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»Was ist das?« fragte Perillo ganz betroffen. »Wer hat schon einmal solche Lichter gesehen?«

»Was es ist?« antwortete der Gambusino. »Unser Verderben ist es, wenn wir nicht augenblicklich fliehen, Diese Lichter sind für unberufene Eindringlinge angebracht. Also müssen--«

Er wurde von einem Knalle unterbrochen, nach welchem den Lichtern feurige Schlangen entfuhren, welche wie zuckende Blitze in der Kammer umherfuhren und die Kleider der beiden Männer sogleich in Brand setzten.

»Fort, augenblicklich fort!« schrie er und eilte in den Stollen hinein, um so schnell wie möglich das Freie zu erreichen. Perillo folgte ihm. Ihre Anzüge brannten. Sie nahmen sich aber nicht Zeit, sie zu löschen, stießen rechts und links mit den Köpfen oben in dem Stollen an. Noch hatten sie den Schacht nicht erreicht, so gab es einen lauten Knall, unter welchem die Erde erbebte.

»Ich brenne, ich verbrenne!« schrie Perillo.

»Ich auch,« antwortete der Gambusino, indem er vorwärts stürmte.

»Rette mich! Lösche meine Flammen!«

»Habe keine Zeit. Fort, fort, der Felsen explodiert!«

Er stürmte vorwärts, erreichte den Schacht und schwang sich hinaus ins Freie. Perillo folgte ihm auf dem Fuße. Unten im Gange hatten ihre Anzüge mehr geglimmt als gebrannt; jetzt aber in der freien Luft entstanden helle Flammen, welche sofort über ihnen zusammenschlugen. Vor Entsetzen brüllend warfen sie sich nieder und wälzten sich auf dem Boden herum, um die Flammen zu ersticken. Da that es im Innern einen zweiten Knall, einen dritten, vierten, fünften und sechsten, einer immer stärker als der andre. Die Schlucht schien förmlich hin und her zu schaukeln; es war, als ob alle ihre Felswände zusammenbrechen wollten. Dann schoß ein schwerer, dicker, dunkler Rauch aus dem Schachtloche hervor, begleitet von einem Zischen wie von hundert Lokomotiven, worauf ein dumpfes Poltern folgte, wie von unter der Erde dahinpolternden Kegelkugeln. Hierauf wurde es still, aber der Rauch schoß noch fort aus dem Loche und hüllte das ganze hintere Thal in stinkende Wolken, welche keine Gestalt, keinen Gegenstand erkennen ließen. Desto deutlicher aber hörte man das Schmerzgebrüll der beiden noch immer sich am Boden windenden und wälzenden Menschen,

Und der Vater Jaguar mit seinen Leuten?

Er hatte mit ihnen, sie herbeiführend, eine Stelle erreicht, welche nur noch zehn Minuten von der Schlucht entfernt war, als ihm Anciano und der Inka entgegenkamen. Ersterer meldete:

»Señor, es ist das ›spitze Messer‹, der Häuptling der Mojos, mit sieben Mann, ein sehr guter Freund von mir.

Soll ich mit ihm reden?«

»Ja; aber natürlich nur auf eine Weise, daß der Gambusino es nicht bemerkt.«

»Der kann es weder sehen noch hören, denn er ist nach seiner Ankunft mit Perillo und den drei Gefangenen sofort in die Schlucht hinab.«

»Meinst du, daß das ›spitze Messer‹ mit sich reden lassen wird?«

»Ja. Ich bin überzeugt, daß er sofort zu uns übergeht, wenn er mich sieht und zudem erfährt, daß Sie bei mir sind.«

So lauf voran; wir kommen langsamer nach, damit du einige Worte mit ihm reden kannst, ehe er uns sieht.«

Anciano eilte fort, und die andern folgten ihm, fest überzeugt, heute gewiß zum Ziele zu gelangen. Noch ehe sie die Schlucht erreichten, kam ihnen der Alte wieder entgegen. Er führte den Häuptling der Mojos an der Hand und rief dem Vater Jaguar zu:

»Hier ist er, Señor, hier ist er. Er freut sich, den berühmten Vater Jaguar, den er noch nie gesehen hat, kennen zu lernen, und will sich gern auf unsre Seite schlagen.«

»Hast du nur die sieben Mann bei dir?« fragte Hammer den Häuptling.

»Ja, Señor.«

»Die zwei kleinen Gefangenen kennen wir. Wer ist der dritte?«

»Ein reicher Señor aus Lima, welcher Engelhardt heißt und Bankier ist.«

»Mein Vater, mein Vater!« schrie da Anton auf, indem er von seinem Maultiere sprang. »Aber es ist nicht möglich. Warum könnte er herübergekommen sein?«

»Um seinen Sohn in Buenos Ayres zu sehen.«

»So ist er's doch; er ist's! Hinab, hinab, ihn zu erretten!

Sein Gewehr schwingend, eilte er der Schlucht zu und war gleich darauf am Rande derselben verschwunden.

Die andern wollten ihm nach, doch der Vater Jaguar gebot:

»Halt! Nicht alle hier hinab. Sechs Mann reiten um die Schlucht und stellen sich jenseits auf, damit da drüben niemand entkommen kann.«

Daraufhin galoppierten sechs Reiter fort. Die übrigen ließen sich aber nun nicht länger halten; sie sprangen aus den Sätteln und kletterten, Hammer und die Indianer mit ihnen, so schnell wie möglich in die Schlucht hinab. Noch waren sie nicht unten, so sahen sie zwei brennende Gestalten aus der Stollenöffnung kommen; sie hörten deren Gebrüll und darauf mehrere Explosionen.

»Die Hunde haben den Schatz entdeckt und das Feuer angezündet,« rief der Vater Jaguar ergrimmt. »Jetzt ist der Schatz verloren!«

Alle rannten, so schnell sie konnten, nach dem von Rauch erfüllten hinteren Teile der Schlucht, ihnen voran Anton und der Inka, der ihm am schnellsten gefolgt war. Die beiden Knaben sahen die Gefangenen liegen und sprangen zu ihnen hin.

»Mein Vater, mein Vater!« rief Anton, indem er sich neben seinem Vater niederwarf, um ihn zu umarmen und zu küssen, und dann seine Fesseln zu durchschneiden.

Niemand hatte ein Auge für diese Begrüßungsscene, denn die Blicke aller waren auf die hintere Felsenwand gerichtet, an welcher zwei Gestalten mühsam und unter vor Schmerz zuckenden Bewegungen emporklimmten. Der Gambusino und Perillo waren es. Sie hatten die Nahenden bemerkt und trotz ihrer halb verbrannten Leiber an die Flucht gedacht, welche nur nach dieser Richtung möglich zu sein schien. Aber da erschienen jetzt die sechs Reiter oben, und der Vater Jaguar rief befriedigt:

»Haltet ein! Laßt die Schurken immer steigen! Sie werden oben in Empfang genommen.«

Er wendete sich zu den Gefangenen, um zunächst Engelhardt zu begrüßen, und dann die beiden Kleinen im Tone des Zornes zu fragen:

»Welcher Teufel hat Sie uns denn abermals nachgeschickt? Konnten Sie es denn selbst bei Ihrem Riesentiere nicht aushalten?«

»Nein,« antwortete der allezeit fertige Fritze. »Der Riesenspitzbube, den wir fangen wollten, war noch viel jrößer.«

»Aber er hat euch wieder gefangen, anstatt ihr ihn!«

»Dat war nur Verstellung von uns. Wir thaten nur so, um ihm hierher und in dat Loch zu bringen, wo er oft und manchmal in Brand jeraten ist.«

»Flunkere nicht, Bursche!«

»Herr, ik bin aus Stralau am Rummelsburger See, wo nie jeflunkert wird. Fragen Sie meinen Herrn! Der hat ihm voran in dat Loch jesteckt.«

»Jawohl!« bestätigte der Privatgelehrte. »Die Erde that sich unter mir auf, und ich verlor den Grund und Boden, lateinisch Solum genannt «

»Sie sind ein unverbesserlicher Faselhans,« unterbrach ihn Hammer, »und fassen jedes Ding, lateinisch Res genannt, beim falschen Ende an. Meine Geduld mit Ihnen, lateinisch Placabilitas, Clementia und auch Mansuetudo geheißen, ist nun zu Ende. Ich mag von Ihnen nichts mehr wissen!«

Morgenstern stand mit offenem Munde da, als er unerwartet lateinische Brocken an den Kopf geworfen bekam. Hammer aber hatte seine Worte zuletzt nicht mehr ernst gemeint und wendete sich, innerlich lachend, von dem Verblüfften ab.

Der Gambusino und Perillo hatten jetzt die Höhe erstiegen und sahen da zu ihrem Entsetzen die sechs Männer stehen, von denen sie wieder zurück- und hinabgetrieben wurden. Unten angekommen, wurden sie zu dem Vater Jaguar gebracht. Sie widerstrebten nicht, denn der fürchterliche Schmerz, den ihre entsetzlichen Brandwunden verursachten, machte jeden Widerstand völlig unmöglich. Ihr Anblick war grauenhaft. Alle ihre Kleidungsstücke waren ihnen bis auf einige Zunderfetzen vom Leibe gebrannt, und schwere, unheilbare Wunden bedeckten alle ihre Glieder. Es gehörte gar nicht das Auge eines erfahrenen Arztes dazu, um einzusehen, daß diese Verletzungen tödlich seien.