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Rand schwieg weiter. Seine Gefühle bezüglich Lanfear – oder wie auch immer sie sich jetzt nannte – waren kompliziert. Lews Therin hatte sie gehasst, aber Rand hatte sie hauptsächlich als Selene gekannt und sie gemocht – zumindest bis sie versucht hatte, Elayne und Aviendha zu töten.

Der Gedanke an sie ließ ihn auch an Moiraine denken und auf Dinge hoffen lassen, die er nicht hoffen sollte.

Wenn Lanfear noch immer lebt … könnte das dann nicht auch für Moiraine gelten?

Er betrachtete Moridin mit ruhigem Selbstvertrauen. »Sie jetzt loszulassen macht keinen Unterschied mehr«, sagte er. »Sie hat nicht länger Macht über mich.«

Moridin nickte. »Ja. Ich glaube dir. Aber sie sieht das anders, und ich vermute, sie hat noch immer etwas an der Frau auszusetzen, die du gewählt hast. Wie war noch einmal ihr Name? Die, die sich als Aiel bezeichnet, aber Waffen trägt?«

Rand ließ sich nicht provozieren.

»Wie dem auch sei, Mierin hasst dich jetzt«, fuhr Moridin fort. »Ich glaube, sie macht dich für das verantwortlich, was mit ihr passiert ist. Du solltest sie jetzt Cyndane nennen. Man hat ihr verboten, den Namen zu benutzen, den sie für sich wählte.«

»Cyndane …« Rand betonte das Wort langsam. »›Letzte Chance‹? Wie ich sehe, hat dein Meister an Humor dazugewonnen.«

»Das war nicht humorvoll gemeint.«

»Nein, ich schätze, das war es wohl nicht.« Rand betrachtete die endlose Landschaft aus totem Gras und Blättern. »Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ich anfangs so viel Angst vor dir hatte. Bist du damals in meine Träume eingedrungen, oder hast du mich in einen dieser Traumsplitter geholt? Ich bin da nie auf eine vernünftige Erklärung gekommen.«

Moridin schwieg.

»Ich erinnere mich da an eine Gelegenheit …«, sagte Rand. »Ich saß da von Albträumen umgeben, die sich wie das Tel’aran’rhiod anfühlten. Du wirst nicht dazu fähig gewesen sein, jemanden mit seinem Körper in die Welt der Träume zu holen, aber ich bin kein Traumgänger, der sie aus eigener Kraft betreten kann.«

Wie viele der Verlorenen war auch Moridin für gewöhnlich nicht schlafend im Traum nach Tel’aran’rhiod gegangen, sondern hatte es körperlich betreten, was gefährlich war. Es wurde behauptet, dass es eine schlimme Sache war, es mit dem Körper zu betreten, dass man dadurch einen Teil seiner Menschlichkeit verlor. Andererseits steigerte es die Macht, die man hatte.

Moridin verriet nicht, was in jener Nacht tatsächlich geschehen war. Rand erinnerte sich nur undeutlich an diese Tage, als er in Richtung Tear gewandert war. Aber er konnte sich noch an Visionen dieser Nacht erinnern, Visionen seiner Freunde und Familie, die versuchen würden, ihn zu töten. Moridin … Ishamael … hatte ihn gegen seinen Willen in Träume gezogen, die sich mit Tel’aran’rhiod überschnitten.

»In jenen Tagen warst du wahnsinnig«, sagte Rand leise und sah Moridin in die Augen. Er vermochte förmlich die dort lodernden Flammen zu sehen. »Und du bist noch immer wahnsinnig, nicht wahr? Du hast es bloß unter Kontrolle. Niemand könnte ihm dienen, ohne nicht zumindest etwas verrückt zu sein.«

Moridin setzte sich wieder in Bewegung. »Spotte, so viel du willst, Lews Therin. Das Ende naht. Alles wird vom Schatten erstickt werden, es wird auseinandergezerrt, zerfetzt werden, erdrosselt

Rand setzte sich ebenfalls wieder in Bewegung und hielt mit Moridin Schritt. Sie hatten die gleiche Größe. »Du hasst dich selbst«, flüsterte Rand. »Ich kann es in dir fühlen, Elan. Einst dientest du ihm wegen der Macht; jetzt tust du es, weil sein Sieg und das Ende aller Dinge die einzige Erlösung sein wird, die du je erfahren wirst. Du würdest lieber nicht mehr existieren, als weiterhin du selbst zu sein. Du musst wissen, dass er dich niemals freigeben wird. Niemals. Dich nicht.«

Moridin grinste hämisch. »Er wird mich dich töten lassen, bevor das hier vorbei ist, Lews Therin. Dich und die Blonde, und die Aiel-Frau und die kleine Dunkelhaarige …«

»Du tust, als wäre das ein Wettstreit zwischen uns, Elan«, unterbrach Rand ihn.

Moridin lachte herzlich. »Aber natürlich ist es das! Hast du das denn noch immer nicht begriffen? Bei den Blutfällen, Lews Therin! Es geht nur um uns beide. Wie in den vergangenen Zeitaltern, wir kämpfen gegeneinander, immer wieder. Du und ich.«

»Nein«, erwiderte Rand. »Dieses Mal nicht. Ich bin fertig mit dir. Ich muss einen größeren Kampf ausfechten.«

»Versuch nicht …«

Sonnenlicht explodierte durch die Wolkendecke. In der Welt der Träume fehlte oft das Sonnenlicht, aber jetzt badete es das Stück Boden um Rand.

Moridin taumelte zurück. Er schaute zum Licht hinauf, dann sah er Rand an und kniff die Augen zusammen. »Glaube bloß nicht … glaube bloß nicht, dass ich deinen albernen Tricks glaube, Lews Therin. Weiramon war von dem erschüttert, was du mit ihm gemacht hast, aber es ist nicht so schwer, Saidin zu halten und zu lauschen, ob sich der Herzschlag beschleunigt.«

Rand strengte seinen Willen an. Die raschelnden toten Blätter zu seinen Füßen fingen an sich zu verwandeln, wurden wieder grün, dann schoben sich Grashalme durch die Blätterschicht. Das Grün breitete sich wie verschüttete Farbe vor ihm aus, und die Wolken wogten zur Seite.

Moridin riss die Augen weit auf. Er starrte den Himmel an, während sich die Wolken zurückzogen. Rand konnte seine schockierte Überraschung fühlen. Das war immerhin Moridins Traumsplitter.

Aber um jemand anders dort hineinzuziehen, hatte er ihn in unmittelbarer Nähe zum Tel’aran’rhiod platzieren müssen. Diese Regeln galten. Da war auch noch etwas anderes, etwas, das mit ihrer persönlichen Verbindung zu tun hatte …

Rand ging los und hob dabei die Arme. Gras spross wellenförmig, rote Blüten brachen aus dem Boden, als würde das Land erröten. Der Sturm erstarb, das Licht brannte die schwarzen Wolken fort.

»Richte es deinem Herrn aus!«, befahl Rand. »Sag ihm, dass dieser Kampf nicht wie die anderen sein wird. Sag ihm, dass ich der Gefolgsleute überdrüssig bin, dass ich mit den kleinlichen Zügen fertig bin, die er seine Marionetten ausführen lässt. Sag ihm, ich komme für IHN!«

»Das ist falsch«, sagte Moridin sichtlich erschüttert. »Das ist nicht …« Einen Moment lang betrachtete er Rand im Schein der sengenden Sonne, dann verschwand er.

Rand stieß die Luft aus. Um ihn herum verwelkte das Gras, die Wolkendecke schloss sich wieder, das Sonnenlicht verblasste. Obwohl Moridin gegangen war, war es schwierig gewesen, die Verwandlung der Landschaft aufrechtzuerhalten. Rand sackte keuchend auf die Knie und erholte sich von der Anstrengung.

Wollte man an diesem Ort etwas, wurde es zur Realität. Wären die Dinge in der realen Welt doch auch nur so einfach gewesen.

Er schloss die Augen und kehrte zurück, um noch eine kurze Weile richtig zu schlafen, bevor er aufstehen musste. Aufstehen, um die Welt zu retten. Falls er das noch konnte.

Pevara kauerte in der regnerischen Nacht neben Androl. Ihr Umhang war völlig durchnässt. Sie kannte ein paar Gewebe, die das hätten verhindern können, aber sie wagte es nicht, die Macht zu lenken. Sie und die anderen würden Umgedrehten Aes Sedai und Frauen der Schwarzen Ajah gegenübertreten. Die konnten spüren, ob jemand die Macht lenkte.

»Sie bewachen dieses Gebiet, da gibt es keinen Zweifel«, flüsterte Androl. Voraus verwandelte sich der Boden in eine große Fläche aus labyrinthartigen Ziegelmauern und Gräben. Das waren die Kellerräume im Fundament des Turms der Schwarzen Burg, der sich irgendwann hier erheben sollte. Falls Dobser nicht gelogen hatte, waren hier im Untergrund auch noch andere Räume gebaut worden – verborgene Gemächer, die bereits fertiggestellt waren und geheim bleiben würden, während der Turm selbst in die Höhe wuchs.

In der Nähe plauderten zwei von Taims Asha’man. Obwohl sie versuchten, sich unauffällig zu geben, zerstörte das Wetter diese Illusion. Wer würde in einer solchen Nacht schon freiwillig draußen herumstehen? Obwohl sie eine Kohlenpfanne wärmte und ein Gewebe aus Luft den Regen anderswo zu Boden strömen ließ, war ihre Anwesenheit verdächtig.