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Gregorin schnaubte. »Der Lord Drache werden die Vernunft selbst sein. Wir müssen gut argumentieren, und ich glauben, er werden dann zuhören.«

»Meine Bewahrerin der Chroniken hat jedem von Euch etwas zu sagen«, entgegnete Egwene. »Bitte hört auf das, was sie Euch mitteilt. Euer Beistand wird nicht in Vergessenheit geraten.«

Silviana ritt vor und nahm Gregorin zur Seite. Es gab nicht viel Wichtiges zu sagen, aber Egwene hatte die Befürchtung gehabt, dass die beiden Streit anfangen würden. Silviana hatte den Befehl, sie voneinander fernzuhalten.

Darlin warf Egwene einen prüfenden Blick zu. Er schien zu begreifen, was sie da tat, beschwerte sich aber nicht, als er wieder in den Sattel stieg.

»Ihr erscheint beunruhigt, König Darlin«, sagte sie.

»Manche alten Rivalitäten reichen tiefer als der Ozean, Mutter. Ich habe mich fast schon gefragt, ob diese Zusammenkunft das Werk des Dunklen Königs ist, in der Hoffnung, dass wir uns am Ende gegenseitig vernichten und ihm die Arbeit abnehmen.«

»Ich verstehe«, sagte Egwene. »Vielleicht wäre es besser, Ihr gebt Euren Männern zu verstehen – falls Ihr das nicht schon bereits getan habt –, dass es an diesem Tag keine ›Unfälle‹ geben soll.«

»Ein weiser Vorschlag.« Er verneigte sich und zog sich zurück.

Beide Männer standen auf ihrer Seite, genau wie Elayne. Ghealdan würde für Rand sein, wenn das stimmte, was Elayne über Königin Alliandre berichtet hatte. Ghealdan war nicht so mächtig, dass Alliandre ihr Sorgen bereitete – die Grenzländer waren da schon eine ganz andere Sache. Rand schien sie für sich gewonnen zu haben.

Jede ihrer Flaggen flatterte über dem jeweiligen Heer, und jeder Herrscher war anwesend. Abgesehen von Königin Ethenielle, die sich in Kandor aufhielt, um die aus ihrer Heimat flüchtenden Menschen zu unterstützen. Sie hatte ein beträchtliches Kontingent für die Versammlung zurückgelassen – einschließlich Antol, ihrem ältesten Sohn –, als wollte sie deutlich machen, dass das, was auch immer hier beschlossen wurde, für Kandors Überleben genauso wichtig war wie der Kampf an der Grenze.

Kandor. Das erste Opfer der Letzten Schlacht. Angeblich stand das ganze Land in Flammen. Würde Andor als Nächstes dran sein? Die Zwei Flüsse? Ganz ruhig, dachte Egwene.

Darüber nachzudenken, wer für »wen« war, kam ihr schrecklich vor, aber das war nun einmal ihre Pflicht. Rand konnte die Letzte Schlacht nicht persönlich befehligen, was er zweifellos beabsichtigte. Seine Aufgabe würde es sein, gegen den Dunklen König zu kämpfen; er würde weder die Konzentration noch die Zeit haben, um zugleich der befehlshabende General zu sein. Sie hatte die feste Absicht, dass die Weiße Burg aus dieser Zusammenkunft als Anführer der vereinten Streitkräfte gegen den Schatten hervorging, und sie würde nicht die Verantwortung für die Siegel aufgeben.

Wieweit konnte sie diesem Mann vertrauen, zu dem Rand geworden war? Er war nicht mehr der Rand, mit dem sie aufgewachsen war. Er ähnelte mehr dem Rand, wie sie ihn in der Aiel-Wüste kennengelernt hatte, nur selbstsicherer. Und vielleicht verschlagener. Im Spiel der Häuser war er wirklich sehr geschickt geworden.

Keine dieser Veränderungen war für sich genommen schrecklich, vorausgesetzt, er zeigte sich vernünftigen Argumenten noch zugänglich.

Ist das die Flagge von Arad Doman?, dachte sie überrascht. Es war nicht nur die Flagge, es war die Flagge des Königs, was bedeutete, dass er mit dieser Streitmacht kam, die gerade auf dem Feld eingetroffen war. Hatte Rodel Ituralde endlich den Thron bestiegen, oder hatte Rand jemand anders ausgesucht? Die königliche Flagge der Domani flatterte neben der von Davram Bashere, dem Onkel der Königin von Saldaea.

»Licht.« Gawyn lenkte sein Pferd neben Sieber. »Diese Flagge …«

»Ich sehe sie«, sagte Egwene. »Ich muss Siuan finden. Haben ihre Quellen erwähnt, wer auf den Thron gestiegen ist? Ich hatte befürchtet, die Domani würden ohne Anführer in die Schlacht reiten.«

»Die Domani? Ich meinte das da!«

Sie folgte seinem Blick. Eine neue Streitmacht näherte sich mit offensichtlicher Eile unter dem Banner des Roten Stiers. »Murandy«, sagte Egwene. »Merkwürdig. Roedran hat sich endlich entschlossen, sich dem Rest der Welt anzuschließen.«

Die gerade eingetroffenen Murandianer boten ein größeres Schauspiel, als sie vermutlich verdienten. Immerhin waren sie hübsch ausstaffiert: gelbe und rote Tuniken über Kettenhemden; Messinghelme mit breitem Schirm. Die roten Gürtel trugen das Symbol des angreifenden Stiers. Sie hielten Distanz zu den Andoranern, zogen hinter den Aiel-Truppen vorbei und kamen dann von Nordwesten.

Egwene warf einen Blick auf Rands Lager. Noch immer kein Zeichen des Wiedergeborenen Drachen.

»Kommt«, sagte sie und trieb Sieber in Richtung der Murandianer. Gawyn setzte sich an ihre Seite, und Chubain winkte eine Gruppe aus zwanzig Soldaten als Leibwache herbei.

Roedran war ein korpulenter Mann in Rot und Gold; Egwene vermeinte zu hören, wie das Pferd des Mannes bei jedem Schritt ächzte. Sein dünner werdendes Haar war mehr weiß als schwarz, und er musterte sie mit einem unerwartet scharfen Blick. Der König von Murandy war kaum mehr als der Herrscher der Stadt Lugard, aber Berichten zufolge war der Mann nicht schlecht darin, sein Herrschaftsgebiet zu vergrößern. Noch ein paar Jahre, und er würde tatsächlich ein richtiges Königreich besitzen.

Roedran hielt eine dicke Hand hoch und stoppte die Prozession. Egwene zügelte ihr Pferd und wartete darauf, dass er zu ihr kam, wie es der Brauch verlangte. Er tat es nicht.

Gawyn murmelte einen Fluch. Egwene musste ein Lächeln unterdrücken. Behüter konnten nützlich sein, wenn auch nur, um das auszudrücken, was sie nicht konnte. Schließlich trieb sie ihr Pferd wieder an.

»Also.« Roedran musterte sie von Kopf bis Fuß. »Ihr seid die neue Amyrlin. Eine Andoranerin.«

»Die Amyrlin hat keine Nationalität«, erwiderte Egwene kühl. »Es ist interessant, Euch hier zu sehen, Roedran. Wann hat Euch der Drache eingeladen?«

»Das hat er nicht.« Roedran winkte einen Mundschenk herbei, der ihm Wein brachte. »Ich fand es höchste Zeit, dass Murandy nicht länger von den Ereignissen ausgeschlossen wird.«

»Und durch wessen Wegetore seid Ihr eingetroffen? Sicherlich habt Ihr nicht Andor durchquert, um herzukommen.«

Roedran zögerte.

»Ihr kamt aus dem Süden«, fuhr Egwene fort und musterte ihn. »Andor. Elayne schickte nach Euch?«

»Sie schickte keineswegs nach mir«, fauchte Roedran. »Die verdammte Königin versprach mir die Proklamation einer Absichtserklärung, dass sie nicht in Murandy einmarschiert, wenn ich ihre Sache unterstütze.« Er zögerte. »Außerdem war ich neugierig, diesen falschen Drachen einmal zu sehen. Anscheinend hat jedermann auf der Welt den Verstand verloren, wenn es um ihn geht.«

»Ihr wisst, worum es bei dieser Zusammenkunft geht, oder?«

Er winkte ab. »Diesen Mann von seiner Eroberungslust abzubringen oder so etwas in der Art.«

»So ähnlich.« Egwene beugte sich vor. »Wie ich höre, festigt Ihr Eure Herrschaft nach Kräften, und dass Lugard tatsächlich ausnahmsweise einmal echte Autorität in Murandy hat.«

»Ja«, sagte Roedran und schien ein Stück zu wachsen. »Das ist wahr.«

Egwene beugte sich noch weiter vor. »Gern geschehen«, sagte sie leise und lächelte dann. Sie zog Sieber herum und führte ihr Gefolge fort.

»Egwene«, sagte Gawyn leise, der sein Pferd an ihre Seite lenkte, »hast du das wirklich gerade getan?«

»Sieht er beunruhigt aus?«

Gawyn schaute zurück. »Sehr sogar.«

»Ausgezeichnet.«

Gawyn ritt einen Moment weiter, dann grinste er breit. »Das war wirklich böse.«

»Er ist genauso grob und ungehobelt, wie es die Berichte behaupten«, sagte Egwene. »Er kann ein paar schlaflose Nächte verbringen und darüber grübeln, wie die Weiße Burg in seinem Reich ein paar Fäden ziehen konnte. Sollte ich mich besonders nachtragend fühlen, erfinde ich ein paar schöne Geheimnisse, die er dann ausgraben kann. Und wo steckt jetzt der Schafhirte? Er hat die Unverschämtheit zu verlangen, dass wir hier antanzen und dann …«