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»Androl, Wein!« Emarin schnipste mit den Fingern.

Nun, dachte Androl, dann spiele ich wohl mal besser diese Rolle. Er verneigte sich, warf Dobser einen wohlkalkulierten finsteren Blick zu, dann verließ er den Raum, um ein paar Becher und Wein zu holen. Bei seiner Rückkehr plauderten Dobser und Emarin freundlich.

»Ich verstehe«, sagte Emarin. »Ich hatte ja solche Probleme, in der Schwarzen Burg vernünftige Helfer zu finden. Ihr müsst wissen, es ist unbedingt erforderlich, meine Identität zu wahren.«

»Das kann ich verstehen, mein Lord«, sagte Dobser. »Hätte jemand gewusst, dass ein Hochlord aus Tear in unseren Rängen ist, dann hätte es kein Ende mit der Stiefelleckerei genommen. Das kann ich Euch sagen! Und der M’Hael, nun, es würde ihm gar nicht gefallen, wenn jemand mit so viel Autorität hier wäre. Nein, ganz und gar nicht!«

»Ihr versteht, warum ich mich zurückhalten musste«, erklärte Emarin, streckte die Hand aus und akzeptierte einen Becher, den Androl dann mit Wein füllte.

Ein Hochlord aus Tear?, dachte Androl belustigt. Dobser schien sich daran zu berauschen wie an harten Getränken.

»Und wir alle glaubten, Ihr würdet Logain so schmeicheln, weil Ihr dumm seid!«, sagte Dobser.

»Ach ja, die Gruppe, zu der ich gehören musste. Taim würde mich sofort durchschauen, verbrächte ich zu viel Zeit in seiner Nähe. Also musste ich zu Logain gehen. Er und dieser Drache, beide sind offensichtlich Bauern und erkennen keinen Mann von edlem Geblüt.«

»Ich muss sagen, dass ich schon misstrauisch war, mein Lord.«

»Das dachte ich mir.« Emarin nahm einen Schluck Wein. »Um zu beweisen, dass er nicht vergiftet ist«, erklärte er, bevor er Dobser den Becher gab.

»Schon gut, mein Lord.« Dobser winkte ab. »Ich vertraue Euch.« Er stürzte den Wein hinunter. »Wenn man nicht einmal einem Hochlord trauen kann, wem dann, richtig?«

»Richtig«, sagte Emarin.

»Eines kann ich Euch sagen«, fuhr Dobser fort, hielt den Becher hin und wackelte damit, damit Androl nachschenkte. »Ihr müsst eine bessere Methode finden, Euch von Taim fernzuhalten. Logain zu folgen wird nicht mehr funktionieren.«

Emarin trank einen großen, nachdenklichen Schluck. »Taim hat ihn. Ich verstehe. Das habe ich kommen sehen. Welyn und die anderen, die auftauchten und diese Geschichte erzählten.«

»Ja«, sagte Dobser und ließ sich den Becher schon wieder füllen. »Aber Logain ist stark. Erfordert viel Arbeit, so einen Mann Umzudrehen. Willenskraft, versteht Ihr? Es wird einen oder zwei Tage dauern, ihn Umzudrehen. Aber egal, Ihr könnt jetzt genauso gut bei Taim vorsprechen und ihm Eure Pläne erklären. Er wird es verstehen, und er sagt ja immer, dass die Männer ihm nützlicher sind, wenn er sie nicht Umdrehen muss. Keine Ahnung, warum. Aber bei Logain gab es keine andere Wahl. Scheußlicher Prozess.« Dobser fröstelte.

»Dann gehe ich und spreche mit ihm, Meister Dobser. Übrigens, würdet Ihr für mich bürgen? Ich … würde auch dafür sorgen, dass man Euch für die Mühe entschädigt.«

»Sicher, sicher«, sagte Dobser. »Warum nicht?« Er leerte den Becher, kam unsicher auf die Füße. »Er wird nach Logain sehen. Tut er immer zu dieser Nachtzeit.«

»Wo ist das denn?«

»Die verborgenen Räume«, sagte Dobser. »In den Fundamenten, die wir bauen. Kennt Ihr den Ostflügel, wo der Einsturz all diese zusätzlichen Erdarbeiten erforderlich machte? Es gab gar keinen Einsturz, das war nur der Vorwand, um die zusätzliche Arbeit heimlich erledigen zu können. Und …« Dobser zögerte.

»Und das reicht«, sagte Pevara, fesselte den Mann wieder mit Luft und verstopfte seine Ohren. Sie sah Emarin mit verschränkten Armen an. »Ich bin beeindruckt.«

Bescheiden breitete Emarin die Hände aus. »Ich hatte schon immer das Talent, dass sich Männer in meiner Gegenwart entspannen. Ehrlich gesagt habe ich Dobser auch nicht vorgeschlagen, weil ich ihn für leicht zu bestechen hielt. Ich suchte ihn wegen seiner, nun … nennen wir es gut verborgenen geistigen Fähigkeiten.«

»Jemanden zum Schatten zu bekehren macht ihn nicht weniger dumm«, sagte Androl. »Aber wenn Ihr das tun konntet, warum mussten wir ihn dann überhaupt gefangen nehmen?«

»Es geht darum, die Situation zu kontrollieren, Androl«, erklärte Emarin. »Einen Mann wie Dobser darf man nicht in seinem Element konfrontieren, wo er von Freunden umgeben ist, die etwas scharfsinniger sind. Wir mussten ihm Angst einjagen, ihn sich winden lassen und ihm dann einen Ausweg bieten, sich wieder herauszuwinden.« Emarin zögerte, sah Dobser an. »Außerdem konnten wir wohl kaum das Risiko eingehen, dass er zu Taim rennt, was er möglicherweise getan hätte, hätte ich ohne die Androhung von Gewalt unter vier Augen mit ihm gesprochen.«

»Und jetzt?«, fragte Pevara.

»Jetzt verabreichen wir den dreien etwas, das sie bis Bel Tine schlafen lässt«, sagte Androl. »Wir holen Nalaam, Canler, Evin und Jonneth. Wir warten, bis Taim nach Logain gesehen hat, wir brechen ein, retten ihn und holen uns die Burg vom Schatten zurück.«

Einen Augenblick lang standen sie schweigend da. Der Raum wurde nur von einer einzelnen flackernden Lampe erhellt. Regen sprühte gegen das Fenster.

»Nun, solange Ihr kein Unternehmen vorschlagt, das wirklich schwer ist, Androl …«, sagte Pevara.

Im Traum öffnete Rand die Augen und war überrascht, dass er eingeschlafen war. Aviendha hatte ihn endlich dösen lassen. Vermutlich gestattete sie es sich ebenfalls zu dösen. Sie war so müde wie er erschienen. Vielleicht sogar noch mehr.

Er stand auf. Um ihn herum erstreckte sich eine Wiese aus totem Gras. Er hatte ihre Sorge spüren können, und nicht nur durch ihren Bund, sondern auch durch die Weise, wie sie ihn umarmte. Aviendha war eine Kämpferin, eine Kriegerin, aber selbst ein Krieger musste sich gelegentlich an etwas festhalten. Das Licht wusste, dass es ihm so ging.

Er sah sich um. Das hier fühlte sich gar nicht nach dem Tel’aran’rhiod an. Jedenfalls nicht richtig. Das tote Feld schien sich in alle Richtungen zu erstrecken, möglicherweise sogar in die Unendlichkeit. Das hier war nicht die wahre Welt der Träume; es war ein Traumsplitter, eine von einem mächtigen Wahrträumer oder Traumgänger erschaffene Welt.

Rand ging los. Er zertrat welkes Laub, dabei gab es ja gar keine Bäume. Vermutlich hätte er sich in seine eigenen Träume zurückversetzen können; obwohl er nie so gut wie die Verlorenen darin gewesen war, in den Träumen zu wandeln, war er dazu immerhin fähig. Neugier trieb ihn weiter.

Ich sollte nicht hier sein, dachte er. Ich habe Schutzgewebe erzeugt. Wie war er an diesen Ort gekommen, und wer hatte ihn erschaffen? Er hatte da einen Verdacht, erinnerte sich an jemanden, der oft Traumsplitter benutzt hatte.

In der Nähe fühlte er eine Präsenz. Er ging einfach weiter, ohne den Kopf zu drehen, aber er wusste, dass plötzlich jemand neben ihm ging.

»Elan«, sagte er.

»Lews Therin.« Elan trug noch immer seinen neuesten Körper, den hochgewachsenen, stattlichen Mann, der Rot und Schwarz trug. »Es stirbt, und bald herrscht der Staub. Der Staub … dann nichts.«

»Wie bist du an meinen Schutzgeweben vorbeigekommen?«

»Das weiß ich nicht«, erwiderte Moridin. »Ich wusste, dass du dich zu mir gesellst, wenn ich diesen Ort erschaffe. Du kannst dich nicht von mir fernhalten. Das erlaubt das Muster nicht. Wir werden voneinander angezogen, du und ich. Immer wieder und wieder. Zwei Schiffe, die am selben Strand festgemacht sind, die bei jeder neuen Flut gegeneinanderstoßen.«

»Wie poetisch. Wie ich gesehen habe, hast du Mierin endlich von der Leine gelassen.«

Moridin blieb stehen, und Rand folgte seinem Beispiel und sah ihn an. Die Wut schien Hitzewellen gleich aus dem Verlorenen herauszuströmen.

»Sie kam zu dir?«, verlangte er zu wissen.

Rand schwieg.

»Tu bloß nicht so, als hättest du gewusst, dass sie noch lebt. Das hast du nicht, das konntest du unmöglich.«