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Das Rauschen der Luft verschluckte Olvers nächste Worte. Die schwer verletzten Schwingen der Kreatur schlugen wild, und sie kreischte fürchterlich. Mat war sich nicht sicher, ob überhaupt jemand von ihnen die Kontrolle hatte, als die Echse dem Boden entgegenraste.

Sie schlugen auf dem Talboden auf. Knochen brachen – beim Licht, Mat hoffte, dass sie dem To’raken gehörten –, und er flog Hals über Kopf über den steinigen Untergrund.

Schließlich kam er nach einem letzten Überschlag zur Ruhe.

Benommen atmete er ein und aus. »Das«, stöhnte er schließlich, »war die schlimmste Idee, die ich je hatte.« Er zögerte. »Vielleicht auch die zweitschlimmste.« Schließlich hatte er sich entschieden, Tuon zu entführen.

Taumelnd kam er auf die Füße, und seine Beine schienen noch zu funktionieren. Er humpelte nicht zu schlimm, als er auf den zuckenden To’raken zurannte. »Olver? Olver!«

Er fand den Jungen noch immer an den Sattel gebunden. Der Kleine blinzelte und schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen. »Mat«, sagte Olver, »das nächste Mal solltest du mich fliegen lassen. Ich bin nicht der Meinung, dass du das besonders gut gemacht hast.«

»Falls es ein nächstes Mal gibt«, erwiderte Mat, »fresse ich einen ganzen Beutel Gold aus Tar Valon.« Er riss die Riemen los, die seinen Ashandarei und Olvers Horn hielten, dann drückte er dem Jungen das Instrument in die Hände. Er griff nach der Tasche mit Rands Banner, die er am Gürtel trug, aber sie war verschwunden.

Voller Panik blickte er sich um. »Das Banner! Ich habe das verdammte Banner fallen gelassen!«

Olver lächelte und schaute zu dem Zeichen hinauf, das die rasenden Wolken malten. »Das geht schon in Ordnung – wir stehen bereits unter seinem Banner«, sagte er. Dann hob er das Horn und blies einen wunderschönen Ton.

46

Erwachen

Rand befreite sich von der Dunkelheit und betrat wieder das Muster.

Durch seine Beobachtungen wusste er, dass hier an diesem Ort seit seinem Eintritt nur Minuten vergangen waren, aber im Tal außerhalb dieser Höhle waren es Tage, und weiter draußen in der Welt war sogar noch mehr Zeit verstrichen.

Rand stieß Moridin aus der Position zurück, die sie während dieser angespannten Minuten mit den sich berührenden Klingen eingenommen hatten. Noch immer mit der ach so süßen Einen Macht gefüllt, hob Rand Callandor und führte die Klinge gegen seinen alten Freund.

Moridin riss das Schwert hoch, um den Hieb abzuwehren, aber es gelang ihm nur so gerade eben. Er knurrte, zog ein Messer aus dem Gürtel, trat zurück und nahm eine Messer-und-Schwert-Stellung ein.

»Du spielst keine Rolle mehr, Elan«, sagte Rand, und die Flut Saidins tobte in ihm. »Lass uns das beenden.«

»Tue ich das?« Moridin lachte.

Dann fuhr er herum und schleuderte das Messer auf Alanna.

Nynaeve sah entsetzt, wie das Messer durch die Luft wirbelte. Aus irgendeinem Grund hatten die Windböen keinen Einfluss darauf.

Nein! Nicht nachdem sie die Frau wieder ins Leben gelockt hatte. Ich kann sie jetzt nicht verlieren! Sie versuchte das Messer abzufangen oder seinen Weg zu blockieren, war aber um Haaresbreite zu langsam.

Das Messer grub sich in Alannas Brust.

Nynaeve starrte es entsetzt an. Das war keine Wunde, die Kräuter und Faden heilen konnte. Die Klinge hatte das Herz getroffen.

»Rand! Ich brauche die Eine Macht!«, schrie sie.

»Schon … in Ordnung …«, flüsterte Alanna.

Nynaeve sah der Frau in die Augen. Sie war bei Bewusstsein. Die Kräuter. Nynaeve erinnerte sich, was sie der Frau gegeben hatte, damit sie wieder zu Kräften kam. Sie haben sie geweckt.

»Ich kann …«, sagte Alanna. »Ich kann ihn freigeben …«

Das Licht in ihren Augen erlosch.

Nynaeve schaute zu Rand und Moridin hinüber. Rand warf der toten Frau einen Blick voller Bedauern und Trauer zu, aber sie konnte keinen Zorn entdecken. Alanna hatte den Behüterbund aufgelöst, bevor er die Wirkung ihres Todes spüren konnte.

Moridin wandte sich wieder Rand zu, ein weiteres Messer in der linken Hand. Rand hob Callandor.

Moridin ließ das Schwert fallen, dann stieß er sich das Messer in die rechte Hand. Rand zuckte zusammen, und Callandor entglitt seinen Fingern, als hätte die Tat des Gegners seine Hand durchbohrt.

Schlagartig erlosch das Glühen der Klinge. Klirrend landete das Kristallschwert am Boden.

Perrin hielt sich bei seinem Kampf mit dem Schlächter nicht zurück.

Er versuchte nicht länger, zwischen Wolf und Mensch zu unterscheiden. Er ließ schließlich alles raus, den ganzen Zorn auf den Schlächter, den ganzen Schmerz über den Tod seiner Eltern – ein Druck, der seit Monaten unbemerkt in seinem Inneren stetig gewachsen war.

Er ließ ihn raus. Licht, er ließ ihn raus! Wie in dieser schrecklichen Nacht, als er diese Weißmäntel getötet hatte. Seitdem hatte er sich und seine Gefühle fest im Griff gehabt. Genau wie Meister Luhhan behauptet hatte.

Jetzt begriff er es. Der sanfte Perrin, der immer Angst hatte, jemanden zu verletzen. Ein Schmied, der gelernt hatte, sich zu kontrollieren. Er hatte selten zugelassen, mit seiner ganzen Kraft zuzuschlagen.

An diesem Tag ließ er den Wolf von der Leine. Sie hatte dort sowieso nichts zu suchen gehabt.

Der Sturm glich sich seinem Zorn an. Perrin versuchte nicht, ihn zurückzuhalten. Warum sollte er auch? Er stimmte perfekt mit seinen Gefühlen überein. Der Aufschlag seines Hammers war wie ein Donnerschlag, das Blitzen seiner Augen wie Blitze vom Himmel. Wölfe heulten mit dem Wind um die Wette.

Der Schlächter versuchte sich zu wehren. Er sprang, er versetzte sich, er stach zu. Jedes Mal war Perrin da. Sprang ihn als Wolf an, schlug als Mann nach ihm, drang wie der Sturm selbst auf ihn ein. Ein wilder Blick trat in die Augen seines Feindes. Er hob einen Schild und versuchte, ihn zwischen sich und Perrin zu bringen.

Perrin griff an. Ohne nachzudenken, er war nur noch reiner Instinkt. Perrin brüllte und schmetterte den Hammer immer wieder gegen diesen Schild. Trieb den Schlächter vor sich her. Schlug auf diesen Schild ein, als wäre er ein störrisches Stück Eisen. Hämmerte seine Wut, seinen Zorn weg.

Sein letzter Schlag warf den Schlächter zurück und prallte den Schild aus seinen Händen, ließ ihn Hunderte Fuß in die Luft wirbeln. Der Schlächter landete auf dem Talboden und rollte keuchend herum. In der Mitte des Schlachtfeldes kam er endlich zum Stehen. Überall um ihn herum erhoben sich schattenhafte Gestalten und starben, während sie in der realen Welt kämpften. Er starrte Perrin entsetzt an, dann verschwand er.

Perrin schickte sich in die wache Welt und folgte ihm. Er erschien mitten in der Schlacht. Aiel kämpften wild gegen Trollocs. Auf dieser Seite war der Sturmwind überraschend stark, und schwarze Wolken wirbelten um den Shayol Ghul, der sich wie ein krummer Finger in den Himmel erhob.

Die Aiel ringsum warfen ihm kaum einen Blick zu. Überall lagen die Leichen von Menschen und Trollocs zu Haufen aufgeschichtet auf dem Schlachtfeld, und der Ort stank nach Tod. Einst war der Boden staubig gewesen, aber jetzt hatte ihn das Blut der Gefallenen in Schlamm verwandelt.

Knurrend bahnte sich der Schlächter seinen Weg durch eine Gruppe Aiel und hieb mit seinem langen Messer um sich. Er schaute nicht zurück – und es hatte auch nicht den Anschein, als wüsste er, dass Perrin ihm in die reale Welt gefolgt war.

Eine neue Welle Schattengezücht kam von einem Hang herab, schälte sich aus einem silbrig weißen Nebel. Ihre Haut sah seltsam aus, war übersät mit Löchern, und ihre Augen waren milchig weiß. Perrin ignorierte sie und jagte hinter dem Schlächter her.