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Sie waren eine kleine Gruppe. Alviarin, Mishraile, Nensen, Kash, Rianna und Donalo. Und Ayako – den man Umgedreht hatte. Mishraile verstand nicht viel von Taktik; wenn er Menschen tötete, wartete er gern, bis es sie an einen dunklen Ort verschlug, wo niemand zusah. Diese ganze offene Schlacht, dieses ganze Chaos, gab ihm das Gefühl, eine Messerspitze im Nacken zu fühlen.

»Da«, sagte Alviarin zu Nensen und zeigte auf einen Lichtblitz, als eine weitere Explosion dieser sogenannten Drachen durch Wegetore über das Schlachtfeld hallte. »Ich glaube, das kam von der Mitte der Anhöhe. Macht ein Tor und begebt Euch dorthin.«

»Wir werden niemals …«, begann Mishraile.

»Geht!«, stieß Alviarin mit zornrotem Gesicht hervor.

Nensen beeilte sich zu gehorchen. Er befolgte gern Befehle, denn es gab ihm das Gefühl, dass jemand das Kommando hatte.

Möglicherweise muss ich sie töten, dachte Mishraile. Und Nensen auch. Selbst ohne Schlachterfahrung konnte er erkennen, dass das kein leichter Kampf werden würde. Die Rückkehr der Seanchaner, Demandreds Tod und die blindlings wütenden Trollocs … Ja, der Schatten war noch immer in der Überzahl, aber der Kampf war bei Weitem nicht so einseitig, wie er es gern gehabt hätte. Eine der ersten Regeln, die er je im Leben gelernt hatte, besagte, niemals gegen einen Mann zu kämpfen, wenn beide gleich stark waren.

Zu sechst traten sie durch das Tor und kamen in der Mitte der Anhöhe heraus. Der von Drachen und Machtlenkern verbrannte Boden qualmte, zu dem Rauch kam nun der seltsame Nebel, der aufstieg; es fiel schwer, genau zu erkennen, was hier vor sich ging. Der Boden war mit Löchern übersät, die die Drachen verursacht hatten. Überall lagen Leichen herum … nun ja, eigentlich Stücke davon. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft. Mittlerweile war die Sonne aufgegangen, aber es kam kaum Licht durch die Wolken.

Vom Himmel ertönte Kreischen, ausgestoßen von diesen seltsamen fliegenden Kreaturen, die die Seanchaner mitgebracht hatten. Mishraile fröstelte. Licht. Als würde man in einem Haus ohne Dach stehen und wissen, dass der Feind Bogenschützen über einem aufgestellt hatte. Er schoss eine von ihnen mit Feuer ab und sah zufrieden, wie sich die Schwingen zu Asche auflösten und die Bestie jäh zu Boden trudelte.

Aber so ein Angriff verriet ihn. Er würde die anderen Schattenlords wirklich umbringen müssen und dann entkommen. Er hätte auf der Siegerseite sein sollen.

»An die Arbeit«, sagte Alviarin. »Tut, was ich Euch gesagt habe. Die Tore, durch die diese Geräte schießen, werden von Männern gemacht, also müssen wir die Stelle finden, wo sich das Tor befand, und Donalo dann seinen Nachklang lesen lassen.«

Die Männer verteilten sich und überprüften den Boden, versuchten die Stelle zu finden, an der sich das Wegetor geöffnet hatte. In der Nähe, sogar unerfreulich nahe, kämpften Männer – Sharaner und diese Leute mit dem Wolfsbanner. Falls sie in diese Richtung kamen …

Donalo setzte sich an seine Seite, und sie suchten schnell, hielten beide die Macht fest. Donalo war ein Tairener mit einem kantigen Gesicht und einem grauen Spitzbart.

»Als Demandred fiel«, flüsterte Donalo. »Da wusste ich, dass das die ganze Zeit eine Falle war. Man hat uns reingelegt.«

Mishraile nickte. Vielleicht konnte Donalo ein Verbündeter sein. Sie konnten zusammen entkommen. Natürlich würde er ihn dann umbringen müssen. Er konnte unmöglich einen Zeugen zurücklassen, der dem Großen Herrn berichtete, was er getan hatte.

Davon abgesehen konnte er Donalo ohnehin nicht vertrauen. Der Mann hatte sich ihnen bloß wegen dieses Tricks mit den Myrddraal angeschlossen. Wenn ein Mann so schnell die Seiten wechselte, was sollte ihn davon abhalten, sie erneut zu wechseln? Außerdem gefiel Mishraile das Gefühl nicht, das sich immer in ihm ausbreitete, wenn er Donalo oder die anderen Umgedrehten ansah. Als wäre etwas Unnatürliches tief in ihnen, das auf der Suche nach Beute aus ihnen herausstarrte.

»Wir müssen hier verschwinden«, flüsterte er. »Hier zu kämpfen ist doch völliger Blöd…« Er verstummte, als er im Rauch eine Gestalt erblickte.

Ein großer Mann mit fast rotem Haar. Ein bekannter Mann, mit Schnitten übersät, dessen Kleidung teilweise verbrannt war. Mishraile keuchte auf, und Donalo fluchte, als der Wiedergeborene Drache höchstpersönlich sie sah, sich umdrehte und die Flucht ergriff. Als Mishraile endlich daran dachte, ihn anzugreifen, hatte al’Thor ein Wegetor gewebt und war entkommen.

Die Erde erbebte, an einigen Stellen klaffte der Boden auf; ein Stück vom Osthang brach ab und krachte auf die Trollocs dort unten. Dieser Ort wurde immer instabiler. Noch ein Grund, um zu verschwinden.

»Das war der verfluchte Wiedergeborene Drache!«, sagte Donalo. »Alviarin! Der verfluchte Wiedergeborene Drache ist auf dem Schlachtfeld!«

»Was für ein Unsinn ist das denn schon wieder?«, fragte Alviarin, die mit den anderen herbeieilte.

»Rand al’Thor war hier«, sagte Mishraile noch immer verblüfft. »Blut und verdammte Asche, Donalo, Ihr hattet recht! Das ist die einzige Möglichkeit, wie Demandred fallen konnte.«

»Er hat ja immer gesagt, dass der Drache hier irgendwo auf dem Schlachtfeld ist«, meinte Kash.

Donalo legte den Kopf schief, als würde er etwas in der Luft studieren. »Ich sah genau, wo er das Tor machte, durch das er entkam. Es war genau da. Genau da … Ja! Ich kann die Resonanz fühlen. Ich weiß, wo er hin ist.«

Alviarin verschränkte skeptisch die Arme. »Er hat Demandred besiegt. Besteht überhaupt die Hoffnung, dass wir gegen ihn kämpfen können?«

»Er sah erschöpft aus«, sagte Mishraile. »Sogar mehr als erschöpft. Als er uns sah, geriet er in Panik. Ich glaube, falls er gegen Demandred gekämpft hat, dann hat ihm das viel abverlangt.«

Alviarin betrachtete die Stelle in der Luft, wo al’Thor verschwunden war. Mishraile konnte praktisch ihre Gedanken lesen. Falls sie den Wiedergeborenen Drachen töteten, würde M’Hael möglicherweise nicht der einzige Schattenlord sein, der zum Auserwählten erhoben wurde. Der Große Herr würde dem, der al’Thor zur Strecke brachte, dankbar sein. Sogar sehr dankbar.

»Ich habe es!«, rief Donalo und öffnete ein Wegetor.

»Ich brauche einen Zirkel, um gegen ihn zu kämpfen«, sagte Alviarin. Dann zögerte sie. »Aber ich nehme nur Rianna und Nensen. Ich will nicht das Risiko eingehen, dass wir zu unflexibel sind, wenn wir alle zu dem gleichen Zirkel verknüpft sind.«

Mishraile schnaubte, sammelte seine Macht und sprang durch die Öffnung. Sie wollte bloß nicht, dass einer der Männer den Zirkel anführte und ihr möglicherweise zuvorkam, das hatte sie eigentlich sagen wollen. Nun, da würde Mishraile noch ein Wörtchen mitzureden haben.

Er trat vom Schlachtfeld auf eine ihm unbekannte Lichtung. Die Bäume schienen nicht so sehr von der Berührung des Großen Herrn betroffen zu sein wie an anderen Orten. Warum? Nun, über ihnen donnerte der gleiche schwarze Himmel, und es war so dunkel, dass er eine Lichtkugel weben musste, um etwas erkennen zu können.

In der Nähe hockte al’Thor zusammengesunken auf einem Baumstumpf. Er schaute auf, entdeckte Mishraile und schrie auf, rannte los. Mishraile webte einen Feuerball, der hinter ihm herflog, aber al’Thor konnte ihn mit einem Gewebe aus der Luft holen.

Ha! Er ist schwach!, dachte Mishraile und rannte los. Die anderen folgten ihm durch das Wegetor, die Frauen mit Nensen verknüpft, der wie ein Schoßhund hinter Alviarin hereilte. Donalo kam als Letzter und forderte sie auf, auf ihn zu warten.

Einen Augenblick später blieben sie wie angewurzelt stehen.

Es traf Mishraile wie ein kalter Guss – als würde er mit dem Kopf zuerst in einen Wasserfall laufen. Die Eine Macht verschwand. Sie verließ ihn, einfach so.

Von Panik überwältigt stolperte er, versuchte zu begreifen, was da geschehen war. Man hatte ihn abgeschirmt! Nein. Da war keine Abschirmung. Er fühlte …