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Prüfung bestand er 1825. Aber auch die Zusammenstellung seiner Skizzen zu den „Memoiren des Satans“ - einer Satire über das Studentenleben - wurde beendet. Und in den Ferien seiner Zöglinge, die er auf den Gütern des Vaters der Frau von Hügel erbrachte, entstanden die Märchen, die im „Märchenalmanach für das Jahr 1826“ gesammelt sind.

1826 erschien „Der Mann im Monde“, nicht unter seinem Namen, sondern dem von H. Clauren, der mit seinen süßlichen, der damaligen Mode gerecht werdenden Erzählungen die deutschen Leser und damit Verleger entzückte. Bewußt persiflierte Wilhelm Hauff die Merkmale des Geheimen Hofrats Carl Heun, der sich hinter dem Pseudonym Heinrich Clauren verbarg; bewußt wollte er seinen Ekel vor der literarisch gestalteten Sentimentalität, der platten Alltäglichkeit, dem „Mimilismus“ - nach Claurens Roman „Mimili“ wurde die Art so benannt - zum Ausdruck bringen: „Der Mann im Monde wollte den Erfinder der Mimilimanier zu Nutz und Frommen der Literatur und des Publikums, zur Ehre der Vernunft und Sitte lächerlich machen“ (Wilhelm Hauff in der „Kontroverspredigt“, 1826). Heun-Clauren protestierte heftig gegen das ihm für Hauffs Werk gespendete Lob. Und der nunmehr gegen die Stuttgarter Verlagsbuchhandlung vom mystifizierten Autor Heun angestrengte Prozeß brachte Hauffs Name und schriftstellerisches Ansehen zu jungem Ruhm und weiter Verbreitung.

Inzwischen hatte Hauff seine historische Erzählung „Lichtenstein“ - erst in drei Teilen - erschienen - noch im Hause Hügel vollendet (1826). Die Honorare für seine schriftstellerischen Erfolge ermöglichten es Hauff, seine Stellung als Hauslehrer aufzugeben. Bitten um Beiträge für Zeitschriften und Taschenbücher bestärkten Hauff in seiner Absicht, sich nun völlig der Schriftstellerei zu widmen. Auf dieser Basis wollte er nach seiner Vermählung seinen Hausstand gründen. 1826 besuchte er im Mai seine Braut, dann führte ihn die Reise zur „Erweiterung seiner Kenntnisse“ über Frankfurt und Mainz nach Paris, wo er nach anfänglicher Begeisterung sich bald nicht mehr wohl fühlte. Ende Juni steht in einem Brief an den befreundeten Referendar Moritz Pfaff in Ellwangen: „Diese Herrlichkeiten fangen an, nachdem ich sie fünf Wochen genossen, zu langweilen.“ In dieser Pariser Zeit entstand die „Kontroverspredigt“: „Ich fing sie in Paris an, setzte sie in Brüssel fort, schrieb daran in Antwerpen und Gent und vollendete sie in Kassel.“ (Aus einem Brief an seinen Bruder Hermann.)

Mitte Juli reiste Hauff von Paris ab, besuchte die in seinem Brief an den Bruder genannten Städte, reiste von Kassel nach Göttingen sowie nach Bremen und Hamburg und traf im September zu fünfwöchigem Aufenthalt in Berlin ein; er wurde gefeiert und in Schriftstellerund Künstlerkreise eingeführt. In der literarischen Mittwochsgesellschaft erlebte seien Vorlesung der „Kontroverspredigt“ Triumphe. Doch seine Gedanken beschäftigten sich bereits mit dem Vorschlag des berühmten deutschen Verlegers Cotta, die Redaktion des „Morgenblattes für gebildete Stände“ zu übernehmen. Ein kurzer Besuch in Leipzig folgte; in Dresden machte er die Bekanntschaft Tiecks, der in Hauff das junge Talent erkannte. In einem Brief an Tieck, den Hauff nach seiner Heimkehr an den Meister in Dresden richtete, schrieb er: „Wie gerne ich immer kam, haben Sie vielleicht gesehen, war es mir doch, als ich von Dresden wegging, als sei ich nur in Ihrem Hause gewesen.“

Mitte November traf er bei seiner Braut in Nördlingen ein. Der Termin für die Hochzeit wurde festgelegt.

Kurz nach seiner Heimkehr schrieb er die „Phantasien im Bremer Ratskeller“ und mehrere Novellen, darunter „Die Bettlerin vom Pont des Arts“.

Mit dem 1. Januar 1827 übernahm Hauff die Redaktion des 1807 gegründeten „Morgenblattes“. Zwar konnte Hauff mit Rücksicht auf Cotta die von ihm insgeheim entworfenen Reformpläne nicht verwirklichen, doch bewirkte sein Eifer, daß dieser Jahrgang des Blattes zu den besten seines Bestehens gehörte. Am 13. Februar feierte er Hochzeit, in der Gartenstraße in Stuttgart wurde der junge Hausstand begründet. Hier entstanden die späteren Erzählungen, die Märchen des Almanachs für 1828 sowie die Novellen „Jud Süß“ und „Das Bild des Kaisers“ (im „Taschenbuch für Damen“). Für Brockhaus in Leipzig („Blätter für literarische Unterhaltung“) schrieb er eine Rezension über W. Scotts „Leben Napoleons“. Im Sommer 1827 unternahm Hauff eine Reise nach Tirol, um den Stoff für eine größere Geschichtsnovelle im Stile seines Romans „Lichtenstein“ zusammenzutragen: „Ich möchte die Kämpfe in Tirol im Jahre 1809 in den Rahmen eines Romans fassen. Ich liebe Gegend und Volk jener Berge, und in neuer Zeit scheint mir kein Bild so interessant als dieser Streit zwischen reinem Patriotismus und dem Ehrgefühl einer stolzen Armee, zwischen redlichen, einfältigen Sitten und den Erfindungen und Künsten der Menschen.“

Das Werk wurde nicht mehr ausgeführt. Im August wieder zu Hause angekommen, erhielt er den Besuch des Dessauer Lyrikers Wilhelm Müller (1794 - 1827), eines Mitarbeiters seines „Morgenblattes“, zu dem er sich besonders hingezogen fühlte. Die Kunde vom Tode Müllers, der bald nach dessen Abreise erfolgte, erschütterte ihn zutiefst. Bei dem Begräbnis eines Stuttgarter Freundes hatte sich Hauff erkältet. Wegen seiner vielen Arbeit beachtete er seine Erkrankung nicht. Am

10. November wurde ihm und seiner Gattin Luise ein Töchterchen geschenkt. Zu dieser Zeit mußte er, schon schwer erkrankt, das Bett hüten. Seine Krankheit steigerte sich zu einem Nervenfieber. Er begeisterte sich noch an den Erfolgen der gegen die Türken aufgestandenen Griechen. Fieberdelirien umdüsterten seinen Geist. Noch einmal bei klarem Bewußtsein, nahm er Abschied von seinen Lieben. Am 18. November erlag er seiner tückischen Krankheit kaum fünfundzwanzig Jahre alt.

Für den so jung verstorbenen schwäbischen Dichter fand sich allgemeine Teilnahme. Ein Privilegium auf zwölf Jahre gegen den Nachdruck seiner Werke, die von Gustav Schwab in 36 Bändchen bei der Brodhagschen Verlagsbuchhandlung herausgebracht wurden, sollte gemäß dem Willen des Königs von Württemberg den Unterhalt der Witwe und des Töchterchens sichern. Ein Stich Holders und eine Büste Th. V. Wagners, auf Anregung von Hauffs Freunden hin angefertigt, bewahrten des Dichters Züge der Nachwelt.

Am 5. Dezember 1827 brachte das „Morgenblatt“ den Nachruf Ludwig Uhlands, dessen erste und letzte Zeilen lauten:

Dem jungen, frischen, farbenhellen Leben, Dem reichen Frühling, dem kein Herbst gegeben, Ihm lasset uns zum Totenopfer zollen Den abgeknickten Zweig - den blütenvollen. Die Asche ruht. - Der Geist entfleucht auf Bahnen Des Lebens, dessen Fülle wir nur ahnen, Wo auch die Kunst ihr himmlisch Ziel erreicht Und vor dem Urbild jedes Bild erbleicht.

Die vorliegende Rahmenerzählung „Das Wirtshaus im Spessart“ ist den „Märchen für Söhne und Töchter gebildeter Stände“ entnommen. Als Textgrundlage diente die Ausgabe von G. Schwab (1830/31), und die sechsbändige Ausgabe von Prof. Adolf Stern (o. J.). Verwendet

wurden die Ergebnisse der Forschung des Schwäb. Schillervereins, hrsg. von K. Stenzel, lexikalische und mehrere Literaturgeschichtsangaben sowie J. Arnaudoffs Dissertation, 1915.

Unter den deutschen Märchendichtern Fouqué, E. Th. A. Hoffmann, Gebrüder Grimm, Brentano u. a. hat sich Hauff einen festen Platz gesichert. Seine Märchen sind in ihrer Frische und ihrem volksverbundenen Humor nicht mehr wegzudenken aus dem großen Märchenschatz unseres Volkes.

Leo Winter