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Die andern waren Weiße von ausnahmslos kräftiger Gestalt. Der Wirt erinnerte sich, diesen oder jenen von ihnen schon einmal gesehen zu haben, konnte sich aber nicht besinnen, wann und wo. Der Stärkste und Längste von ihnen hatte weißes Kopf- und Barthaar und schien von den andern als Anführer respektiert zu werden. Sie machten den Eindruck von Männern, welche zu leben verstehen, Niemanden ohne Grund beleidigen, aber selbst auch für jede Beleidigung sofort einen Messerstich oder eine Kugel haben.

Trotz der großen Zahl der Gäste verursachten sie bei ihrem Eintritte und Ablegen ihrer Waffen nicht den geringsten Lärm; dann schoben sie sich zwei Tische und die dazu nötigen Stühle zusammen und setzten sich.

Hierauf sagte der riesige Weiße, mehr höflich bittend als befehlend:

»Señor Rodrigo, geben Sie uns Wein, für je zwei Mann eine Flasche!«

Der Wirt verbeugte sich höflichst bei dieser Bestellung, welche ihm etwas zu verdienen gab, doch mehr aus wirklichem Respekt, den ihm der Besteller einflößte, als aus Eigennutz, und antwortete dabei:

»Sie kennen meinen Namen, Señor. Sollten wir uns vielleicht schon einmal gesehen haben?«

»Ich erinnere mich nicht, doch pflege ich mich nach dem Namen der Leute, bei denen ich einkehre, vorher zu erkundigen.«

»Dann darf ich wohl auch nach dem Ihrigen fragen, damit ich weiß, wie ich Sie zu nennen habe?«

»Ich heiße Hammer, doch verlange ich nicht, daß Sie mich bei diesem Namen nennen.«

Das war so stolz und abweisend gesagt, daß der Wirt schnell hinter der Thür verschwand, um den bestellten Wein zu bringen. Als er dann diesen und die Gläser auf den Tisch gesetzt hatte, fragte der Weiße:

»Können wir binnen einer Stunde gut gebratenen Asado con cuero bekommen?«

»So viel Sie wollen, Señor.«

»Nur so viel, wie sechsundzwanzig hungrige Männer essen können. Und dann lassen Sie Ihre Maultiere in den Hof, denn wir werden sie uns ansehen, um sechsundzwanzig Stück zu kaufen.«

Sechsundzwanzig Stück! Und zwar sofort bezahlen, ganz sicher nicht borgen! Dazu sechsundzwanzig Braten in der Haut und dreizehn Flaschen Wein. Welch ein Geschäft! Rodrigo Sereno duckte sich vor Hochachtung zusammen, daß es aussah, als ob er eine halbe Elle kleiner geworden sei. Dann fuhr er hinaus in die Küche und weckte sein ganzes Personal, damit der Braten so schnell wie möglich fertig werde und es die Maultiere so blank putze, daß nicht ein Stäubchen mehr an ihnen hafte. Dann kehrte er in die Gaststube zurück, um, in der Nähe der zusammengeschobenen Tische sitzend, der Winke seiner Gäste gewärtig zu sein.

Sie saßen nachdenklich und schweigend, und keiner sprach ein Wort. Das konnte der neugierige und mitteilsame Rodrigo auf die Länge der Zeit nicht aushalten. Er fuhr in immer wachsender Ungeduld auf seinem Stuhle hin und her und fragte endlich, freilich in höflichstem Tone, dessen seine Stimmwerkzeuge fähig waren:

»Señores, es ist sicher, daß Sie hier in Salta fremd sind, denn sonst müßte ich Sie kennen. Darf ich vielleicht erfahren, woher Sie heute kommen?«

»Von Tucuman,« antwortete der Weiße kurz.

»Aber doch nicht mit der Diligence?«

»Nein,« antwortete der Weiße noch kürzer.

Es war ihm anzusehen und anzuhören, daß er keine weitere Frage hören wollte; aber der Wirt mochte um keinen Preis das nun einmal begonnene Gespräch fallen lassen. Er wünschte etwas, wenn auch nicht viel, über diese Señores zu erfahren; darum machte er, ja keine Frage mehr aussprechend, die Bemerkung:

»Ja, der Ankunftstag der Diligence ist gestern gewesen. Es kehrten bei mir zwei Señores ein, welche mit ihr gefahren waren, zwei bekannte und sehr berühmte Señores. Sie würden sich wundern, wenn Sie ihre Namen hörten.«

Die andern schwiegen, aber der lustige Picaro, welcher nicht gern eine Gelegenheit zu einer Schalkhaftigkeit vorübergehen ließ, antwortete:

»Wir würden uns nicht über ihre Namen wundern, sondern nur darüber, dieselben von Ihnen zu hören; denn Sie scheinen der schweigsamste Mann der ganzen argentinischen Staaten zu sein.«

»O, gar so schlimm steht es nun nicht mit meiner Zurückhaltung. Ich spreche zwar sehr wenig, aber solchen Señores gegenüber würde Schweigsamkeit zur Grobheit werden. Darum will ich Ihnen sagen, daß einer der Señores der berühmte Stierkämpfer Antonio Perillo war.«

Nur allein mit seiner Mitteilung beschäftigt, bemerkte er gar nicht, welchen Eindruck dieselbe auf seine Gäste machte. Sie sahen einander an, blickten sich Schweigen zu, und dann meinte der Weiße in gleichgültigem Tone:

»Wenn sie diesen Perillo einen berühmten Mann nennen, so mögen Sie dies auf Ihre Rechnung hin thun. Ich habe noch berühmtere Leute gekannt, als er ist.«

»Ihr Wort in Ehren, Señor; ich will Ihnen ja nicht widersprechen, aber ich weiß nur zwei Männer, welche noch berühmter als Perillo sind.«

»Wer ist das?«

»Der Vater Jaguar und der Gambusino, der eigentlich Benito Pajaro heißt.«

»Kennen Sie denn diese Señores?«

»Den Vater Jaguar habe ich leider noch nicht gesehen; aber der Gambusino war oft bei mir. Er war es ja, welcher mit dem Stierkämpfer bei mir einkehrte.«

»So? Wirklich? Woher kamen sie?«

»Von Tucuman mit der Diligence. Es war die gegenwärtige Zeit. Sie kauften zwei Maultiere nebst Proviant für eine Woche, und ich weckte sie eine Stunde nach Mitternacht, weil sie da abreisen wollten.«

»Wohin?«

»Zu den Mojosindianern, welche sich jetzt in der Gegend des Guanacothales aufhalten.«

»Jedenfalls haben Sie sich geirrt, Señor. Es ist nicht der Gambusino gewesen.«

»Er war es. Ich kann es beschwören. Ich habe den beiden die Zeche, den Proviant und auch die Maultiere borgen müssen, weil sie kein Geld bei sich trugen, was übrigens nicht viel zu sagen hat. Da muß ich sie doch kennen.,‹

»Hatten sie denn Eile?«

»Ja. denn sonst hätten sie sich nicht schon um ein Uhr wecken lassen.«

jetzt wurde der Wirt in die Küche gerufen, und das gab den Gästen Zeit, ihre Meinungen ungehört von ihm auszutauschen. Der Weiße war natürlich kein andrer, als der Vater Jaguar. Er sagte, zwar in unterdrücktem Tone, aber daß es alle hörten:

»Sollte man es glauben! Ich wollte es bezweifeln, aber dieser schwatzhafte Wirt ist seiner Sache sicher. Was meinst du dazu Geronimo?«

»Der Gambusino und Antonio Perillo müssen sehr schnell zu Pferden gekommen sein,« antwortete der Gefragte. »Das ist die einzige Lösung dieses Rätsels.«

»Das sage ich auch. Wie gut, daß wir hier eingekehrt sind, und wie gut, daß wir nicht auf die nächsten Diligencewagen warteten, sondern Relaispferde nahmen! Der Gambusino ist uns einen vollen Tag voraus; aber wir werden dennoch eher an Ort und Stelle ankommen, weil er erst zu den Mojos will und also einen Umweg machen wird. Und zugleich ist es ein großer Vorteil für uns, zu wissen, aus welcher Richtung er kommen wird. Wir haben ihn vom Guanacothale her zu erwarten.«

»Was mag er bei den Mojosindianern wollen?« fragte einer.

»Seltsame Frage!« antwortete Hammer. »Was er dort will, ist sehr leicht zu erraten. Er will mit Antonio Perillo in der Mordschlucht nach einem Schatze suchen. Dazu gehörte Zeit, viel Zeit, während welcher der Proviant leicht ausgehen kann. Dieser muß durch die Jagd erneuert werden, und dazu sind die Mojos engagiert. Ferner gehört dazu ein genügender Schutz, das Fernhalten jeder Störung, jeder Begegnung mit einem Reisenden, Jäger oder andern Menschen, welcher die beiden überraschen und ihre Absicht erraten könnte. Darum werden sie Mojosposten ausstellen, welche alle Störung abhalten müssen.«

»Aber da können doch diese Posten selbst leicht erraten, was die beiden beabsichtigen.«

»Mögen sie das, es schadet nichts, wenn der Gambusino nur seinen Zweck erreicht. Er schießt die Mojos, die ihn beschützen mußten, einfach nieder und verschwindet dann mit dem Schatze auf Nimmerwiedersehen, um nicht der Rache ihrer Anverwandten zu verfallen.«