» Que maravilla! Este caballero es el padre Jaguar -welch ein Wunder! Dieser Herr ist der Vater Jaguar!«
»Ist das wahr?« fragte eine andre laute Stimme.
»Es ist wahr. Ich kenne ihn sehr genau. Er ist es.«
Hatte man bis jetzt vor banger Erwartung kaum zu atmen gewagt, so fühlte man sich beim Klange dieses berühmten Namens von aller Sorge befreit. Man hatte ja so oft gehört, daß es nur des Auges dieses Mannes bedürfe, um einen Jaguar in die Flucht zu treiben. Es erhob sich ein Beifallssturm, wie er selbst hier wohl nur selten gehört worden war.
» El padre Jaguar, el padre Jaguar!« so riefen alle Lippen.
Es war ein wahres Brausen von Stimmen in allen möglichen Tonlagen. Dieser unbeschreibliche Lärm schüchterte das Raubtier noch mehr ein. War es bisher nur rückwärts geschritten, so wendete es sich jetzt um und rannte davon, der Thür entgegen, aus welcher es vorhin gekommen war. Sie war verschlossen worden.
Der Deutsche folgte mit schnellen Schritten und gebot mit selbst in diesem Lärm noch hörbarer Stimme:
» Abrid la puerta, presto, presto - öffnet die Thür, schnell, schnell!«
Der mit diesem Dienste betraute Peon zog von seinem sichern Standorte aus die Fallthür empor und ließ sie, als der Jaguar in den nun offenen Käfig sprang, wieder nieder. Das Raubtier war unschädlich gemacht.
jetzt brach ein Applaus los, welcher gar kein Ende nehmen wollte. Der Vater Jaguar schritt nach der Mitte der Arena, verbeugte sich rundum und ging dann nach der Schutzwand, von welcher er vorhin den Jaguar getrieben hatte, schwang sich hinauf und stieg dann von Lehne zu Lehne, bis er seinen Sitz erreichte. Dort gab er dem Privatgelehrten den Poncho und das Messer zurück und sagte:
»Dank, Señor! Und Verzeihung, daß ich nicht Zeit hatte, Sie erst um Erlaubnis zu bitten!«
»Hat nichts zu sagen, obgleich Sie mir mit dem Poncho auch den Hut und das Kopftuch herabgerissen haben,« antwortete der Kleine. »Wozu Sie das Messer brauchten, kann ich begreifen; aber bitte, mir zu sagen, warum Sie die Decke mitnahmen?«
»Um meinen Arm, den ich als Schild benutzen wollte, vor den Zähnen und Krallen des Jaguars zu schützen.«
»Señor, Sie sind ein Held, lateinisch, doch in griechischer Abstammung, Heros genannt. Ihre Tapferkeit, die, ohne aus dem Griechischen zu stammen, lateinisch Fortitudo, Virtus bellica und auch Strenuitas heißt, bewundere ich aus vollem Herzen. Sie haben das Untier wie eine Hauskatze vor sich hergetrieben. Was wird aber nun mit dem Büffel, Bison americanus, werden?«
»Das können Sie sofort sehen, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit nach der Arena richten wollen.«
Der Bison hatte sich in den Sand gestreckt und war da auch vorhin ruhig liegen geblieben, als der Vater Jaguar den Kampfplatz betreten hatte. An einen Kampf zwischen ihm und dem »Tiger«, wie der Gaucho den Jaguar nennt, war nun nicht mehr zu denken. Darum verlangte das Publikum jetzt das abermalige Auftreten der Stierkämpfer, die sich mit dem Bison messen sollten. Diese Aufforderung geschah in so stürmischer Weise, daß man ihr nachkommen mußte. Die Toreadores kamen nach kurzer Zeit in der schon beschriebenen Weise herein, um den Kampf mit diesem letzten und gefährlichsten Gegner aufzunehmen. Dieses Mal war nur ein Espada vorhanden, nämlich Crusada aus Madrid, doch kam nach einigen Minuten Antonio Perillo nach. Er hinkte infolge seiner Verwundung, die allerdings nur eine leichte war, hielt es aber für ein Gebot der Ehre, trotz dieser Verletzung an dem Schauspiele mit teilzunehmen.
Der Bison wurde zunächst von den Picadores umringt. Er blieb liegen, als ob sie gar nicht vorhanden wären.
Da schleuderte einer von ihnen seine Lanze nach ihm. Sie fuhr einige Zoll tief in den Höcker. Da er sich so gleichgültig gezeigt hatte, hielten die Picadores es nicht für nötig, sich nach diesem Lanzenwurfe schnell zurückzuziehen; sie hatten sich geirrt. Kaum fühlte er die Verwundung, so sprang er zu gleichen Beinen und viel schneller auf, als man es bei seinem schwerfälligen Körperbau hätte für möglich halten können, und schoß auf den Angreifer los. Ehe dieser Zeit fand, sein Pferd zu wenden, hatte dieses die Hörner des Bison schon in den Weichen und wurde aufgehoben und so zur Seite geworfen, daß es auf seinen Reiter zu liegen kam. Mit derselben Schnelligkeit machte der Büffel eine Seitenbewegung, um auf den nächsten Picador einzudringen. Dieser floh; aber es zeigte sich, daß sein Pferd nicht schneller als der Bison war. Dieser stürmte hinterdrein, ohne auf die andern Picadores und Banderilleros zu achten, welche ihn mit ihren Lanzen und Stäben stören wollten. Er erreichte das Pferd und stieß ihm das eine Horn in die Seite, so daß es zum Stürzen kam und den Reiter aus dem Sattel warf. Der Büffel hatte es mehr auf den Mann als auf das Pferd abgesehen; ehe sich derselbe aufraffen konnte, war er erreicht, schwebte auf den Hörnern des ergrimmten Tieres, wurde in die Luft geworfen, wieder aufgefangen, abermals emporgeschleudert und dann unter den Füßen zerstampft. Der Mann schrie nicht, sondern brüllte um Hilfe; man wollte sie ihm bringen, aber der Büffel achtete nicht auf die neuen Angreifer und auf die Lanzen, die ihm durch die dicke Haut drangen; er ließ nicht vom dem Picador ab, bis dieser eine formlose Leiche war. Dann trat er um einige Schritte zurück und stieß ein Gebrüll aus, gegen welches dasjenige des Jaguars ein Kindergeschrei zu nennen war.
Von allen Seiten wurde ihm Beifall zugerufen. Wer noch eine Blume hatte, warf sie ihm zu, und das Klatschen so vieler Hände machte einen beinahe betäubenden Eindruck auf die wenigen Personen, welche sich durch eine so wilde und blutige Scene abgestoßen fühlten.
Der Bison schüttelte die Speere ab und sah sich nach einem neuen Opfer um. Er fand es nur zu bald und leicht. Der erste Picador war von einigen Banderilleros unter seinem Pferde hervorgezogen worden; er sollte fliehen, konnte es aber nicht, da er das Bein gebrochen hatte. Man mußte ihn, um ihn zu retten, forttragen.
Drei Banderilleros hoben ihn auf, um sich schnell mit ihm zu entfernen; aber noch schneller war der Büffel hinter ihnen drein, und was nun folgte, geschah in noch viel kürzerer Zeit, als man zur Beschreibung desselben bedarf. Man sah den wütenden Stier mit Kopf und Nacken in die Gruppe fahren und dieselbe auseinander schleudern; dann folgten Hörnerstöße nach rechts und links, ein schrecklich zu vernehmendes Stampfen der Füße-- einer der Banderilleros vermochte sich zu retten; zwei blieben liegen, und auch der Picador war tot. Ein junger, mutiger Banderillero riß einem Picador die Lanze aus der Hand und sprang von hinten auf den Büffel ein, um sie ihm in den Leib zu rennen. Das Tier aber hatte seine Absicht bemerkt, warf sich blitzschnell herum und senkte den Kopf zum Stoße. Die Lanze glitt an dem eisenfesten Hörnergrunde ab, und im nächsten Augenblicke wurde der tapfere Fechter in die Luft geschleudert, um dann unter die Hufe des Siegers zu kommen.
Dann rannte der Bison im Galopp, und nach neuen Opfern brüllend, in der Arena umher. Entsetzen packte die Toreadores. Sie flohen nach allen Seiten. Wer nicht durch das rasch geöffnete Thor entkommen konnte, schwang sich auf und über die Rettungswand. Die Toreadores warfen sich von ihren Pferden, die armen Tiere preisgebend, um nur sich in Sicherheit zu bringen. Einige Pferde entkamen durch das Thor; die übrigen wurden niedergerannt. Dazu das Beifallsgebrüll der hochbegeisterten Menge. So einen toro hatte man noch nicht gehabt, überhaupt noch nie gesehen. Daß seine Tapferkeit und ungeheure Stärke so viele Opfer gefordert hatten, wurde nicht beklagt, sondern bejubelt; man gab sich mit seinem bisherigen Erfolge keineswegs zufrieden, sondern die erregte Zuschauermenge schrie in einem fort: