Brunhild und die Macht der schwarzen Wölfin
Es soll eine große Feier zu Ehren der weißen Göttin werden: Brunhild, die Tochter der Flammenfrau, wird als Hüterin des Feuers geweiht. Doch in der Nacht vor der Weihe geschieht das Unfaßbare. Inmee, die schwarze Priesterin, erweckt in einem unheimlichen Ritual einen Dämon zum Leben. Fortan schleicht eine Wölfin durch die Wälder des Nordens, um für die Göttin der Dunkelheit zu morden. Brunhild muß sich auf die Jagd nach der dämonischen Wölfin machen, will sie ihre Welt nicht den Mächten der Finsternis überlassen. Nur eines weiß sie nicht: Mit welcher magischen Waffe kann sie den Dämon töten?
Jana Held erzählt eine neue Geschichte aus dem Reich der Nibelungen: wie Brunhild gegen den unheilvollen Zauber einer Göttin kämpft.
Econ Unterhaltung
Die Nibelungen:
Kai Meyer, Der Rabengott (TB 27410)
Alexander Nix, Das Drachenlied (TB 27411)
Jana Held, Die Flammenfrau (TB 27412)
Bernhard Hennen, Das Nachtvolk (TB 27413)
Jörg Kastner, Das Runenschwert (TB 27414)
Alexander Nix, Die Hexenkönigin (TB 27415)
Jana Held, Das Zauberband (TB 27416)
Bernhard Hennen, Der Ketzerfürst (TB 27417)
Alexander Nix, Der Zwergenkrieg (TB 27418)
Das Buch
Einst wurde Raban, der Sohn des Magiers Pyros, aus den Nordlanden nach Burgund gebracht, weil ein Fluch auf ihm lastet. Wie eine Prophezeiung besagt, soll seine Liebe zu Brunhild beiden den Untergang bringen. Nachdem er in Worms zum Ritter geschlagen worden ist, kehrt Raban heimlich in den hohen Norden zurück. Er will Brunhild wiedersehen - und er will auch ein Magier werden. Ausgerechnet in der Nacht des brennenden Mondes betritt Raban das Land seiner Ahnen: Eine Dämonin erwacht, und seine geliebte Brunhild steht vor einem grausamen Kampf, in den er plötzlich auch hineingerät.
Die Autorin Jana Held ist das Pseudonym einer jungen deutschen Autorin. »Das Zauberband« ist nach »Die Flammenfrau« ihr zweiter Roman in der Romanreihe »Die Nibelungen«.
Jana Held
Das Zauberband
Roman
Der Romanzyklus »Die Nibelungen« entstand nach einer Idee von Kai Meyer
Konzeption: Kai Meyer/Reinhard Rohn
Econ Taschenbuch Verlag
Veröffentlicht im Econ Taschenbuch Verlag
Der Econ Taschenbuch Verlag ist ein Unternehmen der Econ & List Verlagsgesellschaft
Originalausgabe
© 1997 by Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München
Umschlaggestaltung: Init GmbH, Bielefeld
Titelabbildung: Dieter Jüdt
Lektorat: Reinhard Rohn
Gesetzt aus der Goudy, Linotype
Satz: Josefine Urban - KompetenzCenter, Düsseldorf
Druck und Bindearbeiten: Ebner Ulm
Printed in Germany
ISBN 3-612-27416-3
Widmung
Ein Buch wird niemals nur von einem Menschen alleine geschrieben.
Daher:
Für einen Mann, der auszog, sich in eine schwarze Priesterin zu verlieben, und mir damit die Idee schenkte...
Für meine Freunde, insbesondere für Wolfram, die in hellen und in dunklen Stunden für mich da waren und der Idee damit eine Möglichkeit gaben...
Für Reinhard Rohn, der viel Geduld besaß...
Für das Team von Pinocchio, das mir Verständnis, liebe Worte und viel Flexibilität entgegenbrachte.
Für die Frauen, die gerne träumen...
1. KAPITEL
Raban ließ seinen Hengst am langen Zügel durch den Wald schreiten und gab acht, den schmalen Pfad, der durch das dichte Gesträuch führte, nicht zu verlieren.
Die Nacht war angebrochen, und die Finsternis um ihn vertrieb die letzten Schimmer der abendlichen Dämmerung.
Wenn er diesen Weg hinter sich hatte, dachte Raban, mußte er die weite Ebene erreichen. Da wollte er rasten und sich und seinem Hengst bis zum Sonnenaufgang Ruhe gönnen. Dann waren es nur noch wenige Tagesreisen bis zu den Feuerbergen.
Der schmale Pfad vor ihm schlug plötzlich einen leichten Bogen und wurde noch unwegsamer. Knorrige Wurzeln und dicke Äste ragten aus dem harten Boden hervor und ließen den Hengst, der sonst einen sicheren Schritt hatte, nun immer wieder stolpern. Wildes Gesträuch, das rechts und links des Weges stand, zerrte an Rabans Umhang und schien ihn mit unzähligen dürren Fingern aufhalten zu wollen. Immer dichter wuchsen die Zweige zusammen, so daß der junge Ritter Mühe hatte, dem Weg zu folgen. Er nahm die Zügel ein wenig kürzer. Der Wald hier war ganz anders als in Worms. Die Bäume und Sträucher wirkten schwerer mit ihren tiefbraunen Stämmen und den ineinander verschlungenen Ästen. Häufig schlugen ihm dünne Gerten ins Gesicht und zerkratzten ihm die Haut.
Die Jahre in der Fremde, die er bei Ritter Faramund in Worms verbracht hatte, hatten ihn die rauhe Landschaft seiner Heimat fast vergessen lassen, doch jetzt, da er zurückgekehrt war, erinnerte er sich an manches, was ihm als Kind lieb und teuer gewesen war. Er genoß den würzigen Duft, der ihn umgab, den kühlen Wind, der schneidend wie eine scharfe Klinge sein konnte; ja, selbst dieser unwegsame Wald gab ihm eine stille Gewißheit, wieder zu Hause zu sein.
Raban schaute auf. In einiger Entfernung vor ihm schimmerte ein rötliches Licht durch die tiefhängenden Zweige. Einen Augenblick glaubte er ein Lagerfeuer zwischen den Bäumen zu sehen, doch dann verwarf er den Gedanken wieder und zügelte das mächtige Pferd. Das Licht stammte nicht von einem Lagerfeuer. Je länger er es betrachtete, um so sicherer wurde er. Es war nicht hell genug, es flackerte nicht, und für eine einzelne Fackel war es zu beständig in seinem Leuchten.
Der Hengst begann unruhig mit den Hufen zu stampfen.
»Ruhig, Bortino«, sagte Raban leise. Dann sah er vor sich auf dem Weg den schwarzen Umriß eines kräftigen Katers, der geradewegs auf das Licht zueilte. Der junge Mann tätschelte seinem Pferd beruhigend den Hals.
»Es war nur ein Kater«, flüsterte Raban und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Lichtschein zu. Eine klare, dunkle Frauenstimme begann laut ein fremdartiges Lied zu singen. Raban lauschte eine Weile, dann ließ er sich entschlossen zu Boden gleiten.
»Warte hier, Bortino«, sagte er leise und zerrte an seinem Umhang, dessen feine Wollfäden sich in dem nahen Gebüsch verfangen hatten.
Vorsichtig, um nicht wieder hängenzubleiben, schlich Raban im Schatten der Bäume näher an das Licht heran. Schließlich erspähte er abseits des Weges eine kleine Lichtung, die von flammendrotem Mondlicht überschwemmt wurde, das die Quelle dieses geheimnisvollen Leuchtens war.
In der Mitte der Lichtung stand eine Frau in schwarzen Gewändern und hielt die Arme emporgestreckt, geradewegs dem vollen, blutigen Mond entgegen.
Die Fremde war schön, stellte Raban verwundert fest. Irgendwie war er in einem solch unwegsamen Wald eher auf ein häßliches, altes Mütterchen gefaßt gewesen als auf eine solch anmutige Frau. Ihr langes, rotblondes Haar glänzte in dem gespenstischen Licht, als sei es aus Bronze gegossen. Ihre zarten Hände wirkten unschuldig und flehend, doch ihre Stimme war dunkel und kraftvoll. Sie schien den ganzen Wald zu erfüllen.