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„Der Türsteher hat ausdrücklich gesagt, die Straße rechts vom Basar“, sprach der eine, „dort werde und müsse er heute nacht mit dem Großwesir durchkommen.“

„Gut“, antwortete ein anderer. „Den Großwesir fürchte ich nicht; er ist alt und wohl kein sonderlicher Held, aber der Kalif soll ein gutes Schwert führen, und ich traue ihm nicht; es schleichen ihm gewiß zehn oder zwölf von der Leibwache nach.“

„Keine Seele“, entgegnete ihm ein dritter. „Wenn man ihn je gesehen und erkannt hat bei Nacht, war er immer nur allein mit dem Wesir oder mit dem Oberkämmerling. Heute nacht muß er unser sein, aber es darf ihm kein Leid geschehen.

„Ich denke, das beste ist“, sprach der erste, „wir werfen ihm eine Schlinge über den Kopf; töten dürfen wir ihn nicht, denn für seinen Leichnam würden sie ein geringes Lösegeld geben, und überdies wären wir nicht sicher, es zu bekommen.“

„Also eine Stunde vor Mitternacht!“ sagten sie zusammen und schieden, der eine hierhin, der andere dorthin.

Said war über diesen Anschlag nicht wenig erschrocken. Er beschloß, sogleich zum Palast des Kalifen zu eilen und ihn von der Gefahr, die ihn bedrohte, zu unterrichten. Aber als er schon durch mehrere Straßen gelaufen war, fielen ihm die Worte der Fee bei, die ihm gesagt hatte, wie schlecht er bei dem Kalifen angeschrieben sei: Er bedachte, daß man vielleicht seine Angabe verlachen oder als einen Versuch, bei dem Beherrscher von Bagdad sich einzuschmeicheln, ansehen könnte, und so hielt er seine Schritte an, und achtete es für heute

das beste, sich auf sein gutes Schwert zu verlassen und den Kalifen persönlich aus den Händen der Räuber zu retten.

Er ging daher nicht in Kalum-Beks Haus zurück, sondern setzte sich auf die Stufen einer Moschee und wartete dort, bis die Nacht völlig angebrochen war; dann ging er am Basar vorbei in jene Straße, welche die Räuber bezeichnet hatten, und verbarg sich hinter dem Vorsprung eines Hauses. Er mochte ungefähr eine Stunde dort gestanden sein, als er zwei Männer langsam die Straße herabkommen hörte; anfänglich glaubte er, es sei der Kalif und sein Großwesir, aber einer der Männer klatschte in die Hand, und sogleich eilten zwei andere sehr leise die Straße herauf vom Basar her. Sie flüsterten eine Weile und verteilten sich dann; drei versteckten sich nicht weit von ihm, und einer ging in die Straße auf und ab. Die Nacht war sehr finster, aber stille, und so mußte sich Said auf sein scharfes Ohr beinahe ganz allein verlassen.

Wieder war etwas eine halbe Stunde vergangen, als man gegen den Basar hin Schritte vernahm. Der Räuber mochte sich auch gehört haben; er schlich an Said vorüber dem Basar zu. Die Schritte kamen näher, und schon konnte Said einige dunkle Gestalten erkennen, als der Räuber in die Hand klatschte und in demselben Augenblicke die drei aus dem Hinterhalt hervorstürzten. Die Angegriffenen mußten übrigens bewaffnet sein, denn er vernahm den Klang von aneinandergeschlagenen Schwertern. Sogleich zog er seine Damaszener-Klinge und stürzte mit dem Ruf: „Nieder mit den Feinden des großen Harun!“ auf die Räuber, streckte mit dem ersten Hieb einen zu Boden, und drang dann auf zwei andere ein, die eben im Begriff waren, einen Mann, um welchen sie einen Strick geworfen hatten, zu entwaffnen. Er hieb blindlings auf den Strick ein, um ih n zu zerschneiden, aber traf dabei einen der Räuber so heftig über den Arm, daß er ihm die Hand abschlug; der Räuber stürzte mit fürchterlichem Geschrei in die Knie. Jetzt wandte sich der vierte, der mit einem andern Mann gefochten hatte, gegen Said, der noch mit dem dritten im Kampfe war, aber der Mann, um welchen man die Schlinge geworfen hatte, sah sich nicht so bald frei, als er seinen Dolch zog und ihn dem Angreifenden von der Seite in die Brust stieß. Als dies der noch Übriggebliebene sah, warf er seinen Säbel weg und floh.

Said blieb nicht lange in Ungewißheit, wen er gerettet habe; denn der größere der beiden Männer trat zu ihm und sprach: „Das eine ist so sonderbar wie das andere, dieser Angriff auf mein Leben oder meine Freiheit wie die unbegreifliche Hilfe und Rettung. Wie wußtet Ihr, wer ich sei? Habt Ihr von dem Anschlag dieser Menschen gewußt?“

„Beherrscher der Gläubigen“, antwortete Said, „denn ich zweifle nicht, daß du es bist, ich ging heute abend durch die Straße El Malek hinter einigen Männern, deren fremden und geheimnisvollen Dialekt ich einst gelernt habe. Sie sprachen davon, dich gefangenzunehmen und den würdigen Mann, deinen Wesir, zu töten. Weil es nun zu spät war, dich zu warnen, beschloß ich, an den Platz zu gehen, wo sie dir auflauern wollten, um dir beizustehen.“

„Danke dir“, sprach Harun, „an dieser Stätte ist übrigens nicht gut weilen; nimm diesen Ring und komm damit morgen in meinen Palast; wir wollen dann mehr über dich und deine Hilfe reden und sehen, wie ich dich am besten belohnen kann. Komm, Wesir, hier ist nicht gut bleiben, sie können wiederkommen.“

Er sprach es und wollte den Großwesir fortziehen, nachdem er dem Jüngling einen Ring an den Finger gesteckt hatte; dieser aber bat ihn noch ein wenig zu verweilen, wandte sich um reichte dem überraschten Jüngling einen schweren Beuteclass="underline" „Junger Mann“, sprach er, „mein Herr, der Kalif, kann dich zu allem machen, wozu er will, selbst zu meinem Nachfolger, ich

selbst kann wenig tun, und was ich tun kann, geschieht heute besser als morgen, drum nimm diesen Beutel. Das soll meinen Dank übrigens nicht abkaufen. Sooft du einen Wunsch hast, komm getrost zu mir.“

Ganz trunken vor Glück, eilte Said nach Hause. Aber hier wurde er übel empfangen; Kalum-Bek wurde über sein langes Ausbleiben zuerst unwillig und dann besorgt, dann dachte er, er könnte leicht das schöne Aushängeschild seines Gewölbes verlieren. Er empfing ihn mit Schmähworten und tobte und raste wie ein Wahnsinniger. Aber Said, der einen Blick in den Beutel getan und gefunden hatte, daß er lauter Goldstücke enthalte, bedachte, daß er jetzt nach seiner Heimat reisen könne, auch ohne die Gnade des Kalifen, die gewiß nicht geringer wäre, als der Dank seines Wesirs, und so blieb er ihm kein Wort schuldig, sondern erklärte ihm rund und deutlich, daß er keine Stunde länger bei ihm bleiben werde. Von Anfang erschrak Kalum-Bek hierüber sehr, dann aber lachte er höhnisch und sprach: „Du Lump und Landläufer, du ärmlicher Wicht! Wohin willst du denn deine Zuflucht nehmen, wenn ich meine Hand von dir abziehe? Wo willst du ein Mittagessen bekommen und wo ein Nachtlager?“

„Das soll Euch nicht bekümmern, Herr Kalum-Bek“, antwortete Said trotzig, „gehabt Euch wohl, mich sehet Ihr nicht wieder!“

Er sprach es und lief zur Türe hinaus, und Kalum-Bek schaute ihm sprachlos vor Staunen nach. Den andern Morgen aber, nachdem er sich den Fall recht überlegt hatte, schickte er seine Packknechte aus und ließ überall nach dem Flüchtling spähen. Lange suchten sie umsonst, endlich aber kam einer zurück und sagte, er habe Said, den Ladendiener, aus einer Moschee kommen und in eine Karawanserei gehen sehen. Er sei aber ganz verändert, trage ein schönes Kleid, einen Dolch und Säbel und einen prachtvollen Turban.

Als Kalum-Bek dies hörte, schwur er und rief: „Bestohlen hat er mich und sich dafür gekleidet. O ich geschlagener Mann!“ Dann lief er zum Aufseher der Polizei, und da man wußte, daß er ein Verwandter von Messour, dem Oberkämmerling sei, so wurde es ihm nicht schwer, einige Polizeidiener von ihm zu erlangen, um Said zu verhaften. Said saß vor einer Karawanserei und besprach sich ganz ruhig mit einem Kaufmann, den er da gefunden, über ein Reise nach Balsora, seiner Vaterstadt; da fielen plötzlich einige Männer über ihn her und banden ihm, trotz seiner Gegenwehr, die Hände auf den Rücken. Er fragte sei, was sie zu dieser Gewalttat berechtigte, und sie antworteten, es geschehe im Namen der Polizei und seines rechtmäßigen Gebieters Kalum-Bek. Zugleich trat der kleine häßliche Mann herzu, verhöhnte und verspottete Said, griff in seine Tasche und zog zum Staunen der Umstehende und mit Triumphgeschrei einen großen Beutel mit Gold heraus.