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«Das ist doch plausibel», warf Poirot ein.

«Mag sein, Monsieur Poirot. Aber es paßte nicht zu dem, was sie vorher zu Miss Greer gesagt hatte. Und am nächsten Morgen hatte sie wieder eine Szene mit ihrem Mann. Mr. Philip hörte einen Teil der Auseinandersetzung und Miss Greer einen anderen. Die beiden befanden sich in der Bibliothek, Mr. Blake war in der Halle, und Miss Greer saß im Garten in der Nähe des offenen Bibliotheksfensters.»

«Und was haben sie gehört?»

«Mr. Blake hörte Mrs. Crale sagen: <Du mit deinen Weibern. Am liebsten würde ich dich umbringen, und eines Tages werde ich es auch tun. >»

«Also nichts von Selbstmord?»

«Keine Spur. Kein Wort wie: <Wenn du das tust, bringe ich mich um.> Miss Greers Aussage war ähnlich; sie habe Mr. Crale sagen hören: <Sei doch vernünftig, Caroline. Ich habe dich gern und wünsche dir immer alles Gute, dir und dem Kind, aber ich werde Elsa heiraten. Wir haben doch vereinbart, daß wir einander freigeben.> Darauf habe Mrs. Crale erwidert: <Gut, aber sage nicht, daß ich dich nicht gewarnt hätte.> Er fragte: <Was soll das heißen? > Sie antwortete: <Das soll heißen, daß ich dich liebe und dich nicht aufgeben werde. Eher bringe ich dich um, als daß ich dich dem Mädchen überlasse.>»

«Ich finde es sehr unklug von Miss Greer, daß sie diese Auseinandersetzung heraufbeschwor», murmelte Poirot. «Mrs. Crale brauchte doch nur die Scheidung zu verweigern.»

«Über diesen Punkt haben wir auch einige Feststellungen gemacht», entgegnete Hale. «Mrs. Crale vertraute sich Mr. Meredith Blake an. Er, ein alter, zuverlässiger Freund von ihr, war sehr betrübt und machte Mr. Crale Vorhaltungen. Das war am vorhergehenden Nachmittag. Unter anderem sagte er ihm, es sei nicht nur traurig, daß die Ehe zwischen ihm und seiner Frau in die Brüche ginge, sondern es sei doch auch für ein junges Mädchen wie Miss Greer höchst peinlich, in einen Scheidungsprozeß verwickelt zu werden. Worauf Mr. Crale grinsend erwiderte: <Das hat Elsa auch nicht im Sinn. Sie braucht nicht vor Gericht zu erscheinen; wir werden das in der üblichen Weise regeln. >»

«Dann war es also um so unverständlicher von Miss Greer, diesen Streit vom Zaun zu brechen.»

«Ach, Sie wissen doch, wie Frauen sind! Sie müssen sich in die Haare geraten. Jedenfalls war es eine höchst peinliche Situation, und ich kann nicht begreifen, daß Mr. Crale es dazu hat kommen lassen. Laut Mr. Meredith Blake wollte er unter allen Umständen sein Bild fertig malen. Verstehen Sie das?»

«O ja, lieber Freund.»

«Ich nicht. Der Mann liebte anscheinend Schwierigkeiten.» Poirot schüttelte den Kopf. «Sie müssen sich vorstellen, lieber Freund, daß in dem Moment für Crale nur sein Bild existierte. So sehr er auch das Mädchen zu heiraten wünschte, das Bild war ihm doch wichtiger. Darum hoffte er, daß es während der Zeit ihres Besuches nicht zu einem offenen Krach kommen würde. Für das Mädchen war es natürlich etwas anderes, für Frauen ist die Liebe das wichtigste.»

«Das kann man wohl sagen», bestätigte Hale. «Männer - und besonders Künstler - sind anders.»

«Kunst!» sagte Hale verächtlich. «Dieses ganze Gerede von Kunst! Ich habe es nie verstanden und werde es nie verstehen. Sie hätten das Bild sehen sollen, das Crale gemalt hat. Alles war schief. Das Mädchen sah aus, als ob es Zahnweh hätte, und die Zinnen schienen zu schielen. Ein scheußlicher Anblick. Ich konnte es lange nicht vergessen; ich träumte sogar davon. Und sogar am Tag fing ich an, Zinnen und die Brustwehr und was sonst noch auf dem Bild war, zu sehen, und natürlich das Mädchen!»

Lächelnd sagte Poirot: «Ohne es zu wissen, zollen Sie dem Genie Amyas Crales Ihren Tribut.»

«Unsinn! Warum kann ein Maler nicht so malen, daß es hübsch und erfreulich aussieht? Warum muß es häßlich sein?»

«Es gibt Menschen, mon cher, die Schönheit in der merkwürdigsten Form erkennen.»

«Das Mädchen sah gut aus», sagte Hale, «stark aufgemacht und hatte wenig an. Es ist wirklich unanständig, wie diese Mädchen rumlaufen. Und das war vor sechzehn Jahren, müssen Sie sich vorstellen; heutzutage würde einem das gar nicht mehr auffallen. Aber damals... also ich war schockiert. Hosen und ein Sporthemd, weit ausgeschnitten, und nichts darunter.»

«Sie scheinen diese Details sehr gut behalten zu haben», murmelte Poirot verschmitzt.

Hale errötete. «Ich suche Ihnen nur meine Eindrücke zu vermitteln», entgegnete er ärgerlich.

«Gut... gut», beruhigte ihn Poirot. «Also die Hauptbelastungszeugen waren Philip Blake und Elsa Greer?»

«Ja, und beide waren sehr heftig. Aber auch die Gouvernante wurde als Zeugin geladen, und ihre Aussage wog schwerer als die der beiden. Sie war völlig auf Mrs. Crales Seite, doch als ehrlicher Mensch machte sie ihre Aussagen wahrheitsgetreu.»

«Und Meredith Blake?»

«Er war höchst unglücklich darüber, der arme Mann. Er wurde von Gewissensbissen wegen seiner Giftmischerei geplagt, und der Gerichtsarzt machte ihm auch schwere Vorwürfe.»

«Und Mrs. Crales junge Schwester wurde nicht vernommen?»

«Nein, das war überflüssig. Sie war nicht anwesend gewesen, als Mrs. Crale die Drohungen gegen ihren Mann ausstieß, und sie hätte uns nichts Neues sagen können. Sie sah, wie Mrs. Crale das Bier aus dem Eisschrank nahm, und hätte wahrscheinlich auf Anweisung des Verteidigers ausgesagt, daß Mrs. Crale es direkt forttrug, ohne etwas damit zu tun. Aber dieser Punkt war unwichtig, denn wir haben ja nie behauptet, daß in der Flasche Gift gewesen sei.»

«Wie konnte sie es denn unter den Augen der beiden in das Glas schütten?»

«Die beiden haben nicht hingeschaut; das heißt, Mr. Crale malte und blickte entweder auf seine Leinwand oder auf das Modell, und Miss Greer saß so, daß sie Mrs. Crale beinahe den Rücken zukehrte. Sie hatte das Gift in einer kleinen Röhre, so ein Ding, womit man Füllfederhalter füllt. Wir fanden die Splitter später auf dem Weg zum Haus.»

«Sie haben auf alles eine Antwort», murmelte Poirot. «Hören Sie mal, Monsieur Poirot! Sie droht, ihn zu töten. Sie stiehlt das Gift aus dem Laboratorium. Die leere Flasche wird in ihrem Zimmer gefunden, und nur ihre Fingerabdrücke sind darauf. Sie bringt ihm eisgekühltes Bier, obwohl sie sich gerade furchtbar gezankt hatten. Warum war sie plötzlich so freundlich? Er klagt über den schlechten Geschmack des Biers - Koniin hat einen widerlichen Geschmack. Sie richtet es so ein, daß sie die Leiche findet, und schickt die Gouvernante fort, um zu telefonieren. Warum? Damit sie die Flasche und das Glas abwischen und seine Finger daraufpressen kann. Daraufhin kann sie behaupten, er habe aus seinem schlechten Gewissen heraus Selbstmord verübt. Das ist doch eine tolle Geschichte.»

«Bestimmt nicht sehr geschickt.»

«Meiner Ansicht nach hatte sie sich gar nicht die Mühe genommen, zu überlegen; sie war so besessen von Haß und Eifersucht, daß sie nur daran dachte, wie sie ihn umbringen könnte. Dann, als es vorbei war, als sie ihn tot vor sich sah... kam sie plötzlich zu sich, und es wurde ihr klar, daß sie einen Mord begangen hatte und daß man für Mord gehängt wird. In ihrer Verzweiflung fällt ihr nichts anderes ein, als einen Selbstmord vorzutäuschen. In gewisser Weise war es ein vorbedachtes Verbrechen, in gewisser Weise aber auch wieder nicht. Ich glaube nämlich nicht, daß sie es sich richtig überlegt hat; sie ist vielmehr blindlings hineingestolpert.»