worten sprach er von Carlas Auftrag und übersah dabei geflissentlich die Empörung, die sich auf Philips Gesicht ausdrückte, und Merediths mißbilligende Überraschung. «Ich nahm den Auftrag an», fuhr er fort, «und machte mich daran, nach sechzehn Jahren die Wahrheit ans Licht zu bringen.»

«Wir wissen alle, was geschehen ist», sagte Philip Blake gereizt. «Etwas anderes zu behaupten, ist Schwindel. Sie ziehen diesem Mädchen nur das Geld aus der Tasche.» Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, erwiderte Poirot: «Sie sagen, wir alle wüßten, was geschehen ist. Sie reden, ohne nachzudenken. Es kommt darauf an, wie man Tatsachen auslegt. Zum Beispiel haßten Sie, Mr. Blake, Caroline Crale. Das nahm man als gegeben hin. Aber jeder, der nur etwas von Psychologie versteht, muß sofort erkennen, daß gerade das Gegenteil zutraf: Sie waren von Jugend an in Caroline Crale verliebt. Sie ärgerten sich aber darüber und versuchten, über diese Liebe hinwegzukommen, indem sie sich alle Schwächen von Caroline Crale vor Augen hielten. Mr. Meredith Blake liebte Caroline Crale ebenfalls seit vielen Jahren. In seinem Bericht über die Tragödie schreibt er, daß er Amyas Crale sein Verhalten ihretwegen verübelte, aber man braucht nur zwischen den Zeilen zu lesen, um festzustellen, daß diese lebenslängliche Ergebenheit sich in Liebe für die junge schöne Elsa Greer verwandelt hatte, die seine ganzen Gedanken und Sinne in Anspruch nahm.»

Meredith stieß einen unartikulierten Laut aus, und Lady Dittisham lächelte.

Poirot fuhr fort: «Ich erwähne diese Dinge nur als Beispiel, um zu zeigen, wie wichtig sie für die Ergründung der Wahrheit sein können.

Im Verlauf meiner Nachforschungen habe ich folgende interessante Tatsache festgestellt: Caroline Crale hat niemals ihre Unschuld beteuert - außer in dem Brief an ihre Tochter. Caroline Crale hat auf der Anklagebank keine Furcht gezeigt, sie hat sehr wenig Interesse für die Verhandlung bewiesen, sie hat sich kaum gegen die Anklage gewehrt. Im Gefängnis war sie ruhig, ja heiter. In einem Brief, den sie gleich nach ihrer Verurteilung ihrer Schwester schrieb, erklärte sie sich mit ihrem Schicksal einverstanden. Und alle, mit denen ich sprach - mit einer Ausnahme - hielten Caroline Crale für schuldig.» Philip Blake nickte heftig. «Natürlich war sie schuldig!» Ohne den Einwurf zu beachten, fuhr Poirot fort: «Ich durfte aber das Urteil anderer nicht einfach hinnehmen; meine Aufgabe war, mich selbst vom Tatbestand zu überzeugen. Und ich habe mich überzeugt. Zweifellos hatte Caroline Crale gute Gründe, das Verbrechen zu begehen. Sie liebte ihren Mann, aber er hatte vor Zeugen zugegeben, daß er sie um einer anderen Frau willen verlassen wolle, und sie selbst gab zu, daß sie sehr eifersüchtig war. Zu diesen Motiven kommen die Tatsachen, daß in ihrer Schlafzimmerkommode ein leeres Parfümfläschchen mit Giftspuren gefunden wurde, auf dem nur ihre Fingerabdrücke waren. Sie gestand der Polizei, daß sie das Gift aus diesem Raum hier genommen habe, daher mußte das Fläschchen ihre Fingerabdrücke aufweisen. Um ganz sicher zu sein, fragte ich Mr. Meredith Blake, in welcher Reihenfolge die fünf Personen an jenem Tag den Raum verließen, denn es schien mir unwahrscheinlich, daß jemand in Anwesenheit von fünf Menschen unbemerkt das Gift hätte stehlen können. Die Reihenfolge war: Elsa Greer, Meredith Blake, Angela Warren, Philip Blake, Amyas Crale und schließlich Caroline Crale. Mr. Meredith Blake stand mit dem Rücken zur Tür, so daß er nicht sehen konnte, was Mrs. Crale tat. Sie hatte also die Möglichkeit, das Koniin zu nehmen, und ich bin überzeugt davon, daß sie das getan hat.

Nun kommen wir zu dem Morgen des Unglückstages. Die Tatsachen stehen fest. Miss Greer hatte am Tag zuvor in Gegenwart von mehreren Zeugen überraschend erklärt, daß sie und Amyas Crale heiraten würden; Amyas Crale bestätigte es, und Caroline Crale war verzweifelt. Zwischen den beiden Gatten kommt es am nächsten Morgen zu einer heftigen Auseinandersetzung in der Bibliothek. Es wurde gehört, daß Caroline Crale erbittert rief: <Du mit deinen Weibern> und hinzufügte: <Eines Tages werde ich dich umbringen!> Philip Blake, der sich in der Halle befand, hörte es, ebenso Miss Greer, die auf der Terrasse saß. Miss Greer hörte außerdem, daß Mr. Crale seine Frau bat, vernünftig zu sein, worauf Mrs. Crale erwiderte: <Ehe ich dich dem Mädchen lasse, bringe ich dich um!> Kurz danach kommt Amyas Crale aus der Bibliothek und fordert Elsa Greer barsch auf, mit ihm zur Schanze zu gehen und ihm zu sitzen. Sie holt sich einen Pullover und verläßt mit ihm das Haus. Das alles ist vom psychologischen Standpunkt aus völlig glaubhaft, aber jetzt kommt etwas Merkwürdiges: Meredith Blake entdeckt das Fehlen des Koniins, ruft seinen Bruder an, sie treffen sich an der Landungsstelle und gehen unter der Schanze vorbei, wo gerade Caroline Crale eine Auseinandersetzung mit ihrem Mann hat - diesmal handelt es sich um Angela, die ins Internat soll. Das kommt mir höchst eigenartig vor. Die Gatten hatten eine furchtbare Szene, die damit endet, daß Caroline eine schwere Drohung ausstößt, und zwanzig Minuten später geht sie zu ihm hinunter und streitet mit ihm wegen einer verhältnismäßig unwichtigen häuslichen Angelegenheit.» Poirot wandte sich zu Meredith Blake. «Gemäß Ihrem Bericht hörten Sie, daß Crale sagte: «Es ist alles abgemacht... ich werde sogar für sie packen. > Stimmt das?»