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Vor dem Fenster rauscht und plätschert der Regen und wäscht die verwelkten Farben des Sommers weg, man hört Alexej schreien, das kürzlich in einer Hofecke festgekettete Bärenjunge brüllen und die Arbeiterinnen in kurzen Schlägen den Flachs schwingen. Alexej tritt lärmend ein; er ist naß und schmutzig, seine Mütze sitzt ihm im Nacken, und doch erinnert er an einen Frühlingstag. Er erzählt lachend, daß Tichon Wialow sich mit der Axt einen Finger abgehackt habe.

»Er tut, als sei es zufällig geschehen, und dabei ist es eine klare Sache: er fürchtet sich vor dem Militär. Ich würde aber gerne Soldat werden, wenn ich nur von hier wegkäme.« Und er brummt finster wie das Bärenjunge:

»Ich bin zu den Teufeln auf den Hinterhof geraten ...«

Darauf streckt er gebieterisch die Hand aus:

»Gib mir fünfzehn Kopeken, ich gehe in die Stadt.«

»Wozu?«

»Das ist nicht deine Sache.«

Er trällert im Weggehen:

»Das Mädel geht den Liebsten suchen,

Es bringt ihm eine Menge Kuchen ...«

»Ach, er wird so lange herumspielen, bis es zu etwas Bösem kommt!« sagt Natalia. »Meine Freundinnen sehen ihn oft mit Olgunka Orlowa, und die ist noch nicht fünfzehn, hat keine Mutter, und ihr Vater ist ein Trunkenbold ...«

Es mißfällt Nikita, wie sie das sagt; er hört in ihren Worten ein Übermaß von Traurigkeit und Unruhe und etwas wie Neid.

Der Bucklige blickt schweigend zum Fenster hinaus, in der nassen Luft wiegen sich die Tatzen der Fichten und schütteln von den grünen Nadeln quecksilberne Regentropfen herab. Er hat diese Fichten gepflanzt; alle Bäume um das Haus herum sind von seinen Händen eingesetzt worden ...

Pjotr tritt müde und mürrisch ein.

»Es ist Zeit, Tee zu trinken, Natalia.«

»Es ist noch früh.«

»Ich sage, es ist Zeit!« schreit er, und als seine Frau draußen ist, setzt er sich auf ihren Platz und brummt und klagt:

»Der Vater hat mir das ganze Werk auf die Schultern geladen. Ich drehe mich wie ein Rad und weiß nicht, wohin es mich treibt. Wenn bei mir aber nicht alles klappt, krieg' ich es von ihm ...«

Nikita spricht zu ihm sanft und vorsichtig von Alexej und von der kleinen Orlowa; der Bruder wehrt aber mit der Hand ab, sichtlich ohne auf seine Worte zu hören.

»Ich habe keine Zeit, mich mit Mädchen abzugeben! Ich sehe sogar meine Frau nur des Nachts, halb im Schlaf, bei Tag bin ich blind wie eine Eule. Du hast Dummheiten im Kopf ...«

Und er zupft sich am Ohr und fügt vorsichtig hinzu:

»So ein Werk ist nichts für unsereinen. Wir sollten lieber in die Steppe ziehen, dort Grund und Boden kaufen und wie Bauern leben ... Es wäre weniger Lärm und mehr Nutzen dabei ...«

Ilja Artamonow kehrte fröhlich und verjüngt nach Hause zurück. Er hatte sich den Bart stutzen lassen und seine Schultern gingen noch mehr in die Breite, seine Augen leuchteten heller, und seine ganze Person sah wie ein neu geschmiedeter Pflug aus. Er machte sich's wie ein gnädiger Herr auf dem Sofa bequem und sagte:

»Unsere Arbeit muß im Soldatenschritt marschieren. Es wird für euch, für eure Kinder und Enkel genug zu tun geben. Für dreihundert Jahre reicht es! Von uns, von den Artamonows, muß eine große Verbesserung der ganzen Weltwirtschaft ausgehen!«

Er betastete Natalia mit den Augen und rief ihr zu:

»Wirst du aber dick, Natalia! Wenn's ein Junge wird, schenk' ich dir was Schönes!«

Abends, beim Schlafengehen, sagte Natalia zu ihrem Mann:

»Es ist schön, wenn der Vater lustig ist.«

Er schielte zu ihr hinüber und erwiderte unfreundlich:

»Es muß wohl schön sein, er hat dir ja ein Geschenk versprochen.«

Aber nach zwei, drei Wochen wurde Artamonow still und nachdenklich; Natalia fragte Nikita:

»Weswegen zürnt der Vater?«

»Ich weiß nicht. Man wird aus ihm nicht klug.«

An demselben Abend beim Tee erklärte Alexej plötzlich klipp und klar:

»Väterchen, gib mich zum Militär!«

»W–wohin?« fragte Ilja stotternd.

»Ich mag nicht länger hier leben ...«

»Geht hinaus!« befahl Artamonow den Kindern. Als aber auch Alexej zur Tür ging, rief er ihm zu:

»Halt, Aljoschka!«

Er hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt und betrachtete lange den Burschen mit zuckenden Augenbrauen, dann sagte er:

»Und ich glaubte, ich hätte an dir was Besonderes!«

»Ich kann mich hier nicht einleben.«

»Das ist nicht wahr. Dein richtiger Platz ist hier. Deine Mutter hat dich mir zur freien Verfügung übergeben, geh!«

Alexej tat einen Schritt, als wäre er gefesselt, der Onkel packte ihn aber bei der Schulter:

»Man müßte mit dir anders reden. Mein Vater hat mit mir mit der Faust gesprochen. Geh!«

Dann rief er ihn nochmals zurück und fügte mit Nachdruck hinzu:

»Du sollst etwas Großes werden, verstanden? Ich will von dir in Zukunft keinen Sterbenslaut mehr hören ...«

Als er allein war, stand er, den Bart in der Faust zusammenpressend, lange am Fenster und sah zu, wie der nasse, graue Schnee zu Boden fiel. Als es aber draußen dunkel wie in einem Keller wurde, ging er in die Stadt. Das Tor der Bajmakowa war schon geschlossen. Er klopfte ans Fenster. Uljana öffnete ihm selbst und fragte ärgerlich:

»Wann kommst du denn eigentlich?«

Er trat, ohne zu antworten und ohne sich auszukleiden, ins Zimmer, warf seine Mütze auf die Erde, setzte sich an den Tisch, stützte sich auf die Ellbogen, vergrub die Finger in den Bart und erzählte von Alexej:

»Er ist mir fremd. Meine Schwester hat sich mit dem gnädigen Herrn abgegeben. Das zeigt sich nun.«

Uljana sah nach, ob die Fensterläden dicht geschlossen waren und löschte das Licht. Nur in der Ecke vor den Heiligenbildern leuchtete es schwach aus dem blauen Lämpchen im Silbergestell.

»Verheirate ihn bald, dann bindest du ihn«, sagte sie.

»Ja, das wäre nötig. Das ist aber noch nicht alles. Pjotr hat gar nichts Forsches, das ist das Unglück! Ohne Courage kann man aber weder gebären noch töten. Er arbeitet, als wäre es nicht für sich selbst, sondern für den gnädigen Herrn, er ist noch immer der Leibeigene, er fühlt die Freiheit nicht, verstehst du? Ich spreche nicht von Nikita: der ist ein armer Kerl und hat nur Gärten und Blumen im Sinn. Ich erwartete, Alexej würde sich der Sache richtig annehmen.«

Die Bajmakowa beruhigte ihn:

»Du regst dich zu früh auf. Warte, bis das Rad sich flotter dreht, dann reißt es alle mit, und sie kommen in Schwung.«

Sie unterhielten sich bis zur Mitternacht Seite an Seite in der warmen Stille des Zimmers, in dessen Ecke die trübe Wolke bläulichen Lichtes wogte und die schüchterne Feuerblume zitterte. Bei seinen Klagen über den Mangel an geschäftlichem Schneid bei den Kindern vergaß Artamonow auch die Städter nicht:

»Sie sind engherzige Menschen.«

»Man liebt dich nicht, weil du Erfolg hast. Wir Frauen lieben euch deswegen, Männern aber ist fremder Erfolg ein Dorn im Auge.«

Uljana Bajmakowa verstand zu trösten und zu beruhigen. Ilja Artamonow räusperte sich dagegen nur unwillig, als sie ihm sagte:

»Ich fürchte nur eines wie den Tod: von dir schwanger zu werden ...«

»In Moskau gibt es noch zu tun, da brennt alles lichterloh!« fuhr er fort, erhob sich und umfaßte sie. »Ach, wärest du doch ein Mann ...«

»Leb wohl, mein Trauter, geh!«

Er küßte sie innig und ging ...

... In der Butterwoche brachte die Jerdanskaja Alexej zerlumpt, verprügelt und besinnungslos in einem Schlitten aus der Stadt nach Hause. Sie und Nikita rieben seinen Körper lange Zeit mit geriebenem Meerrettich und mit Sprit. Er stöhnte nur und sprach kein Wort. Artamonow fuhr wie ein wildes Tier im Zimmer herum, krempelte sich die Hemdärmel auf, ließ sie wieder herunter und knirschte mit den Zähnen. Als Alexej aber zu sich kam, brüllte er ihn mit geballten Fäusten an: