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Lan verließ hinter ihr das Zelt, legte einen Arm um ihre Schulter. Sie hob die Hand und schob sie in die seine. In der Nähe blickten sich Min und Elayne an.

Gregorin flüsterte Darlin etwas zu – man hatte ihn halb tot in den Trümmern seines Zelts gefunden. Beide sahen die Frauen stirnrunzelnd an. Nynaeve bekam einen Teil von Gregorins Worten mit. »… erwartet, dass die Aiel-Wilde herzlos sein, vielleicht auch die Königin von Andor, aber die andere? Keine Tränen.«

»Sie sind wie betäubt«, erwiderte Darlin.

Nein!, dachte Nynaeve. Sie musterte Min und Elayne. Die drei wissen etwas, das ich nicht weiß. Ich werde es aus ihnen herausprügeln müssen.

»Entschuldige mich«, sagte Nynaeve und löste sich von Lan.

Er folgte ihr.

Sie sah ihn mit hochgezogener Braue an.

»Du wirst mich in den nächsten Wochen nicht los, Nynaeve«, sagte er, und Liebe strömte durch ihren Bund. »Selbst wenn du es willst.«

»Sturer Ochse«, knurrte sie. »Wenn ich mich richtig erinnere, warst du derjenige, der darauf bestand, mich zu verlassen, damit du deinem angeblichen Schicksal allein entgegenmarschieren konntest.«

»Und du hattest damit recht«, erwiderte Lan. »Wie so oft.« Er sagte es so ruhig, dass es schwerfiel, auf ihn böse zu sein.

Außerdem waren es die Frauen, auf die sich ihr Zorn richtete. Sie wählte zuerst Aviendha und schlich begleitet von Lan an ihre Seite.

… da Rhuarc tot ist«, sagte Aviendha zu Sorilea und Bair, »glaube ich, dass es möglich sein muss, das zu ändern, was ich dort auch immer sah. Diese Veränderung hat bereits angefangen.«

»Ich habe deine Visionen gesehen, Aviendha«, sagte Bair. »Oder etwas Vergleichbares, durch andere Augen. Ich halte es für eine Warnung vor etwas, das wir nicht zulassen dürfen.«

Die anderen beiden nickten, dann entdeckten sie Nynaeve und wurden so still wie Aes Sedai. Aviendha war genauso schlimm wie die anderen, wie sie da völlig ruhig und beherrscht mit ihren verbundenen Füßen auf ihrem Stuhl saß. Möglicherweise konnte sie eines Tages wieder gehen, aber sie würde nie wieder kämpfen können.

»Nynaeve al’Meara«, sagte Aviendha.

»Hast du nicht gehört, wie ich verkündete, dass Rand tot ist?«, verlangte Nynaeve zu wissen. »Er schlief einfach ein.«

»Der Verwundete ist aus dem Traum erwacht«, sagte Aviendha gleichmütig. »Das müssen wir alle irgendwann. Sein Tod geschah bei einer großen Tat, und er wird gebührend gefeiert werden.«

Nynaeve beugte sich vor. »Also gut«, sagte sie bedrohlich und umarmte die Quelle. »Heraus damit. Ich wählte dich, weil du nicht vor mir weglaufen kannst.«

Einen winzigen Augenblick lang zeigte Aviendha so etwas wie Furcht. Blitzartig war es wieder verschwunden. »Lasst uns seinen Scheiterhaufen vorbereiten.«

Perrin rannte durch den Wolfstraum. Allein.

Andere Wölfe heulten ihr Mitgefühl für seine Trauer heraus. Sie würden weiterfeiern, wenn er vorbei war, aber das machte ihre Empfindungen nicht weniger echt.

Er heulte nicht auf. Er schrie nicht. Er wurde zu Junger Bulle, und er lief.

Er wollte nicht hier sein. Er wollte den Schlaf, den richtigen Schlaf. Dort konnte er keinen Schmerz fühlen. Hier schon.

Ich hätte sie nicht alleinlassen dürfen.

Der Gedanke eines Menschen. Warum schlich er sich hier ein?

Aber was hätte ich tun können? Ich habe versprochen, sie nicht wie etwas Zerbrechliches zu behandeln.

Laufen. Schnell laufen. Laufen bis zur Erschöpfung!

Ich musste zu Rand. Ich musste. Aber damit ließ ich sie im Stich!

Wie ein Blitz zu den Zwei Flüssen. Wieder zurück, den Fluss entlang. Zur Wüste, dann zurück, ein langer Lauf nach Falme.

Wie konnte man von mir erwarten, sie beide zu halten und dann einen loszulassen?

Nach Tear. Dann zu den Zwei Flüssen. Ein knurrender Schemen, der sich so schnell bewegte, wie er nur konnte. Hier. An dieser Stelle hatte er sie geheiratet.

Hier stieß er ein Heulen aus.

Caemlyn, Cairhien, die Brunnen von Dumai.

Hier hatte er den einen gerettet.

Cairhien, Ghealdan, Malden.

Hier hatte er die andere gerettet.

Zwei Mächte in seinem Leben. Jede hatte ihn angezogen. Schließlich brach Junger Bulle irgendwo in Andor vor ein paar Hügeln zusammen. Ein vertrauter Ort.

Der Ort, an dem ich Elyas kennenlernte.

Er wurde wieder zu Perrin. Seine Gedanken waren keine Wolfsgedanken mehr, seine Sorgen keine Wolfssorgen. Er starrte zu einem Himmel hinauf, an dem jetzt, nach Rands Opfer, nicht eine Wolke mehr zu sehen war. Er hatte bei seinem Freund sein wollen, als er starb.

Dieses Mal würde er bei Faile sein, wo sie gestorben war.

Er wollte schreien, aber das würde nichts nützen. »Ich muss loslassen, nicht wahr?«, flüsterte er dem Himmel zu. »Licht! Ich will aber nicht. Ich habe gelernt. Ich habe von Malden gelernt. Ich tat es nicht noch einmal! Dieses Mal tat ich das, was man von mir erwartete.«

In der Nähe krächzte ein Vogel am Himmel. Wölfe heulten. Jagten.

»Ich lernte …«

Ein Vogelruf.

Er klang wie ein Falke.

Perrin sprang auf die Füße, fuhr herum. Da. Er verschwand und erschien sofort auf einem offenen Feld, das ihm unbekannt war. Nein, er kannte dieses Feld. Er kannte es! Das war Merrilor, bloß ohne Blut, ohne zu Schlamm zertretenes Gras, ohne das zerstörte und aufgewühlte Gelände.

Hier fand er einen winzigen Falken von der Größe seiner Hand, der leise mit einem gebrochenen Bein fiepte, das unter einem Stein festklemmte. Sein Herzschlag war schwach.

Perrin brüllte auf, als er erwachte, krallte sich seinen Weg aus dem Wolfstraum. Er stand auf dem Leichenfeld und schrie in den Nachthimmel. In der Nähe rannten Sucher von Entsetzen ergriffen auseinander.

Wo? Wie sollte er diese Stelle in der Dunkelheit finden? Er rannte los, stolperte über Leichen, durch von Drachen oder Machtlenkern verursachte Erdlöcher. Er hielt an, schaute in die eine Richtung, dann in die andere. Wo? Wo!

Blumige Seife. Ein Hauch von Parfüm in der Luft. Perrin rannte darauf zu, warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Kadaver eines gewaltigen Trollocs, der beinahe brusthoch auf anderen Kadavern lag. Darunter fand er ein totes Pferd. Ohne weiter darüber nachzudenken oder sich darüber im Klaren zu sein, welche Kraft dafür nötig war, zerrte er das Pferd zur Seite.

Darunter lag Faile blutüberströmt in einem kleinen Erdloch und atmete flach. Perrin schrie auf, fiel auf die Knie, nahm sie in die Arme, atmete ihren Duft ein.

Er brauchte nur zwei Herzschläge, um sich in den Wolfstraum zu versetzen, Faile zu Nynaeve weit im Norden zu bringen und wieder aus ihm herauszutreten. Sekunden später fühlte er, wie sie in seinen Armen Geheilt wurde, und er war nicht bereit, sie selbst dafür loszulassen.

Faile, sein Falkenweibchen, zitterte am ganzen Leib. Dann schlug sie die Augen auf und lächelte ihn an.

Die anderen Helden waren gegangen. Birgitte blieb, als der Abend hereinbrach. In der Nähe schichteten Soldaten Rand al’Thors Scheiterhaufen auf.

Birgitte konnte nicht mehr lange bleiben, aber im Augenblick … ja, das ging. Noch einen kurzen Augenblick. Das Muster würde es erlauben.

»Elayne?«, sagte sie. »Weißt du etwas? Über den Drachen?«

Im schwindenden Licht zuckte Elayne mit den Schultern. Die beiden standen hinten in der Menge, die sich versammelt hatte, um dabei zuzusehen, wie der Scheiterhaufen des Wiedergeborenen Drachen entzündet wurde.

»Ich weiß, was du vorhast«, sagte sie zu Elayne. »Mit dem Horn.«

»Und was habe ich vor?«

»Es zu behalten«, sagte Birgitte. »Und den Jungen. Es als andoranischen Schatz zu behalten, vielleicht als Waffe der Nation.«

»Vielleicht.«