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»Wohl den, sie wieder laufen zu lassen?«

»Kann mir nicht einfallen. Sie sind uns eigentlich ungefährlich, und wenn ich auch nicht so dumm bin, mir eines Menschenlebens wegen schwere Gedanken zu machen, so halte ich es doch für überflüssig, sie zu töten, wenn es nicht grad notwendig ist. Wenn wir sie festnehmen, so besitzen wir in ihnen zwei Geiseln gegen den Vaterjaguar, wenn er sich wirklich hier befinden sollte.«

»So meinst du, daß wir uns mit ihnen herumschleppen sollen?«

»Hm! Unbequem würde es sein; aber ich habe einen Grund, es dennoch zu thun.«

»Welchen?«

»Sie sind reich.«

»Meinst du?«

»Ja. Wer solche Reisen macht, muß reich sein. Aber es gibt noch einen zweiten Grund. Kennst du den dritten, den blonden Deutschen, welcher bei ihnen sitzt?«

»Nein.«

»Und bist doch in Peru drüben, in Lima gewesen!«

»Ist er von dort?«

»Ja. Ich kenne ihn. Ich habe ihn wiederholt gesehen; er aber kennt mich jedenfalls nicht. Hast du einmal den Namen Engelhardt gehört?«

»Meinst du etwa den steinreichen Bankier in Lima, den Millionär?«

»Ja.«

»Ist der es etwa?«

»Ja, er ist's. Es gibt gar keinen Zweifel, denn ich kenne ihn genau. Denke, welch ein Lösegeld!«

»Hei, das ist ein herrlicher Gedanke! Falls aus unsrem Schatze nichts wird, könnten wir uns durch diesen Engelhardt entschädigen. Er müßte zahlen, sein halbes Vermögen hergeben, um wieder frei zu sein.«

»Wieder frei? Damit er uns dann verraten kann? Dummheit! Erst zahlt er, und dann - - verschwindet er. Bist du dabei? Selbst wenn wir deinen Schatz finden, können wir das Lösegeld dieses Burschen noch mitnehmen.«

»Du hast recht, vollkommen recht. Also wir nehmen ihn und die beiden Kleinen?«

»Ja.«

»Und was wird mit den andern?«

»Weggeputzt.«

»Und die Indianer? Was werden die dazu sagen? Wie werden sie sich verhalten?«

»Denen stopfen wir den Mund mit den beiden Kleinen.«

»Wieso?«

»Wir nehmen den Bankier für uns, ohne ihnen aber zu sagen, was für ein fetter Bissen er ist, und versprechen ihnen als ihren Anteil die Kleinen, von denen wir sagen, daß sie ungeheuer reich seien.«

»Das geht. Später können wir ja immer noch thun, was wir wollen.«

»Ja, später nehmen wir natürlich alles für uns, und sie bekommen nichts.«

»Aber die Arrieros und der Peon? Wenn wir sie festhalten, sind sie uns beschwerlich, ohne daß wir etwas bekommen, und lassen wir sie laufen, so verraten sie alles.«

»Wir nehmen sie nicht fest und lassen sie auch nicht laufen.«

»Was denn sonst?«

»Drei Kugeln oder Messerstiche.«

»Diablillo! Du machst kurzen Prozeß; aber es ist ganz richtig so. Es fragt sich nur, ob die Indianer mitmachen werden.«

»Ich bin überzeugt davon und werde mit ihnen reden. Warte hier, bis ich wiederkomme!«

Er entfernte sich vorsichtig, während Perillo sich niederlegte und an die Erde schmiegte, um nicht gesehen zu werden, indem er ihn erwartete. Als der Gambusino zurückkehrte, kam er nicht allein, sondern brachte den Häuptling und sechs Indianer mit; der siebente war bei den Tieren geblieben, um dieselben zu bewachen.

»Sie sind einverstanden,« flüsterte er Perillo zu. »Der Bankier für uns und die Kleinen für sie. Aber töten wollen sie niemand. Wir müssen also die Arrieros und den Peon auf uns nehmen; darum habe ich dir dein Gewehr mitgebracht.«

»Gib her! Von wessen Kugeln die Kerls fallen, ob von den unsrigen oder von denen der Roten, das bleibt sich gleich. Wann soll es losgehen?«

»Sofort.«

»Und wie?«

»Wir beide schleichen uns hinüber auf die Seite, wo die Arrieros sitzen, und die Indianer huschen an die diesseitige Öffnung der Höhle. Sobald unsre Schüsse fallen, dringen sie in dieselbe ein und werfen sich auf die Deutschen, welche sofort entwaffnet und gebunden werden. Es ist alles verabredet und muß gelingen. Du brauchst dich nicht zu sorgen. Komm!«

Sie begaben sich nach der andern Seite und näherten sich dem Eingange so weit, daß sie ihre Opfer sitzen sehen konnten.

»Ich nehme die beiden Arrieros und du den Peon,« flüsterte der Gambusino seinem Mordgenossen zu. »Wir schießen sie durch die Köpfe; das ist das Allersicherste. Wenn ich ›drei‹ sage, drückst du ab. Bist du bereit?«

»Ja,« antwortete Perillo, indem er sein Gewehr anlegte.

»So ziel gut! Also - eins - zwei - drei!«

Er rief das letzte Wort mit lauter Stimme und drückte dann schnell hintereinander seine beiden Läufe ab. Die drei armen, nichts ahnenden Menschen stürzten, durch die Köpfe getroffen, nieder. Zu gleicher Zeit erhoben die Indianer ein markdurchdringendes Geheul und drangen in die Höhle ein. Das geschah alles in der Zeit von einigen Augenblicken, so daß die Deutschen niedergerissen und gebunden waren, ehe sie nur den Gedanken an eine Gegenwehr zu fassen vermochten. Dann machten sich die Roten über die Erschossenen her, um ihnen alles abzunehmen, was bei ihnen zu finden war. Darauf schafften sie die vollständig entkleideten Leichen hinaus ins Freie, um selbst auch dort zu bleiben und zu warten, welche Befehle der Gambusino ferner noch erteilen werde. Auch der Häuptling begab sich wieder hinaus, wohl ohne dazu einen andern, besonderen Grund zu haben als den Respekt, den er vor dem Gambusino hegte.

Dieser schürte das Feuer heller und stellte sich dann mit Perillo so vor die Gefangenen, daß diese, die sich von ihrem Schrecken noch nicht erholt hatten, ihre Feinde deutlich sehen konnten.

»Willkommen hier oben in den Bergen, Señores!« redete er sie in höhnischem Tone an. »Ich bin ganz entzückt, Sie hier zu sehen. Es scheint mir beschieden zu sein, mich immer wieder an Ihrem Anblicke erquicken zu dürfen. Wie geht es Ihnen?«

»Sehr gut, Señor,« antwortete Fritze, der sich zuerst gefaßt hatte, und nun in dieser Weise antwortete, um dem Gambusino die Freude zu verderben, ihn kleinlaut und erschreckt zu sehen.

»Gut? Sogar sehr gut? Sie befinden sich also wohl?«

»Ja. Wenn es Ihnen so ums Herz wäre, wie mir, könnte man Sie beneiden.«

»Ihr Herz geht mich weniger an als Ihr Geldbeutel. Wie steht es mit diesem? Sind Sie reich?«

»Sehr.«

»So können Sie ein Lösegeld zahlen?«

»Ja.«

»Aber Sie haben kein Geld mit?«

»Leider ist es so. Es liegt bei meinem Bankier.«

»Das thut nichts. Sie werden mir eine Anweisung geben. Wie steht es mit Ihrem Gefährten?«

Damit war Doktor Morgenstern gemeint, welchem vor Schreck die Sprache abhanden gekommen zu sein schien. Er schwieg; aber Fritze antwortete für ihn:

»Der arme Teufel hat weiter nichts, als was in seiner Tasche steckt, eine Handvoll Bolivianos; das ist alles.«

»So muß er sterben. Ich könnte ihn nur gegen ein Lösegeld freigeben.«

»Fällt ihm nicht ein, zu sterben, da er weiß, daß ich oft und manchmal für ihn bezahle.«

»Auch dieses Mal?«

»Ja. Wie hoch soll die Summe sein?«

»Zehntausend Bolivianos für beide; das ist die geringste Summe, die ich fordern darf.«

»Schön! Sollen sie haben! Geben Sie mir Tinte, Feder und gutes, weißes Papier, so soll die Anweisung sofort geschrieben werden!«

»Nur langsam! Es hat keine so große Eile. Ich muß doch auch mit diesem Señor sprechen.«

Er pflanzte sich breitspurig vor Engelhardt auf und fragte ihn:

»Kennen Sie mich vielleicht, Señor Engelhardt?«

»Nein,« antwortete der Gefragte, welcher sein Herz erleichtert fühlte, da es sich nicht um sein Leben, sondern nur um ein Lösegeld zu handeln schien.

»Nicht? Nun, das schadet nichts, denn Sie werden mich kennen lernen, und wenn Sie sich so bereitwillig zeigen, wie dieser kleine Señor, welcher keinen einzigen von den zehntausend Bolivianos abgehandelt hat, so wird unsre Bekanntschaft eine für beide Teile sehr angenehme sein.«