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„Du hast’s erraten“, erwiderte Peter, „und nur recht viel diesmal, denn nach Amerika ist’s weit.“

Michel ging voran und brachte ihn in seine Hütte, dort schloß er eine Truhe auf, worin viel Geld lag, und langte ganze Rollen Goldes heraus. Während er es so auf den Tisch hinzählte, sprach Peter: „Du bist ein loser Vogel, Michel, daß du mich belogen hast, ich hätte einen Stein in der Brust und du habest mein Herz!“

„Und ist es denn nicht so?“ fragte Michel staunend. „Fühlst du denn dein Herz? Ist es nicht kalt wie Eis? Hast du Furcht oder Gram, kann dich etwas reuen?“

„Du hast mein Herz nur stillestehen lassen, aber ich hab’ es noch wie sonst in meiner Brust und Ezechiel auch, der hat es mir gesagt, daß du uns angelogen hast; du bist nicht der Mann dazu, der einen das Herz so unbemerkt und ohne Gefahr aus der Brust reißen könnte; da müßtest du zaubern können.“

„Aber ich versichere dich“, rief Michel unmutig, „du und Ezechiel und alle reichen Leute, die es mit mir gehalten, haben solche kalte Herzen wie du, und ihre rechten Herzen habe ich hier in meiner Kammer.“

„Ei, wie dir das Lügen von der Zunge geht!“ lachte Peter. „Das mache du einem andern weis. Meinst du, ich habe auf meinen Reisen nicht solche Kunststücke zu Dutzenden gesehen? Aus Wachs nachgeahmt sind deine Herzen hier in der Kammer. Du bist ein reicher Kerl, das gebe ich zu; aber zaubern kannst du nicht.“

Da ergrimmte der Riese und riß die Kammertür auf. „Komm herein und lies die Zettel alle, und jenes dort, schau, das ist Peter Munks Herz; siehst du, wie es zuckt? Kann man das auch aus Wachs machen?“

„Und doch ist es aus Wachs“, antwortete Peter. „So schlägt ein rechtes Herz nicht, ich habe das meinige noch in der Brust. Nein, zaubern kannst du nicht!“

„Aber ich will es dir beweisen!“ rief jener ärgerlich. „Du sollst es selbst fühlen, daß dies dein Herz is t.“ Er nahm es, riß Peters Wams auf und nahm einen Stein aus seiner Brust und zeigte ihn vor. Dann nahm er das Herz, hauchte es an, und setzte es behutsam an seine Stelle, und alsobald fühlte Peter, wie es pochte, und er konnte sich wieder darüber freuen.

„Wie ist es dir jetzt?“ fragte Michel lächelnd.

„Wahrhaftig, du hast doch recht gehabt“, antwortete Peter, in dem er behutsam sein Kreuzlein aus der Tasche zog. „Hätte ich doch nicht geglaubt, daß man dergleichen tun könne!“

„Nicht wahr? Und zaubern kann ich, das siehst du, aber komm, jetzt will ich dir den Stein wieder hineinsetzen.“

„Gemach, Herr Michel!“ rief Peter, trat einen Schritt zurück und hielt ihm das Kreuzlein entgegen. „Mit Speck fängt man Mäuse, und diesmal bist du der Betrogene.“ Und zugleich fing er an zu beten, was ihm nur beifiel.

Da wurde Michel kleiner und immer kleiner, fiel nieder und wand sich hin und her wie ein Wurm und ächzte und stöhnte, und alle Herzen umher fingen an zu zucken und zu pochen, daß es tönte wie in der Werkstat eines Uhrmachers. Peter aber fürchtete sich, es wurde ihm ganz unheimlich zumut, er rannte zur Kammer und zum Haus hinaus und klimmte, von Angst getrieben, die Felsenwand hinan, denn er hörte, daß Michel sich aufraffte, stampfte und tobte und ihm schreckliche Flüche nachschickte. Als er oben war, lief er dem Tannenbühl zu; ein schreckliches Gewitter zog auf, Blitze fielen links und rechts an ihm nieder und zerschmetterten die Bäume, aber er kam wohlbehalten in dem Revier des Glasmännleins an.

Sein Herz pochte freudig, und nur darum, weil es pochte. Dann aber sah er mit Entsetzen auf sein Leben zurück wie auf das Gewitter, das hinter ihm rechts und links den schönen Wald zersplitterte. Er dachte an Frau Lisbeth, sein schönes, gutes Weib, das er aus Geiz gemordet, er kam sich selbst wie der Auswurf der Menschen vor, und er weinte heftig, als er an Glasmännleins Hügel kam.

Schatzhauser saß unter dem Tannenbaum und rauchte aus einer kleinen Pfeife, doch er sah munterer aus als je zuvor. „Warum weinst du, Kohlenpeter?“ fragte er. „Hast du dein Herz nicht erhalten? Liegt noch das kalte in deiner Brust?“

„Ach Herr!“ seufzte Peter. „Als ich noch das kalte Steinherz trug, da weinte ich nie, meine Augen waren so trocken als das Land im Juli; jetzt aber will es mir beinahe das alte Herz zerbrechen, was ich getan! Meine Schuldner habe ich ins Elend gejagt, auf Arme und Kranke die Hunde gehetzt, und Ihr wißt es ja selbst - wie meine Peitsche auf ihre schöne Stirn fiel!“

„Peter! Du warst ein großer Sünder!“ sprach das Männlein. „Das Geld und der Müßiggang haben dich verderbt, bis dein Herz zu Stein wurde, nicht Freud, nicht Leid, keine Reue, kein Mitleid mehr kannte. Aber Reue versöhnt, und wenn ich nur wüßte, daß dir dein Leben recht leid tut, so könnte ich schon noch etwas für dich tun.“

„Will nichts mehr“, antwortete Peter und ließ traurig sein Haupt sinken. „Mit mir ist es aus, kann mich mein Lebtag nicht mehr freuen; was soll ich so allein auf der Welt tun? Meine Mutter verzeiht mir nimmer, was ich ihr getan, und vielleicht ha b’ ich sie unter den Boden gebracht, ich Ungeheuer! Und Lisbeth, meine Frau! Schlaget mich lieber auch tot, Herr Schatzhauser, dann hat mein elend Leben mit einmal ein Ende.“

„Gut“, erwiderte das Männlein, „wenn du nicht anders willst, so kannst du es haben; meine Axt habe ich bei der Hand.“ Es nahm ganz ruhig sein Pfeifchen aus dem Mund, klopfte es aus und steckte es ein. Dann stand es langsam auf und ging hinter die Tannen. Peter aber setzte sich weinend ins Gras, sein Leben war ihm nichts mehr, und erwartete geduldig den Todesstreich. Nach einiger Zeit hörte er leise Tritte hinter sich und dachte: Jetzt wird er kommen.

„Schau dich noch einmal um, Peter Munk!“ rief das Männlein. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und schaute sich um und sah - seine Mutter und Lisbeth, seine Frau die ihn freundlich anblickten. Da sprang er freudig auf: „So bist du nicht tot, Lisbeth? Und auch Ihr seid da Mutter, und habt mir vergeben?“

„Sie wollen dir verzeihen?“ sprach das Glasmännlein. „Weil du wahre Reue fühlst, und alles soll vergessen sein. Zieh jetzt heim in deines Vaters Hütte und sei ein Köhler wie zuvor; bist du brav und bieder, so wirst du dein Handwerk ehren, und deine Nachbarn werden dich mehr lieben und achten, als wenn du zehn Tonnen Goldes hättest.“ So sprach das Glasmännlein und nahm Abschied von ihnen.

Die drei lobten und segneten es und gingen heim.

Das prachtvolle Haus des reichen Peter stand nicht mehr; der Blitz hatte es angezündet und mit all seinen Schätzen niedergebrannt; aber nach der väterlichen Hütte war es nicht weit; dorthin ging jetzt ihr Weg, und der große Verlust bekümmerte sie nicht.

Aber wie staunten sie, als sie an die Hütte kamen! Sie war zu einem schönen Bauernhaus geworden, und alles darin war einfach, aber gut und reinlich.

„Das hat das gute Glasmännlein getan!“ rief Peter.

„Wie schön!“ sagte Frau Lisbeth. „Und hier ist mir viel heimlicher als in dem großen Haus mit dem vielen Gesinde.“

Von jetzt an wurde Peter Munk ein fleißiger und wackerer Mann. Er war zufrieden mit dem, was er hatte, trieb sein Handwerk unverdrossen, und so kam es, daß er durch eigene Kraft wohlhabend wurde und angesehen und beliebt im ganzen Wald. Er zankte nie mehr mit Frau Lisbeth, ehrte seine Mutter und gab den Armen, die an seine Tür pochten. Als nach Jahr und Tag Frau Lisbeth von einem schönen Knaben genas, ging Peter nach dem Tannenbühl und sagte sein Sprüchlein. Aber das Glasmännlein zeigte sich nicht. „Herr Schatzhauser!“ rief er laut. „Hört mich doch; ich will ja nichts anderes als Euch zu Gevatter bitten bei meinem Söhnlein!“ Aber er gab keine Antwort; nur ein kurzer Windstoß sauste durch die Tannen und warf einige Tannenzapfen herab ins Gras. „So will ich dies zum Andenken mitnehmen, weil Ihr Euch doch nicht sehen lassen wolltet“, rief Peter, steckte die Zapfen in die Tasche und ging nach Hause; aber als er zu Hause das Sonntagswams auszog und seine Mutter die Taschen umwandte und das Wams in den Kasten legen wollte, da fielen vier stattliche Goldrollen heraus, und als man sie öffnete, waren es lauter, gute, neue, badische Taler und kein einziger falscher darunter. Und das war das Patengeschenk des Männleins im Tannenwald für den kleinen Peter.