Выбрать главу

Rand grinste.

»Was?«

»Wenigstens habe ich eine Entschuldigung, Dinge zu wissen und zu verstehen, von denen kein junger Mann von den Zwei Flüssen etwas wissen sollte.«

Perrin schnaubte. »Spring doch in den Weinquellenbach. Glaubst du wirklich, dass das Demandred ist?«

»Das ist genau die Art Unternehmen, das er versuchen würde. Trenne deine Gegner, dann zerschmettere sie einen nach dem anderen. Eine der ältesten Strategien der Kriegskunst.«

Demandred hatte das selbst in alten Schriften entdeckt. Zur Zeit der Bohrung hatten sie nichts mehr über Krieg gewusst. Oh, sie hatten geglaubt, ihn zu verstehen, aber es war das Verständnis eines Gelehrten gewesen, der etwas Uraltes und Verstaubtes studierte.

Von all jenen, die sich dem Schatten zugewandt hatten, erschien Demandreds Verrat der tragischste. Der Mann hätte ein Held sein können. Hätte ein Held sein müssen.

Auch dafür bin ich verantwortlich, dachte Rand. Hätte ich ihm die Hand entgegengestreckt, statt verächtlich zu grinsen, hätte ich gratuliert, statt einen Wettstreit zu beginnen. Wäre ich damals der Mann gewesen, der ich jetzt bin …

Egal. Er musste jemanden zu Elayne schicken. Die angemessene Reaktion bestand darin, Unterstützung anzubieten, um die Stadt zu evakuieren, Asha’man und loyale Aes Sedai, die Wegetore erschufen und so viele Menschen wie möglich befreiten – und die dafür sorgten, dass die Trollocs im Augenblick in Caemlyn blieben.

»Nun, ich vermute, deine Erinnerungen sind doch zu etwas nütze«, sagte Perrin.

»Willst du wissen, was mir einen Knoten ins Hirn macht?«, sagte Rand leise. »Die eine Sache, die mich frösteln lässt, als wäre es der kalte Atem des Schattens selbst? Der Makel hat mich in den Wahnsinn getrieben und mir die Erinnerungen an mein früheres Leben gegeben. Sie kamen, als Lews Therin anfing, mir zuzuflüstern. Aber ausgerechnet dieser Wahnsinn gibt mir die Hinweise, die ich brauche, um zu siegen. Verstehst du nicht? Falls ich siegreich bin, wird es der Makel selbst sein, der zum Sturz des Dunklen Königs führt.«

Perrin stieß einen leisen Pfiff aus.

Wiedergutmachung, dachte Rand. Als ich das das letzte Mal versuchte, hat uns mein Wahnsinn zerstört.

Dieses Mal rettet er uns.

»Geh zu deiner Frau, Perrin«, sagte er und blickte zum Himmel. »Das ist für dich die letzte Nacht vor dem Ende, die wenigstens einen Hauch von Frieden haben wird. Ich erkundige mich danach, wie schlimm die Dinge in Andor stehen.« Er sah zurück zu seinem Freund. »Ich vergesse mein Versprechen nicht. Einigkeit muss vor allem anderen kommen. Aus genau diesem Grund scheiterte ich das letzte Mal, weil ich die Einigkeit gering schätzte.«

Perrin nickte, dann legte er Rand die Hand auf die Schulter. »Das Licht erleuchte dich.«

»Dich auch, mein Freund. Dich auch.«

2

Die Entscheidung einer Ajah

Pevara gab sich alle Mühe, so zu tun, als hätte sie nicht die geringste Angst.

Hätten diese Asha’man sie besser gekannt, dann wäre ihnen aufgefallen, dass sie normalerweise niemals still und leise in der Ecke saß. Sie griff auf die Grundlagen ihrer Aes-Sedai-Ausbildung zurück: immer den Eindruck erwecken, alles unter Kontrolle zu haben, auch wenn genau das Gegenteil zutrifft.

Sie zwang sich aufzustehen. Canler und Emarin hatten sich zurückgezogen, um die Männer von den Zwei Flüssen zu besuchen und sich davon zu überzeugen, dass sie nur zu zweit gingen. Damit waren sie und Androl wieder allein. Er bastelte stumm an seinen Ledergurten herum, während draußen der Regen fiel. Er nähte mit zwei Nadeln zugleich, kreuzte die Löcher auf jeder Seite. Der Mann hatte die Konzentration eines Handwerksmeisters.

Pevara ging langsam zu ihm hinüber, was ihn scharf aufsehen ließ, als sie näher kam. Sie unterdrückte ein Lächeln. Man sah es ihr vermutlich nicht an, aber falls nötig, konnte sie sich sehr leise bewegen.

Sie starrte aus dem Fenster. Der Regen war schlimmer geworden, sprühte gegen die Scheibe. »Nachdem es so viele Wochen ausgesehen hat, als würde der Sturm jeden Moment losbrechen, ist er endlich da.«

»Irgendwann mussten diese Wolken aufbrechen«, meinte Androl.

»Der Regen fühlt sich nicht natürlich an.« Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken. Die Kälte war durch das Glas hindurch zu spüren. »Da gibt es keinen Rhythmus. Stets nur der gleiche regelmäßige Guss. Viele Blitze, aber nur wenig Donner.«

»Glaubt Ihr, hier handelt es sich um einen dieser …?« Androl musste nicht erklären, was er damit meinte. Früher in dieser Woche hatten sich Menschen in der Burg – aber keine Asha’man – unvermittelt selbst entzündet. Sie hatten einfach gebrannt, ohne jede Erklärung. Vierzig Leute hatten sie verloren. Viele machten dafür noch immer einen abtrünnigen Asha’man verantwortlich, dabei hatten die Männer geschworen, dass niemand in der Nähe die Macht gelenkt hatte.

Sie schüttelte den Kopf und sah eine Gruppe Leute auf der schlammigen Straße vorbeitrotten. Zuerst hatte sie zu jenen gehört, die die Todesfälle zum Werk eines verrückt gewordenen Asha’man erklärt hatten. Jetzt hatte sie akzeptiert, dass diese Geschehnisse und andere Merkwürdigkeiten etwas viel Schlimmeres bedeuteten.

Die Welt löste sich in ihre Bestandteile auf.

Sie musste stark sein. Pevara selbst hatte den Plan entwickelt, Frauen an diesen Ort zu bringen, um mit diesen Männern den Behüterbund einzugehen, auch wenn der Vorschlag ursprünglich von Tarna gekommen war. Sie durfte sie nicht herausfinden lassen, wie sehr es ihr zu schaffen machte, hier gefangen zu sein und Feinden gegenüberzustehen, die einen Menschen auf die Seite des Schattens zwingen konnten. Ihre einzigen Verbündeten waren Männer, die sie noch vor wenigen Monaten hartnäckig gejagt und gnadenlos für immer von der Einen Macht abgeschnitten hätte.

Sie setzte sich auf den Hocker, den Emarin zuvor benutzt hatte. »Ich möchte gern über diesen ›Plan‹ sprechen, den Ihr entwickelt.«

»Ich bin mir nicht sicher, dass ich tatsächlich schon einen geschmiedet habe, Aes Sedai.«

»Vielleicht könnte ich ein paar Vorschläge beisteuern.«

»Ich hätte nichts dagegen, sie zu hören«, sagte Androl, obwohl er die Augen zusammenkniff.

»Was ist?«

»Diese Leute da draußen. Ich erkenne sie nicht. Und …«

Sie blickte wieder aus dem Fenster. Das einzige Licht kam von den Gebäuden, die vereinzelt ein rot-oranges Glühen in die nasse Nacht sandten. Die Passanten bewegten sich sehr langsam über die Straße, tauchten kurz ein in das Licht der Fenster.

»Ihr Kleidung ist nicht nass«, flüsterte Androl.

Mit einem Frösteln erkannte Pevara, dass er recht hatte. Der Mann an der Spitze ging mit einem breitkrempigen tropfenden Hut auf seinem Kopf, aber er fing den Regen nicht auf. Seine bäuerliche Kleidung war völlig unberührt vom Wasser. Und das Kleid der Frau neben ihm flatterte überhaupt nicht im Wind. Jetzt erkannte Pevara, dass einer der jüngeren Männer die Hand hinter dem Rücken hielt, als zöge er die Zügel eines Lasttiers – bloß dass da kein Tier war.

Pevara und Androl sahen schweigend zu, bis die Gestalten in der Nacht verschwunden waren. Visionen von Toten wurden immer häufiger.

»Ihr sagtet etwas von einem Vorschlag?« Androls Stimme zitterte.

»Ich … ja.« Pevara riss den Blick vom Fenster los. »Bis jetzt hat sich Taim auf die Aes Sedai konzentriert. Meine Schwestern wurden alle geholt. Ich bin die Letzte.«

»Ihr wollt Euch als Köder anbieten.«

»Sie werden kommen und mich holen«, sagte sie. »Es ist nur eine Frage der Zeit.«

Androl fuhr über den Ledergurt und sah zufrieden aus. »Wir sollten Euch herausschmuggeln.«