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Skars Zorn steigerte sich zu rasender Wut. Wütend trat er auf den Ssirhaa zu und ballte die Faust. Ian hob drohend seinen Schläfer, aber Skar ignorierte die Waffe einfach. »Du ... verdammtes ... Ungeheuer«, flüsterte er. »Du -«

»Glaubst du, daß es uns in irgendeiner Form weiterhilft, wenn du mich beschimpfst?« unterbrach ihn Ennart kalt. »Wenn ja, dann laß deinen Gefühlen nur freien Lauf. Wenn nein, dann verschwendest du meine Zeit, Satai. Und ich glaube, daß sie kostbarer ist, als ich bisher angenommen habe.«

Skar beachtete ihn gar nicht mehr, sondern trat einen weiteren Schritt auf den Quorrl zu und berührte seinen Arm. Titch fuhr unter seiner Berührung zusammen. Für einen Moment kreuzten sich ihre Blicke, aber alles, was Skar in den Augen des Quorrl las, war ein abgrundtiefes Entsetzen. Dann fiel ihm der Geruch auf, der Titch anhaftete: ein scharfer, beunruhigender Geruch, dem er nicht das erste Mal begegnete.

»Drachen ...«, murmelte er, fassungslos und zornig zugleich. Er fuhr herum und funkelte Ennart an. »Ihr... habt sie zu den Drachen gesperrt?!«

»Wo sie hingehören, ja«, antwortete Ian an Ennarts Stelle. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse, in der sich Haß und Abscheu die Waage hielten. »Bestien zu Bestien.«

»Genug«, sagte Ennart ruhig. Ian verstummte. »Du hattest Zeit genug, über das nachzudenken, was ich dir gesagt habe, Satai. Ich habe deine Bedingung erfüllt. Titch lebt, und er ist hier. Und ich habe mit ihm geredet. Es hat also wenig Sinn, wenn du versuchst, mich zu belügen.«

Skar trat einen halben Schritt zurück und tat so, als starre er nachdenklich ins Leere, während er in Wahrheit versuchte, eine Blöße in Ennarts oder Ians Deckung zu sehen; eine Schwäche, die es ihm erlauben mochte, sie anzugreifen und zu überwältigen. Er fand keine; es gab keine. Ennart selbst war der beste Schutz, den der Ssirhaa sich wünschen konnte. Ein Wesen wie ihn mit bloßen Händen anzugreifen, war Selbstmord. Auch für einen Mann wie Skar.

»Der Daij-Djan ist dir nicht so unbekannt, wie du mich glauben machen wolltest«, fuhr Ennart fort, als er keine Anstalten machte zu reden. »Im Gegenteil, ich glaube, du weißt mehr über ihn als ich selbst.«

»Titch hat dir erzählt, was geschehen ist, oder?«

»Das hat er. Aber das ist nicht alles, Skar.« Der Ssirhaa legte den Kopf auf die Seite und sah ihn halb abschätzend, halb lauernd an. »Ich glaube, ich habe dich unterschätzt, Satai«, sagte er. »Trotz allem.«

»Das ist schon mehr als einem passiert«, sagte Skar. Wieder suchte sein Blick den Titchs, und wieder gewahrte er einen Ausdruck unsäglichen Schmerzes in den Augen des riesigen Quorrl. Aber da war noch mehr. Etwas, das vor Augenblicken noch nicht dagewesen war. Etwas... geschah mit dem Quorrl. »Ich glaube«, fuhr Ennart mit zornbebender Stimme fort, »daß du das Wesen, das du nur einmal gesehen zu haben behauptest, in Wahrheit sehr gut kennst. Was hattest du vor? Ihn hierher zu bringen, damit er sich gegen uns wendet?«

Ennart kam der Wahrheit damit für Skars Geschmack beunruhigend nahe, aber er hatte sich gut genug in der Gewalt, sich auch jetzt noch nichts von seinen Gefühlen anmerken zu lassen. »Wenn es das wäre, was ich vorhatte, Ennart«, sagte er, »hätte ich es längst getan.« Er ist nämlich schon hier. Er wartet, Ennart. Auf dich. Auf alle anderen hier. Auf Enwor.

Und plötzlich war die Verlockung da, stärker und unwiderstehlicher als zuvor. Der Daij-Djan war zu klug, sich als flüsternder Versucher in seinen Gedanken zu melden, aber mit einem Male war es Skar selbst, der die Bestie entfesseln wollte, dieses eine Wort, den einen Gedanken zu denken, der die Bestie endgültig und ein für allemal entfesseln würde. Es würde sein eigenes Ende bedeuten, etwas, das mehr und tausendfach schlimmer als der Tod war, aber das spielte keine Rolle. Er spürte, noch während er den Gedanken dachte, daß er den Kampf auch diesmal noch gewinnen würde. Aber wie oft noch?

»Wer bist du, Skar?« fragte Ennart. »Was willst du wirklich? Du hattest niemals vor, auf mein Angebot einzugehen.«

»Und du hast das niemals wirklich geglaubt«, erwiderte Skar. »Nein«, sagte Ennart. »Im Grunde nicht. Ich glaube, ich wäre enttäuscht gewesen, hättest du dein Volk verraten. Aber ich war dir diese Chance schuldig. Und mir selbst. Jetzt...« Er brach ab, blickte einen Moment lang nachdenklich zu Boden und fuhr mit leiser, beinahe bedauernd klingender Stimme fort: »Du läßt mir keine andere Wahl mehr, Satai.«

Er machte eine Bewegung mit der Linken. Anschi und zwei der Zauberpriester wandten sich lautlos um und verließen das Zimmer.

»Bereiten sie meine Hinrichtung vor?« fragte Skar spöttisch. »Keineswegs«, antwortete Ennart. »Ich brauche dich, Skar. Ich habe dir das Herz des Turmes nicht aus Langeweile gezeigt oder um dir eine Freude zu bereiten.«

»Sondern weil du dabei warst, dir die Finger zu verbrennen, nicht wahr? Du experimentierst mit Kräften, die du nicht verstehst. Du bist ein Narr, Ennart. Du hältst dich für einen Gott, aber du bist nichts als ein verrückter alter Mann, der auf einem Pulverfaß sitzt und es mit einer brennenden Fackel öffnen will.«

»Ein interessanter Vergleich.« Ennart zuckte mit den Schultern und lächelte. »Und wer weiß - vielleicht stimmt er sogar. Warum zeigst du mir nicht, wie ich es öffnen kann?«

»Warum sollte ich?« erwiderte Skar. »Vielleicht finde ich es amüsanter, einfach dazusitzen und zuzusehen, wie du dich selbst umbringst. Und alle anderen hier dazu.«

»Du übertreibst.«

»So? Dann verrate mir, was gestern geschehen ist.« Skar hielt Titch bei diesen Worten scharf im Auge, aber der Quorrl reagierte nicht. Trotzdem spürte er, daß er aufmerksam zuhörte.

Ennarts Miene verfinsterte sich. »Nichts«, sagte er. »Ein unbedeutender Zwischenfall...«

»... der sich nicht wiederholen wird, ich weiß«, unterbrach ihn Skar. »Das habe ich jetzt schon dreimal gehört, glaube ich. Aber eine Lüge wird nicht zur Wahrheit, wenn man sie nur oft genug wiederholt.«

»Manchmal schon.«

»Es ist euch entglitten«, behauptete Skar. »Der Haß, den dieser Turm ausstrahlt und der ganz Enwor vergiftet, hat sich selbständig gemacht. Früher, als du wolltest. Die Quorrl sind noch nicht an der Reihe, nicht wahr?« Hinter Ennart hob Titch mit einem Ruck den Kopf und starrte ihn an. Seine Augen wurden groß.

»Das ist es doch, was ihr vorhabt, oder?« fuhr Skar fort. Ennart schwieg. »Es spielt gar keine Rolle, wer diesen Krieg gewinnt, wir oder ihr. Wichtig ist nur, daß er geführt wird. Daß genug Menschen, Quorrl und andere Wesen getötet werden. Das allein zählt.«

Ennarts Augen wurden schmal. Zu Skars eigenem Erstaunen schwieg der Ssirhaa noch immer, aber es fiel ihm immer schwerer, weiter zu reden. Etwas... hinderte ihn, den Gedanken weiter zu denken. Er spürte, daß es ganz einfach war, nur noch ein einziger, konsequenter Schritt bis zu seinem logischen Ende, aber da war plötzlich wieder das graue Spinngewebe in seinem Kopf, die unsichtbare Macht, die ihn daran hinderte, es zu tun. Und doch gab ihm irgend etwas die Kraft, zu reden. Nicht zu denken, nur zu reden, die Worte in dem Moment zu formen, in dem er sie aussprach. »Ihr wart es, die ... die Quorrl geschickt haben, um Dels Armee zu unterstützen«, flüsterte er. Der Druck hinter seiner Stirn wurde schlimmer, erreichte die Grenzen des Erträglichen und nahm weiter zu. Skar hatte das Gefühl, sein Schädel müsse platzen, aber gleichzeitig war es ihm auch unmöglich, aufzuhören.

»Es... es ist die einzige Erklärung«, stöhnte er. »Ihr habt eure ... eure eigenen Krieger gegen ... gegen eure Verbündeten gehetzt.« Wie durch einen Vorhang aus wogender Schwärze sah er, wie Titch sich hinter Ennart zu voller Größe aufrichtete. Das Gesicht des Quorrl verzerrte sich. Etwas zerbrach in Titch, als er begriff, daß Skar die Wahrheit sagte. Und was sie bedeutete. »Was für ein Unsinn«, sagte Ennart. Er gab sich alle Mühe, seine Stimme so sanft und überlegen klingen zu lassen wie immer, aber es gelang ihm nicht ganz. »Warum sollten wir das wohl tun?«