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»Pyros, du mußt mir helfen«, sagte sie. »Das, was hier geschah, darf so nicht enden. Du weißt, daß es allein meine Schuld ist!«

Die dunklen Augen des Kater weiteten sich. Aufmerksam hob er die Ohren. »Als ich dir damals folgte, habe ich mein Versprechen, bei Luovana zu bleiben, gebrochen. Meinetwegen mußte sie nach Brunhilds Geburt das Bett verlassen, um Inmee zu heilen, die von zwei Rittern angegriffen worden war. Wenn ich in der Flammenburg gewesen wäre, hätte ich Inmee geheilt, und all dies wäre nie geschehen. Inmee wäre als weiße Priesterin am Wasserfall glücklich geworden, und die Wölfin wäre niemals wieder zurückgekehrt.«

Der Kater mauzte und hob eine Pfote. »Ich will nicht sagen, daß es ein Fehler war, dir zu folgen.« Antana streichelte ihm über das weiche Fell. »Ich liebe dich. Aber wenn die Wölfin lebendig ist, geht das Gleichgewicht zwischen den Priesterinnen der weißen und der schwarzen Göttin verloren, genau wie wenn du deinen Vater befreit hättest. Auch das hätte die Macht ungleich verteilt und zu unser aller Vernichtung geführt. Darum muß ich handeln!«

Pyros drängte sich an sie und mauzte wieder. Er suchte ihren Blick und hielt ihn fest. Antana ließ sich auf das vertraute Ritual ein, mit der er ihr seine Empfindungen mitteilen konnte. Sein Blick wurde tiefer, bis sie nichts anderes mehr wahrnahm. Antana überließ sich mehr und mehr ihrem Gefühl. Nach einer Weile stieg deutlich ein Bild in ihrem Kopf auf. Es zeigte sie selbst, mit Pyros auf dem Arm.

»Du willst zum Wasserfall mitkommen?«

Der Kater kam einen Schritt näher und drückte seinen Kopf tief in ihre Handfläche. Lächelnd kraulte Antana ihn hinter den Ohren.

»Gerne, schöner Magier«, sagte sie und hob das Tier auf ihre Schulter. »Aber zuerst müssen wir für die beiden dort etwas tun. Ich kann Arma nicht so liegen lassen.«

Pyros schnurrte. Antana fühlte, wie eine warme Kraft in ihr aufstieg. Sie schloß die Augen.

»Das lichte Feuer, Pyros«, sagte sie leise, »das helle der weißen Göttin, ich weiß, daß du es kannst!« Sanft fühlte sie die langen Schnurrbarthaare des Katers auf ihren Wangen und begann, sich allmählich in einem stillen Rhythmus zu wiegen. Dann begann sie ein altes Gebet an die weiße Göttin.

»Heilige Frau in lichtem Gewande

schenk das Blut der roten Sonne

für das her

was hier verloren ging

in ewiger Finsternis

Schließ die Wunden in den Herzen

nimm die Schmerzen auch jenseits aller Qual

heil mit Frühlingsatem

mit dem Schlaf der Sommernacht

bis das helle Feuer

alle Dunkelheit verbrennt.«

Antana öffnete langsam die Augen. Vor ihr stiegen kleine, weiße Rauchsäulen auf. Helle orangerote Flämmchen züngelten auf dem Boden zu ihren Füßen, wurden größer und säumten die wollene Decke, unter der Armas zerschundener Leib lag.

»Fahre heim zu den Gärten der Gwenyar, dort, wo Luovana dich erwartet«, sagte die Heilerin leise und fuhr mit den Händen das heilige Zeichen der Göttin nach.

Der Rauch wurde dichter. Mauzend krallte Pyros sich auf ihren Schultern fest.

»Ich weiß«, sagte sie ruhig. »Das lichte Feuer ist für dich kaum zu ertragen, wir werden gleich gehen!«

Segnend wandte sie sich auch der Leiche des Jungen zu und wartete noch, bis die zarten Flammen ihn erfaßten.

»Nun wird die weiße Göttin sich ihrer annehmen!« sagte Antana und fühlte, wie die Kraft, die sie so wärmend erfüllt hatte, wieder aus ihren Adern wich. Langsam ging sie nach draußen.

Der frische Nachtwind tat ihr gut. Er kühlte ihren Leib, ihre Glieder, die die Anstrengungen der Magie kaum mehr gewohnt waren. Lange, dachte sie, ist es her, daß ich gleich mehrere Zauber auf einmal gewirkt habe.

Sie kraulte Pyros, der wieder ruhig auf ihrer Schulter saß. Für ihn war das lichte Feuer der weißen Göttin eine Anstrengung besonderer Art. Er war zu lange ein dunkler Feuermagier gewesen. Zwar war er der schwarzen Göttin niemals verfallen wie Lursa und Inmee, doch hatte Pyros der dunklen Macht gedient und sich reichlich in der Gunst der schwarzen Magie gesonnt. Aus einem solchen Zustand heraus, noch dazu in der Gestalt eines Katers, ein Feuer für die weiße Göttin zu bewirken, kostete ihn viel Kraft. Aber Antana war nicht sicher gewesen, daß es ihr alleine gelungen wäre, die Flammen zu erwecken. Zu lange hatte auch sie nicht mehr zur weißen Göttin gebetet.

Ihr Blick fiel auf Norwin, der in einiger Entfernung neben ihrer Stute wartete. Trotz der noch anhaltenden Dunkelheit erkannte sie im Schein des brennenden Zeltes deutlich die Tränen, die ihm über die Wangen rollten.

»Sie ist jetzt auf dem Weg zu den Gärten der Gwenyar, dort wird sie schon lange erwartet«, sagte Antana. Sie warf einen Blick auf Mirka, die immer noch ohnmächtig war.

Norwin hatte sie auf die Stute gesetzt, wie sie es ihm gesagt hatte. Der Kopf der Hohenpriesterin ruhte sicher auf dem Hals des Pferdes, das ruhig dastand und wartete. Die Heilerin nahm dem Krieger die Zügel aus der Hand.

»Ich werde langsam gehen, wenn Ihr noch Abschied nehmen wollt.«

»Nur einen Augenblick.« Norwin wischte sich die Träne mit dem Handrücken fort.

»Ich weiß«, sagte Antana. »Ihr habt sie geliebt.«

7. KAPITEL

Das kleine Feuer wärmte nur noch ihre Füße. Brunhild wickelte verschlafen die Decke, die Raban ihr in der Nacht gegeben hatte, fester um sich, doch es half nichts. Müde streckte sie ihre Glieder und rieb sich mit den Händen über die Augen. Das mattgraue Licht des erwachenden Tages ließ die Bäume ringsum wie stumme schwarze Wächter erscheinen. Nirgends konnte sie Raban entdecken. Für einen Augenblick hoffte sie, daß er vielleicht nur in den Wald gegangen war, um neues Holz für das Feuer zu holen. Doch es war unsinnig! Niemand ging bei Morgengrauen neues Holz holen und erst recht nicht mit seinem Pferd.

Ihr Herz schlug schneller. Sie fühlte, wie Tränen in ihr aufstiegen. Bitter traf sie die Erkenntnis, daß Raban dieses Mal wirklich fortgeritten war. Er hatte sich endgültig für Inmee und die Wölfin entschieden. Brunhild spürte, wie ein verzweifelter Schmerz durch ihren Leib fuhr. Einen Lidschlag lang wollte sie Raban folgen, ihn bitten, sie nicht zu verlassen, sondern bei ihr zu bleiben, doch dann schalt sie sich eine Närrin und wischte sich die Tränen von den Wangen. Das Schicksal hatte ihm einen anderen Weg bestimmt, dagegen war sie machtlos.

Außerdem wußte sie, daß es völlig unmöglich war, zu Fuß einem Reiter folgen zu wollen, der vielleicht schon seit Stunden unterwegs war.

Noch einmal schaute sie sich um. Es war heller geworden. Allmählich erkannte sie, wo genau sie sich eigentlich befand. In diesem Wald hatte sie gelegentlich mit Arma gejagt. Sie betrachtete noch einmal den weißgefiederten Pfeil des fremden Reiters, den Raban mit seinem Bogen nicht hatte schießen können. Vielleicht, dachte sie, bin ich nicht die einzige, die Inmee und der Wölfin Einhalt gebieten will.

Nachdenklich spielten ihre Finger mit Ramees Gürtel. Dabei fiel ihr Blick auf das fast verloschene Feuer, vielleicht sollte sie die Göttin befragen. Schließlich war sie eine geweihte Priesterin.

Erstaunt blickte Antana auf. War sie so müde und erschöpft, daß sie nicht gespürt hatte, wo die Grenze des Zaubergartens begann? Sie hatte über Pyros nachgedacht, der hinter Mirka auf dem Rücken ihrer Stute lag. Dabei hatte sie nicht recht auf den Weg geachtet, doch sie wußte, daß sie zum Mondscheintempel notfalls auch mit verbundenen Augen hätte gehen können. Um so erstaunter war sie nun, das Rauschen des Wasserfalls so nahe zu hören und immer noch einen kühlen Wind auf ihrer Haut zu fühlen. Außerdem blies der Wind aus der falschen Richtung. Antana blieb verwundert stehen.