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Jair faßte nach Spinksers Arm und wies auf den Gipfel und das schmale Felsband, das zu ihm hinaufführte.

»Ja, Junge — der Croagh und der Himmelsbrunnen.« Der Gnom nickte. »Sie zu suchen, hat der König vom Silberfluß dich losgeschickt.«

»Und der Maelmord?« fragte Jair schnell.

Spinkser schüttelte den Kopf. »Der liegt auf der anderen Seite der Burg, umgeben von einem Felsring. Dort nimmt der Croagh seinen Anfang, führt zunächst um Graumark herum und dann weiter hinauf.«

Sie schwiegen wieder und beobachteten die Festung. »Scheint keiner hier zu sein«, murmelte Helt nach einer Weile.

»Das ist genau der Eindruck, den die vermitteln wollen, die dort auf der Lauer liegen«, bemerkte Spinkser trocken und hockte sich auf die Fersen zurück. »Außerdem ziehen die Wandler die Dunkelheit vor. Sie ruhen die meiste Zeit tagsüber und gehen nachts um. Selbst die Gnomen, die ihnen hier dienen, nehmen nach kurzer Zeit diesen Lebensstil an und lassen sich bei Tageslicht nicht sehen. Aber täusche dich nicht. Die sind dort drinnen, Grenzländer — die Wandler wie die Gnomen. Und auch noch ein paar andere Wesen.«

Garet Jax studierte den Bergpfad, der zum Tor der Feste führte. »Auf diesem Weg würden sie uns wohl erwarten.« Er sprach mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Auf dem Weg oder bei einer Kletterpartie an der Bergwand.« Er schaute nach links, wo das schmale Sims, auf dem sie standen, sich zwischen den Felsen wand und durch ein schmales Tunnel in den Bergen verschwand. »Auf diesem Weg vielleicht aber nicht.«

Spinkser ergriff seinen Arm. »Der Tunnel mündet in eine Reihe von .Gängen, die hinauf in die Kellerräume der Festung führen. Diesen Weg werden wir nehmen.«

»Wachen?«

Spinkser zuckte mit den Schultern.

»Mir wäre wohler, wenn wir uns von außen an den Croagh heranschleichen könnten«, murmelte Foraker. »Ich habe genug von Höhlen und Tunnels.«

Der Gnom schüttelte den Kopf. »Nicht zu machen. Der einzige Zugang zum Croagh führt durch Graumark — direkt zwischen den Wandlern und allen hindurch, die ihnen dienen.«

Foraker murrte. »Was meinst du, Garet?«

Garet Jax studierte weiter die Festung und die Felswände, die sie umgaben. Sein mageres Gesicht zeigte keinerlei Ausdruck. »Kennt Ihr den Weg gut genug, um uns unbeschadet hindurchzuführen, Gnom?« fragte er Spinkser knapp.

Spinkser warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ihr verlangt eine Menge. Ich kenne ihn, aber nicht gut. Habe ihn ein- oder zweimal passiert, als ich zum ersten Mal hierhergebracht wurde, ehe diese ganze Sache begann...«

Er verstummte plötzlich, und Jair begriff, daß er daran dachte, wie er sich entschlossen hatte, in seine Heimat zu seinen Leuten zurückzukehren, und von den Wandlern auf Allanons Spur gehetzt wurde. Er erinnerte sich und bedauerte vielleicht für einen Augenblick, welche Entwicklung er die Dinge hatte nehmen lassen.

»Das ist ja schon ganz gut«, sagte Garet Jax leise und setzte sich in Bewegung.

Er führte sie durch die Felsen hinab zu der Stelle, wo der Steig in den Tunnel mündete. Dort, wo sie von Graumark aus nicht zu sehen waren, im Schutz massiver Findlinge, winkte er sie dicht zu sich heran.

»Schlafen die Wandler immer, solange es hell ist?« erkundigte er sich bei Spinkser. Es war eng und heiß zwischen den Felsbrocken, und auf seiner Stirn stand ein dünner Schweißfilm.

Der Gnom blickte nachdenklich drein. »Wenn Ihr mich fragt, ob wir uns lieber jetzt als bei Dunkelheit hineinschleichen sollten, würde ich sagen, ja.«

»Falls genügend Zeit bleibt«, warf Foraker ein. »Mittag ist vorüber, und in den Bergen wird es früh dunkel. Wir sollten vielleicht besser bis morgen warten, wenn wir den ganzen Tag zur Verfügung haben. Zwölf Stunden mehr oder weniger können schließlich keinen so gewaltigen Unterschied ausmachen.«

Einen Augenblick lang herrschte Stille. Jair schaute hoch, und seine Augen suchten die zerklüftete Felswand ab. Zwölf Stunden mehr? Ein quälender Verdacht zerrte mahnend an seinen Gedanken. Wie weit war Brin inzwischen gekommen? Noch einmal hörte er die Worte des Königs vom Silberfluß. »Du mußt den Himmelsbrunnen erreichen, ehe deine Schwester den Maelmord betritt.«

Er drehte sich rasch zu Garet Jax um. »Ich weiß nicht, ob wir noch zwölf Stunden Zeit haben. Ich muß sehen, wo Brin sich aufhält, um sicher zu sein. Ich muß den Kristall noch einmal benutzen — und ich denke, daß ich das am besten sofort mache.«

Der Waffenmeister zögerte und stand dann auf. »Nicht hier. Kommt in die Höhle.«

Sie schlüpften durch die dunkle Öffnung und ertasteten sich den Weg in die Dunkelheit. Dort warteten die anderen dicht zusammengedrängt geduldig, während Jair unter seinem Kittel nach der Kristallkugel suchte. Er fand sie sogleich und zog sie an der Silberkette heraus. Er nahm sie zärtlich zwischen beide Hände, befeuchtete die Lippen und kämpfte gegen die Erschöpfung an, die ihn zu überwältigen drohte.

»Sing sie an!« hörte er Edain Elessedil ihn leise ermutigen.

Er sang, seine Stimme klang leise und flüsternd und war noch geschwächt von den Anstrengungen, denen er sie ausgesetzt hatte, um die Gruppe sicher durch die Höhlen der Nacht zu geleiten. Der Kristall glühte auf, und das Licht breitete sich aus...

Brin hielt in der Dunkelheit des Tunnels, durch den sie sich schlich, kurz inne. Sie hatte plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden, von Augen, die ihr folgten. Es war wie damals beim Eintritt und Austritt der Drachenzähne — als beobachte sie jemand aus großer Ferne.

Sie zögerte, ihre Gedanken erstarrten, und eine blitzartige Einsicht flüsterte ihr zu: Jair! Es war Jair! Sie atmete tief ein, um sich zu fassen. Es gab keinen logischen Grund für eine solche Schlußfolgerung — und doch war sie da. Aber wie war das möglich? Wie sollte ihr Bruder...?

Im Tunnel hinter ihr bewegte sich etwas.

Sie hatte vom Weg draußen schon ein Stück zurückgelegt, das sie langsam und behutsam mit Hilfe von Coglines Fackel durch die Dunkelheit bewältigt hatte. Die ganze Zeit über hatte sie kein Lebewesen gehört oder gesehen. Sie war so weit gekommen, ohne anderes Leben zu fühlen, daß sie sich allmählich schon fragte, ob es vielleicht ein Irrtum gewesen war, diesen Gang zu nehmen. Aber nun regte sich da endlich etwas — nicht vor ihr, wie erwartet, sondern hinter ihr. Sie drehte sich vorsichtig um, das Gefühl, beobachtet zu werden, war sofort vergessen. Sie streckte die Fackel von sich und fuhr erschreckt zurück. Große, leuchtende Augen blinzelten ihr aus der Dunkelheit entgegen. Dann schob sich ein massiger Kopf mit langen Schnurrhaaren in den Lichtkreis.

»Wisper!«

Sie stieß den Namen der Moorkatze mit einem erleichterten Aufseufzen hervor und ging in die Knie, als das Tier zu ihr trat und zur liebevollen Begrüßung seinen breiten Kopf an ihrer Schulter rieb.

»Wisper, was machst du denn hier?« murmelte sie, als der Kater sich auf seine Hinterläufe niederließ und sie ernst anschaute.

Natürlich konnte sie die Antwort auf diese Frage schnell genug erraten. Als die anderen ihre Abwesenheit bemerkten, waren sie zur Steinbrücke zurückgekehrt. Da sie selbst ihr nicht weiter folgen konnten, hatten sie Wisper hinterhergeschickt. Oder vielmehr hatte Kimber Wisper losgeschickt, denn der Kater gehorchte nur dem Mädchen. Brin streckte die Hand aus und kraulte die Ohren des Katers. Es mußte Kimber schwergefallen sein, sich von Wisper zu trennen — so nahe, wie sie sich standen, und so viel Vertrauen, wie das Mädchen in ihn setzte. Wie es ihrem Wesen entsprach, hatte sie sich entschlossen, ihrer Freundin die Kraft der Moorkatze zur Verfügung zu stellen. Tränen traten in die Augen des Talmädchens, und sie schlang^ die Arme um das Tier.

»Danke, Kimber!« flüsterte sie.

Dann stand sie auf, streichelte den Kater einen Augenblick und schüttelte sachte den Kopf. »Aber ich kann dich doch nicht mitnehmen, oder? Ich kann niemanden mitnehmen. Es ist viel zu gefährlich, sogar für dich. Ich habe mir geschworen, daß niemand das Schicksal teilen soll, das mich erwartet, und das gilt auch für dich. Du mußt umkehren.«